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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh
Autoren: James Herriot
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ein Tablett mit zwei Tassen.
    »Ich habe mir gerade Tee gekocht, Mr. Herriot«, sagte sie, »und da dachte ich mir, Sie und die junge Dame würden vielleicht auch gern ein Täßchen trinken.«
    Ich sah sie prüfend an. Wollte sie etwa auch wie Tristan Cupido spielen? Aber ihr breites, wie immer gleichmütiges Gesicht verriet nichts.
    »Fein, Mrs. Hall, vielen Dank. Ich will nur schnell den Hund nach draußen bringen.« Ich legte Dan behutsam auf den Rücksitz von Helens Auto und breitete eine Decke, die dort lag, über ihn. Er wirkte ganz zufrieden.
    Helen saß bereits da und hielt eine Tasse in der Hand. Ich mußte daran denken, wie ich einst in diesem Zimmer mit einem jungen Mädchen Tee getrunken hatte. Am Tage meiner Ankunft in Darrowby. Sie war eine von Siegfrieds Verfolgerinnen gewesen und sicherlich die zäheste von allen.
    Aber diesmal war es anders, und diesmal stockte die Unterhaltung nicht. Vielleicht weil ich mich auf meinem eigenen Boden befand – vielleicht war ich nie ganz frei und ungezwungen, wenn nicht irgendwo ein krankes Tier mit im Spiel war. Jedenfalls redete ich munter drauflos, genau wie damals, als wir einander zum erstenmal begegnet waren.
     
    Das gleiche Gefühl der Sicherheit und des Selbstvertrauens hatte ich, als Helen mich am Abend anrief.
    »Dan ist auf und spaziert herum«, sagte sie. »Er ist noch ein bißchen wacklig auf den Beinen, aber das Hüftgelenk ist in Ordnung.«
    »Großartig, er hat das erste Stadium hinter sich. Ich denke, es geht alles gut.«
    Es folgte eine lange Pause. »Vielen Dank für alles, was Sie getan haben«, sagte Helen schließlich. »Wir waren so in Sorge um Dan, besonders mein kleiner Bruder und meine Schwester. Wir sind Ihnen sehr dankbar.«
    »Nichts zu danken. Ich freue mich auch. Ein prächtiger Hund.« Ich zögerte, aber dann überwand ich meine Scheu. »Ach so, ja«, fuhr ich fort, »wir sprachen doch heute über Schottland. Ich bin vorhin am Plaza vorbeigekommen. Sie zeigen dort einen Film über die Hebriden. Ich dachte, vielleicht... Ich wollte fragen... Ich wollte Sie fragen, ob Sie Lust hätten, sich den Film mit mir anzusehen.«
    Wieder eine Pause. Mein Herz klopfte dröhnend.
    »Fein«, sagte Helen endlich. »Sehr gern. Und wann? Freitagabend? Gut, vielen Dank, und dann auf Wiedersehen.«
    Mit zitternder Hand legte ich den Hörer auf. Warum fand ich alle solchen Dinge so kompliziert? Aber es machte nichts – am Freitag würde ich Helen wiedersehen.

Kapitel 36
     
    Tristan war damit beschäftigt, Flaschen aus einer Kiste auszupacken, die alle die gleiche rubinrote Flüssigkeit enthielten – unsere letzte Zuflucht, wenn wir kranken Tieren gegenüber ratlos waren. »Universalmedizin für Haustiere« stand in großen schwarzen Buchstaben auf dem Etikett, und darunter hieß es: »Angezeigt bei Husten, Erkältungskrankheiten, Durchfall, Blutfleckenkrankheit, Milchdrüsenentzündung, Milchfieber, Lungenentzündung, Klauenkrankheiten, Blähsucht. Zur raschen Linderung der Beschwerden.« Wenn die Bauern daran schnupperten und der scharfe Geruch von Kampfer und Ammoniak ihnen die Tränen in die Augen trieb, waren sie meist tief beeindruckt: »Donnerwetter, ist das aber ein starkes Zeug.« Doch immer, wenn Siegfried oder ich »Universalmedizin für Haustiere« verordneten, konnte man wetten, daß wir nicht wußten, was dem Tier wirklich fehlte.
    Tristan stellte die Flaschen in dichten Reihen auf die Regalbretter. Als er mich sah, setzte er sich auf die Kiste, zog ein Päckchen Woodbines aus der Tasche und steckte sich eine an. Den Rauch tief inhalierend starrte er mich an.
    »Sie gehen also mit ihr ins Kino?«
    »Ja, allerdings«, antwortete ich. »In einer Stunde.«
    »Hm.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Ich verstehe.«
    »Wieso? Was ist denn?« fragte ich leicht gereizt. »Haben Sie etwas dagegen, daß ich ins Kino gehe?«
    »Nein, nein, absolut nicht, Jim. Wirklich nicht. Ein sehr vernünftiger Zeitvertreib.«
    »Oder haben Sie etwas dagegen, daß ich Helen mitnehme?«
    »Nein, Sie werden sicher einen netten Abend haben. Ich hatte nur gedacht...« Er kratzte sich am Kopf. »Ich hatte gedacht, Sie würden... nun ja, ein bißchen mehr unternehmen.«
    Ich lachte bitter. »Das hab ich damals im Reniston versucht. Oh, ich mache Ihnen keine Vorwürfe, Tristan. Sie hatten es gut gemeint, aber Sie wissen, es war ein völliger Reinfall. Ich möchte einfach, daß heute abend nichts schiefgeht.«
    »Schön, ich will auch gar nichts dagegen sagen. Wenn Sie
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