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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern
Autoren: Joseph Wambaugh
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allem davon, daß Hans seine Zunge dann in den Hals derselben Flasche steckte und trank.
    Der Schreckliche Tscheche hätte am liebsten gekotzt.
    Der Grund dafür, daß Hans und Ludwig am Muttertag in der Bar herumhingen, hatte sich so weit von ihnen weggesetzt wie möglich, ganz ans andere Ende der langen Theke. Hans strahlte, sobald Dolly in seine Richtung blickte.
    Dolly, nur hundertfünfundfünfzig Zentimeter groß, war die Kleinste aller weiblichen Coprekruten, die vom Police Department mehr oder weniger zwangsläufig eingestellt worden waren, nachdem die Staatliche Kommission für Chancengleichheit am Arbeitsplatz in dieser Hinsicht einen nachhaltigen Druck ausgeübt hatte. Dolly fragte sich die ganze Zeit, warum zum Teufel sie an diesem Tag das Haus des Jammers aufgesucht hatte. War das Leben nicht auch ohne diese Leute, die sich selbst nicht leiden konnten, beschissen genug? Dann geschah es, daß sich Dollys Blick, wenn auch mehr oder weniger zufällig, mit dem von Hans kreuzte. O Gott! Diese dürre Mißgeburt von K-9-Cop stank ja sogar wie sein großer, geifernder, grauenerregender Hund. O Gott!
    Und dann, als ob Dolly nicht schon deprimiert genug gewesen wäre, saß mit einem Mal auch noch Dilford, ihr Partner, auf dem Hocker genau neben ihr. Warum, zum Kuckuck, konnte Dilford nicht einen anderen Platz finden, wenn er sich besaufen wollte? Wenn sie sich die Mühe gemacht hätte, darüber nachzudenken, hätte sie Dilford wahrscheinlich sogar noch abscheulicher gefunden als diesen abscheulichen K-9-Cop und seinen abscheulichen Hund. Vor zwei Monaten, einer schier unendlich langen Zeit, war sie Dilford als Partnerin zugeteilt worden, und Dilford machte kein Geheimnis daraus, wie sehr er es für unter seiner Würde hielt, mit einer Polizistin zusammenarbeiten zu müssen. Sogar noch, nachdem sie ihn aus der Scheiße gerettet hatte.
    Hatte Dilford sich etwa jemals bei ihr dafür bedankt, daß es ihr gelungen war, durch einen einzigen Schlag mit dem Polizeiknüppel eine kubanische Tunte in einem roten Lamékleid und hochhackigen silbernen Schuhen außer Gefecht zu setzen, die Dilford so heftig in die Eier getreten hatte, daß ihre Schuhspange ebenso zerbrochen war wie Dilfords Kampfgeist und er am Ende auf dem Bürgersteig gelegen und sich nur noch die Eier gehalten und geheult hatte wie ein Bluthund? Nein, er hatte sich nicht bei ihr bedankt. Er kannte keine Dankbarkeit. Er war bloß verlegen und peinlich berührt. Nein, er war sogar noch beleidigt. Ein Weib hatte ihm seine angebrannten Kastanien aus dem Feuer geholt. Dieser Chauvi!
    Nach dem Zwischenfall mit der Tunte stand in den Gesichtern von Dilford und Dolly der mehr oder weniger unbarmherzige und trostlose Ausdruck totaler Leere, wenn sie höchst mürrisch ihre Dienststunden abrissen, und sie gaben sich alle Mühe, sich möglichst überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen und ins gequälte Antlitz zu sehen. Alle Kollegen nannten die beiden nur noch das Individualistenteam.
    Plötzlich brüllte der Schreckliche Tscheche: »DIESE FOTZE!«, worauf Leery vier Finger breit Bourbon danebenschüttete. Dabei war es keineswegs eine besonders gute Marke. Leery sah unendlich betrübt zu, wie das Zeug, das vielleicht fünfunddreißig Cent wert war, langsam versickerte.
    Diesmal meinte der Schreckliche Tscheche nicht Rose Bird, sondern ein männliches Mitglied des Stadtrates von Los Angeles, das, einem Leitartikel zufolge, einen speziellen Würgegriff grundsätzlich verbieten lassen wollte, weil eben dieser Griff den Menschen, bei denen er angewendet wurde, die Halsschlagader abschnürte und in den letzten Jahren zum Tode von sechzehn meist schwarzen Verdächtigen geführt hatte, eindeutig durch die Schuld der Polizei.
    Die Dinge waren tatsächlich etwas außer Kontrolle geraten, als der Polizeichef von Los Angeles öffentlich einen groben Fauxpas beging, indem er erklärte, er habe einen vagen Verdacht, daß sich nach dem Abschnüren »bei einigen Schwarzen die Venen oder Arterien nicht so schnell wieder öffnen, wie dies bei normalen Leuten der Fall ist«. Da half es dann auch nicht mehr viel, daß er später sagte, er habe Leute »in normaler Verfassung« gemeint. Normale Leute?
    Die Cops hatten eine Menge Spaß auf Kosten ihres Chefs und nannten beispielsweise ihre schwarzweißen Streifenwagen nur noch ihre »Schwarzen und Normalen«. Nach dem voraussehbaren Zeter-und-Mordio-Geschrei jedenfalls flog sozusagen das Baby mitsamt der Wanne und dem Badewasser aus dem
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