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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse
Autoren: Jared Diamond
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entstanden. Aus diesem Grun­de erfahren sie in Schriften zur menschlichen Paläonto­logie viel weniger Aufmerksamkeit als Veränderungen beispielsweise unseres Hirnvolumens und der Becken­größe. Doch für die einzigartige kulturelle Entwicklung des Menschen waren sie von entscheidender Bedeutung und verdienen daher die gleiche Beachtung.
    Nachdem sich Teil I und II mit der biologischen Grundlage unserer kulturellen Entfaltung beschäftig­ten, geht Teil III (Kapitel 8 bis 12) auf die kulturellen Merkmale ein, die uns nach eigener Auffassung von den Tieren unterscheiden. Dabei kommen einem sicher zu­erst jene Eigenheiten in den Sinn, auf die wir besonders stolz sind : Sprache, Kunst, Technik und Landwirtschaft , die Wegmarken unseres Aufstiegs. Doch zu den kultu­rellen Besonderheiten des Menschen zählen auch nega­tive Merkmale wie der Mißbrauch giftiger Substanzen. Es läßt sich zwar darüber streiten, ob alle der genannten Markenzeichen nur beim Menschen anzutreffen sind, aber zumindest stellen sie einen gewaltigen Fortschritt im Vergleich zu ihren Vorläufern im Tierreich dar. Denn solche Vorläufer muß es gegeben haben, da sich die ge­nannten Eigenheiten aus evolutionsgeschichtlicher Per­spektive erst vor kurzer Zeit herausbildeten. Welches waren diese Vorläufer ? War ihre Entfaltung im Laufe der Geschichte des Lebens auf der Erde unvermeidlich ? War sie etwa gar so unvermeidlich, daß wir mit der Existenz vieler anderer Planeten draußen im Weltall rech­nen können, auf denen Geschöpfe wie wir leben ?
    Neben dem Mißbrauch chemischer Stoffe umfaßt unser Sündenregister zwei besonders schwerwiegende Merk­male, die uns zum Verhängnis zu werden drohen. Teil IV (Kapitel 13 bis 16) behandelt das erste : unseren Drang zum Töten von Angehörigen fremder Gruppen. Die­ser Wesenszug hat direkte Vorläufer im Tierreich, näm­lich die Auseinandersetzungen zwischen konkurrieren­den Individuen und Gruppen, die auch bei vielen ande­ren Arten nicht selten tödlich enden. Der Unterschied liegt nur in unserem technischen Vermögen und unse­rer größeren Tötungskapazität. In Teil IV erörtern wir die Fremdenfeindlichkeit (Xenophobie) und den ausge­prägten Zustand der Isolation vor der Bildung von Staa­ten, die zu größerer kultureller Homogenität beitrugen. Wir werden sehen, wie Technik, Kultur und Geographie den Ausgang zweier der bekanntesten historischen Aus­einandersetzungen zwischen verschiedenen Menschen­gruppen beeinflußten. Weiterhin untersuchen wir das überlieferte Wissen über Massenmord aus Fremden­haß. Dabei handelt es sich um ein trauriges Thema, aber es soll hier vor allem als Beispiel dafür dienen, daß die Weigerung, unserer Vergangenheit ins Gesicht zu blicken, uns zur Wiederholung alter Fehler in noch gefähr­licherem Ausmaß verdammt.
    Das andere düstere Merkmal, das unser Überleben in Frage stellt, betrifft die immer raschere Zerstörung der Umwelt. Auch hierfür gibt es Vorläufer im Tierreich. Schon oft versagten bei tierischen Populationen, die aus dem einen oder anderen Grund keine natürlichen Fein­de hatten und sich ungehindert vermehren konnten, auch die internen Kontrollmechanismen, so daß sich die Vermehrung so lange fortsetzte, bis die Ernährungs­grundlage der betreffenden Population beeinträchtigt war ; zuweilen geschah es sogar, daß sich die betreffende Art buchstäblich um die Möglichkeit zur eigenen Forte­xistenz fraß und ausstarb. Diese Gefahr droht dem Men­schen in besonderer Weise, da unsere Zahl heute nicht mehr durch natürliche Feinde in Schach gehalten wird, kein Lebensraum vor unserem Zugriff sicher ist und un­ser Vermögen, Tiere zu töten und Lebensräume zu zer­stören, ohne Beispiel ist.
    Leider teilen noch heute viele Menschen die Vorstel­lung Rousseaus, daß dieser finstere Wesenszug des Men­schen erst mit der Industriellen Revolution auftauch­te und daß wir davor in Harmonie mit der Natur leb­ten. Träfe dies zu, könnten wir aus der Vergangenheit nur lernen, wie tugendhaft wir einst waren und welch schreckliche Verwandlung wir erfahren haben. Teil V (Kapitel 17 bis 19) versucht deshalb, die Rousseausche Vorstellung anhand der langen Geschichte der Umwelt­zerstörung durch den Menschen zu widerlegen. Ebenso wie in Teil IV liegt die Betonung in Teil V darauf, daß unsere gegenwärtige Situation nicht gänzlich neu ist, sondern sich nur im Ausmaß von früheren unterschei­det. Die Ergebnisse vieler früherer »Experimente«,
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