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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern
Autoren: Joseph Wambaugh
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draufzuschmieren.
    Jane Wayne zwirbelte die Augenbrauen des Schrecklichen Tschechen, der die Los Angeles Times las und von Zeit zu Zeit aufheulte, was dann wiederum Ludwig dazu veranlaßte, noch lauter zu heulen, worauf schließlich alle sehr gereizt wurden und sich gegenseitig anbrüllten, endlich die Schnauze zu halten.
    Dilford und Dolly hockten beieinander und äußerten sich kritisch zu den Kommentaren ihres Marktschreiers. Cecil Higgins starrte auf den Grund seines Glases, und Leery sorgte auf Teufel komm raus dafür, daß sie besoffen wurden, spielte eine Sonate nach der anderen auf der Registrierkasse, lutschte an seinen Zähnen und schielte glücklich vor sich hin.
    Mario Villalobos nickte nur, als Leery sagte: »Was trinkst du, Mario? Einen sehr trockenen Wodka Martini?«
    Der Detective hatte noch keinen Schluck getrunken, als die Tür aufging und ein junger Mann mit schulterlangem Haar und einem zarten Gesicht durch den Qualm und die Düsternis hereinschwebte. Er nahm seinen Platz vor dem zerbrochenen Spiegel ein und bestellte Hausmarkenwhiskey.
    Bevor sie die Möglichkeit hatten, durch die Anwesenheit des Rausgeschossenen Sittencops wieder mal, wie üblich, unerklärlich nervös und kribbelig zu werden, hatten Stanley und Leech ihr Spielchen beendet und stolzierten an die Bar, um sich noch ein Bier zu bestellen.
    »Guck mal, wer da ist!« sagte Stanley zu Leech. »Hey, Bartholomew!«
    Der Rausgeschossene Sittencop bewegte sein Gesicht von einer Seite zur anderen, um aus den vom Neonlicht illuminierten verschiedenen Spiegelscherben wieder sein gespenstisches kubistisches Selbstporträt zusammenzusetzen. Er schien nichts gehört zu haben.
    »Hey, Bartholomew!« brüllte Leech, und dann stürmten die beiden Scharfmacher an das Ende der Theke und schlugen dem Rausgeschossenen Sittencop auf die Schulter.
    »Dich hab ich doch seit der Polizeischule nicht mehr gesehen!« schrie Stanley.
    »Was treibste denn so?« dröhnte Leech.
    »Bin kürzlich erst wiedergekommen«, sagte der Rausgeschossene Sittencop, drehte sich um und lächelte den übereifrigen Würstchen freundlich zu.
    »Mann, das war doch Spitze, was ich da letzten Januar über dich in den Zeitungen gelesen hab! Wirklich, einfach Spitze!« sagte Leech.
    »Dem haste's mal richtig gezeigt!« sagte Stanley und zwinkerte dem Rausgeschossenen Sittencop zu.
    Und natürlich wußten sämtliche Cops in der Bar, daß »richtig« im Polizei Jargon nichts anderes bedeutet, als daß jemand mal wieder irgendeinen Kotzbrocken in die ewigen Jagdgründe gepustet hatte.
    »Da hat man ja sicher erst mal ganz schön die Hosen voll, wenn man auf dem Weg zu 'ner kleinen Spielhöllenrazzia durch 'n Hinterhof robbt und dann plötzlich so 'n Dreckskerl mit 'nem Messer rausspringt.«
    »Eben, was heißt das schon, daß er erst sechzehn war? Der wollt dir doch todsicher ne kleine Schönheitsoperation Marke Hast Hollywood verpassen, oder? Aber anschließend war er ja wohl derjenige, der dumm geglotzt hat, als er plötzlich auf jeder Nasenseite mehr als zwei Augen hatte. Wieviel Schuß hast du dem denn verpaßt? Keiner daneben?«
    Der Rausgeschossene Sittencop behielt sein freundliches Lächeln bei und schwieg weiter, aber Scharfmacher wie Stanley und Leech erwarten ja eigentlich nur sehr selten eine Antwort.
    »Ihr habt doch bestimmt auch von dieser Schießerei gehört, Jungs?« fragte Leech und gab erst gar keinem die Chance zu antworten. »War ne Riesenstory im Fernsehen, als die kubanische Mama von diesem Minigauner erzählt, ihr Söhnchen hätt im Hof bloß mit seinen Brieftauben rumgespielt, und plötzlich knallt ihn 'n schießwütiger Sittencop einfach ab. Klar. Bloß, ihr Baby hatte 'n verdammtes Messer in der Hand und außerdem Engelsstaub in der Tasche.«
    »Hat man eigentlich bei der Obduktion Engelsstaub festgestellt, Bartholomew?« fragte Stanley.
    »Bartholomew hatte ihn schon in 'n guten Kubaner verwandelt, bevor er sich selber rausschießen konnte«, antwortete Leech.
    »Ist doch der letzte Abschaum. Alles der letzte Abschaum«, sagte Stanley.
    Der Rausgeschossene Sittencop lächelte so lange, bis die Scharfmacher es leid waren, ihn zu fragen und sich die Antworten dann selbst zu geben. Er schüttelte den Kopf, als sie versuchten, ihm einen auszugeben, und sie kehrten zu ihrem Billardspielchen zurück.
    Das heißt, sie wollten es, denn mittlerweile hatte Ludwig seine Vorstellungen von Enteignung in die Tat umgesetzt, lag auf dem Pooltisch, den Kopf auf den Rand
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