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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel
Autoren: Upton Sinclair
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einmal beiseite und nehmen nur eine einzige Hausarbeit, beispielsweise das Geschirrspülen. Wir dürfen sicher ohne Übertreibung sagen, daß das Geschirrspülen für eine fünfköpfige Familie pro Tag eine halbe Stunde in Anspruch nimmt; rechnet man zehn Arbeitsstunden pro Tag, braucht man also eine halbe Million körperlich rüstige Personen – in der Regel Frauen –, um den Abwasch im Lande zu erledigen. Immerhin handelt es sich dabei um eine höchst schmutzige, geisttötende und abstumpfende Arbeit, die Blutarmut, Nervosität, schlechte Laune und Garstigkeit verursachen, zu Prostitution, Selbstmord und Wahnsinn treiben, zu trinkenden Ehemännern und degenerierten Kindern führen kann – wofür alles natürlich die Gesellschaft zahlen muß. Und nun stellen Sie sich vor, daß in jeder dieser kleinen freien Gemeinschaften eine Maschine steht, die das Geschirr spült und abtrocknet, aber nicht nur oberflächlich, fürs Auge, sondern gründlich, nämlich durch Sterilisation – und das ganz ohne Plackerei und in einem Zehntel der Zeit! Mehr über diese Dinge finden Sie in den Büchern von Mrs. Gilman. Und dann nehmen Sie Kropotkins ›Landwirtschaft, Industrie und Handwerk‹ und lesen Sie über die neue Agrarwissenschaft, die in den letzten zehn Jahren entwickelt worden ist. Mit deren Hilfe können Obst- und Gemüsefarmer bei entsprechend vorbereitetem Boden und Intensivkultur in einer einzigen Reifeperiode zehn bis zwölf Ernten erzielen – die gesamte Erdbevölkerung ließe sich so allein von der jetzigen landwirtschaftlichen Nutzfläche der Vereinigten Staaten ernähren! Noch ist die Anwendung solcher Methoden nicht möglich, da die hiesige Landbevölkerung zu unwissend und arm ist und überdies zu weit verstreut lebt, aber stellen Sie sich vor, wie es sein muß, wenn das Problem der Nahrungsmittelversorgung Amerikas einmal von Wissenschaftlern systematisch und rationell in die Hand genommen wird! Aller dürftige und felsige Boden wird zum nationalen Waldreservat, wo unsere Kinder spielen, unsere jungen Männer jagen und unsere Dichter sich inspirieren können! Für jedes pflanzliche Produkt werden die günstigsten Klima- und Bodenverhältnisse gewählt, der genaue Bedarf der Gesellschaft ist bekannt, die Anbaufläche danach berechnet, und unter Anleitung erfahrener Agrikulturchemiker werden die modernsten Maschinen eingesetzt! Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und weiß, wie schrecklich stupide Landarbeit ist, und ich male mir gern aus, wie es nach der Revolution sein wird. Wie die große, von vier Pferden gezogene oder von einem Elektromotor betriebene Kartoffellegemaschine in einem Arbeitsgang die Furchen zieht und die Knollen schneidet, legt und zudeckt und so pro Tag eine ganze Zahl von Äckern bestellt! Wie die große, wahrscheinlich elektrisch arbeitende Kartoffelerntemaschine über ein riesiges Feld fährt, Erde und Knollen aufschaufelt und die Kartoffeln in Säcke fallen läßt! Sich vorzustellen, daß auch alles Gemüse und Obst auf ähnliche Weise geerntet wird, daß man Äpfel und Orangen maschinell pflückt, daß die Kühe elektrisch gemolken werden – was es übrigens schon gibt, wie Sie vielleicht wissen werden. Sich die Erntefelder der Zukunft vorzustellen, zu denen zur Sommerszeit Millionen glückliche Männer und Frauen für einen Urlaubstag hinauskommen, mit Sonderzügen hinbefördert, genau die richtige Anzahl an jedem Ort! Und im Vergleich zu alldem nun unser jetziges sich dahinquälendes System der selbständigen Kleinfarmen: ein verkümmerter, abgezehrter Mann, ohne jede theoretischen Kenntnisse, der mit einem dürren, pergamenthäutigen und traurigblickenden Arbeitstier verheiratet ist, von früh um vier bis abends um neun schuftet und auch seine Kinder anspannt, sobald sie nur laufen können, der mit seinen primitiven Geräten den Boden aufkratzt und ausgeschlossen ist von allem Wissen und aller Hoffnung, von allen Segen der Wissenschaft und Technik, von allen Genüssen des Geistes – der infolge des Konkurrenzkampfes am Existenzminimum dahinvegetiert und sich dabei noch seiner Freiheit rühmt, weil er zu blind ist, seine Ketten zu sehen!«
    Schliemann machte abermals eine kurze Pause und fuhr dann fort: »Stellen Sie dieser Tatsache, daß Lebensmittel in unbeschränkter Menge produziert werden können, nun die neueste Erkenntnis der Physiologie gegenüber, daß die meisten Erkrankungen des menschlichen Organismus auf Überernährung zurückzuführen sind! Außerdem ist
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