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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist
Autoren: Jan Guillou
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seinen Einsatz nicht wegen des Legalitätsprinzips würde abbrechen müssen, obwohl er mit den beteiligten deutschen Stellen natürlich sehr eng zusammenarbeiten sollte.
    Hecht bemerkte, daß die zwei Schweden, die sehr gespannt zugehört hatten, neugieriger wirkten als erwartet, und so entschloß er sich zu einer kurzen Erläuterung.
    Er wolle folglich sagen: Der Verfassungsschutz sei nicht verpflichtet, der Arbeit eines solchen Partners Einhalt zu gebieten, völlig unabhängig davon, was dieser unternehmen werde. Die Gesetzgebung der Bundesrepublik sei in dieser Hinsicht ziemlich eindeutig.
    Das sei die eine Seite der Angelegenheit. Die andere bestehe in der denkbaren Komplikation, daß die deutsche Polizei vielleicht aus irgendwelchen Gründen gegen eventuelle Verbrechen des Operateurs vorgehen müsse. Aber auch da gebe es eine juristisch vertretbare Lösung: Sollte die Polizei gegen den Schweden vorgehen, gebe es an und für sich keine Möglichkeit, ein Strafverfahren von vornherein niederzuschlagen. Nach deutschem Recht müßten alle auf deutschem Boden begangenen Straftaten vor Gericht untersucht werden. Aber - und dies sei der entscheidende Punkt - ein solches Gerichtsverfahren werde mit Rücksicht auf die Sicherheitsinteressen des Staates wie auf das gute Verhältnis zu einer fremden Macht unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden. Und vor Gericht würde man den Vertrag zwischen Verfassungsschutz und dem schwedischen Operateur mühelos erläutern können, wofür der Verfassungsschutz jederzeit zur Verfügung stehe. Unter diesen Umständen werde das Gericht ohne weitere Verzögerung die Niederschlagung des Verfahrens beschließen.
    Um noch einmal zusammenzufassen: Die Zusammenarbeit mit einem schwedischen Staatsbürger sei wünschenswert. Für eine solche Lösung gebe es sowohl juristische wie operative Gründe. Sollte der Unterwanderungsversuch mißlingen, was realistischerweise zu erwarten sei, wäre die Angelegenheit damit erledigt. Sollte die Operation aber gelingen, würde sie wahrscheinlich zu beiderseits höchst begrüßenswerten Ergebnissen führen. Die von der RAF geplante Aktion in Schweden, worum es sich dabei auch handeln möge, würde dadurch natürlich gestoppt werden. Überdies werde man endgültig die letzten funktionstauglichen Überreste der vierten Generation des harten Kerns der RAF dingfest machen, möglicherweise auch die Verbindungen zu ähnlichen Organisationen in Frankreich und Belgien offenlegen können.
    Es stehe also eine Menge auf dem Spiel, und es müsse jetzt schnell gehandelt werden. Es sei eine außerordentlich günstige Gelegenheit für die schwedischen Stellen, sich für einige der früher von den Deutschen geleisteten Dienste zu revanchieren.
    Der letzte Satz schien eher eine Drohung als ein einfacher Hinweis zu sein, was Hecht auch beabsichtigt hatte. Danach schwieg er, um die Reaktion seiner schwedischen Gesprächspartner abzuwarten.
    Jetzt war offenkundig Näslund an der Reihe, etwas zu sagen. Er widerstand dem Impuls, sich mit dem Kamm durchs Haar zu fahren, da alle Anwesenden ihn gespannt beobachteten.
    »Sie wünschen also, daß wir einen Beamten des schwedischen Sicherheitsdienstes mit entsprechender Ausbildung und Erfahrung für eine Under-Cover-Operation in Hamburg zur Verfügung stellen? Und Sie meinen auch, für eventuelle Komplikationen auf deutschem Boden die volle juristische Verantwortung übernehmen zu können?« fragte Näslund, mehr um Zeit zu gewinnen.
    Von Zeitgewinn konnte jedoch keine Rede sein.
    »Jawohl, völlig richtig«, erwiderte der ältere der beiden Deutschen mit Nachdruck und einem langsamen Kopfnicken, während er mit einer Handbewegung den Dolmetscher unterbrach, der gerade begann, eine überflüssige Übersetzung nachzuliefern.
    Zu Näslunds Karriere-Hintergrund gehörte zwar, daß er einmal im nördlichen Norrland als Staatsanwalt gearbeitet hatte; obwohl er ein Mann des Sicherheitsdienstes war, fiel es ihm folglich leicht, sich in juristische Probleme hineinzudenken, das heißt in die Technik der Umgehung solcher Probleme.
    Hinsichtlich des schwedischen Rechts aber sowie der Frage, ob das schwedische Recht für einen schwedischen Beamten unter westdeutscher Jurisdiktion und unter offiziellem westdeutschem Befehl überhaupt gelten konnte, war er mit seinen gedanklichen Mühen noch längst nicht fertig. Er versuchte erneut, Zeit zu gewinnen.
    »Das scheint mir ein äußerst interessanter Ansatz zu sein«, begann er behutsam und legte
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