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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel
Autoren: Upton Sinclair
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gehabt hat! Wir werden diese Pseudoreformer sich selbst widerlegen und entlarven lassen, wir werden den radikalen Demokraten nicht eine einzige Lüge lassen, mit der sie sich ihre Blöße bedecken können! Und dann wird der Sturm einsetzen, der nicht mehr aufzuhalten ist, die Flut, die nicht mehr einzudämmen ist: Die mit Füßen getretenen Arbeiter werden sich um unsere Fahne scharen! Und wir werden sie organisieren, werden sie schulen, werden sie zum Sieg führen! Wir werden die Feinde unserer Klasse überrennen und sie vor uns herjagen – und Chicago wird unser sein! Chicago wird unser sein! C HICAGO WIRD UNSER SEIN ! «

Nachwort
    Nach der Erfindung des Kühlwagens entwickelte sich die Fleischverarbeitung rasch zu einer Schlüsselindustrie der USA mit Chicago als Zentrum. Upton Sinclair, der soeben begonnen hatte, sich als radikalsozialistischer Autor zu profilieren, schrieb im August 1904 einen flammenden Aufruf an die rund 20000 Arbeiter der riesigen Vieh- und Schlachthöfe Chicagos, deren Generalstreik gerade mit brutaler Gewalt niedergeschlagen worden war, und empfahl die Wahl der Sozialistischen Partei Amerikas als Lösung, durch die allein eine Veränderung der unmenschlichen Arbeits- und Produktionsbedingungen erreichbar sei. Der Aufruf, auf der Titelseite einer Sondernummer des sozialistischen Wochenblatts »Appeal to Reason« abgedruckt, gilt heute als erstes Zeugnis der militanten Phase des Sinclairschen »Gefühlssozialismus«.
    Damit war der Grundstein gelegt zu einem Engagement, das sich in der Abfassung jenes Bestsellers niederschlug, der Geschichte machte: Die Administration des Präsidenten Theodore Roosevelt sah sich gezwungen zu einer bundesweiten Reform der Gesetzgebung in der fleischverarbeitenden Industrie. Gleichzeitig entstand eines der berühmtesten Beispiele im literarischen Genre des proletarisch-sozialistischen Romans. Sinclair ging nach Chicago und recherchierte vor Ort. Er traf Ärzte, Rechtsanwälte, Politiker, Immobilienmakler; er wohnte im »Stockyards Hotel« und nahm seine Mahlzeiten im »Stockyards Settlement« ein, einer karitativen Institution, die während des großen Streiks die Not gelindert hatte, so gut es ging. Er lernte die Streikführer und zahllose Arbeiter kennen, sammelte Informationen aus erster Hand über die Schlachthallen, Wurstfabriken und Düngermühlen. Sinclair besuchte die Arbeiter zu Hause, schlenderte jedoch auch unauffällig immer wieder durch die Anlagen selbst. Nach sieben Wochen verfügte er über alle Informationen, die er brauchte – mehrere Notizbücher voll.
    Das Verfahren, das Sinclair anwendete, seine Methode der »Erforschung« der Zustände, über die er schrieb, sollte alsbald als »Muckraking« etikettiert werden. Die Übersetzungen »Mistharken«, »Schmutzaufwühlen«, »Nestbeschmutzung« erfassen jeweils einen Teil des Phänomens – jedenfalls handelte es sich um das Aufdecken von Mißständen in den Industrien, von Betrug und Korruption in den Verwaltungen. Eine ganze Generation von Journalisten, Ökonomen und Schriftstellern wurde vom Präsidenten Theodore Roosevelt persönlich mit diesem Namen belegt.
    Sinclair hatte in Chicago genügend Material für Enthüllungen in Form des Sachbuchs sammeln können, es fehlte indessen die »Story« für einen Roman. Er beschreibt selbst, wie er auch die schließlich fand: »Als ich eines Sonntagnachmittags an einer Kneipe vorbeikam, sah ich vor deren Tanzsaal im Hof eine Kutsche vorfahren. Heraus stieg ein Brautpaar, gefolgt von der Familie und den Gästen. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf und ging hinein. Niemand hatte etwas dagegen, alle sprachen bereitwillig, sogar der Polizist, der zur Sicherheit anwesend war. Es war eine litauische Familie, man erzählte mir über sie, und nach und nach wurde mir klar, daß ich alle meine Helden vor mir hatte. Ich sagte nicht, was ich im Schilde führte; ich war eben ein Gast und Freund aus einer Welt, die etwas oberhalb der ihrigen war. Die Freunde erzählten über das Paar, nannten die Namen. Um ein Uhr früh ging ich zurück zum Stockyards Hotel und schrieb alles in meine Notizbücher.«
    Die Szene kehrt wieder als Eröffnungskapitel des Buches – eine der besten literarischen Leistungen im langen Leben und monumentalen Gesamtwerk des Autors. Es ist erstaunlich, wie Sinclair sich in die Eigenarten dieser ethnischen Gruppe einzufühlen vermochte. Ihre Lebensweise, ihre Kultur, wird plastisch und detailgetreu gestaltet. Zugleich durchzieht die
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