Der David ist dem Goliath sein Tod

Herren, vielen Dank für Ihr …«
    Er gerät ins Stocken, weil er »zahlreiches Erscheinen« sagen wollte.
    Â»Jedenfalls haben wir heute Thorben Sträter …«
    Â»Torsten«, sage ich. 3
    Â»Richtig, Torsten Sträter hier zu Gast, der neben Lesungen auch Border Slam …«
    Â»Poetry Slam«, sage ich.
    Â»â€¦Â macht«, sagt der Büchereivogel. Und schweigt dann.
    Ich sage extra deutlich: »Mein Name ist Sträter, guten Tag«, und aus der hinteren Reihe kommt: »Hmmmmgggmmmmmm.«
    Ich lächle.
    Â»Mein erster Text heißt: Ich bums dich kaputt, du kleine Schlampe.«
    Stille, nur das Pärchen vor mir applaudiert. Wusste ich’s doch. Swinger.
    Â»Nee, stimmt nicht«, sage ich. »Der Text handelt von einem Tankwart, der nur rumsteht, und heißt SCHMIERSTOFF ÖLGÖTZE«.
    Das Fantasy-Mädel hebt die Hand. »Ist das der mit den Einhörnern?«
    Â»Ja, sicher«, sage ich und beginne zu lesen.
    Der Text geht zehn Minuten, und es kommen nicht nur keine Einhörner vor, sondern nicht mal Vertreter des Einhorn-Prekariats, also Pferde. Als ich zum Ende gelange, sage ich: »Dankeschön«.
    Stille.
    Â»Das war der erste Text«, sage ich.
    Kein Applaus. Das Fantasy-Mädchen reklamiert immerhin nicht das Fehlen von Einhörnern.
    Dadurch angestachelt weise ich darauf hin, dass ich nun meine bekannte Troll-Geschichte lesen werde, die in meinem achtbändigen Askarth-Gnaul-Universum spiele. Ich lese stattdessen einen Text über Brotaufstrich, vermeide Trolle im Ansatz und verschleiere nicht, dass die Geschichte jetzt weniger in Askarth-Gnaul als vielmehr in Dortmund-Huckarde spielt. Interessiert scheinbar keinen. Ich ende, erhalte keinen Applaus und werde ärgerlich. Deswegen sage ich: »Und nun lese ich Schluck, du Sau, schluck. «
    Die Swinger klatschen wie bekloppt. Na bitte, geht doch.
    Ich ziehe den Titel thematisch durch und behalte die immer länger werdenden Gesichter des Swingerpärchens im Auge, während ich einen Text lese, in dem ein Ferkel mit Gewalt Antibiotika verabreicht bekommt.
    Mittendrin höre ich zum hundertsten Mal das Auf- und Zuklappen der Brille, hebe meinen Blick vom Text und sage: »Pack noch einmal dein Drecks-Kassengestell an und ich schaufel dir mit einem Kaffeelöffel die Augen raus«, und gerade als der Gatte der getünchten Tante aufbegehren möchte, fahre ich fort mit: »… sagte das Schweinchen zum Optiker, und alle waren erstaunt: Das Tier konnte ja sprechen!«
    Der Büchereihannes raunt mir was ins Ohr.
    Â»Das sind unsere treuesten Kunden, nehmen Sie sich zusammen …«
    Ich raune leise zurück: »Allen Ernstes jetzt, Ihre treuesten Kunden sind nix – die hier vorn vermieten sich zum Poppen gegenseitig an riemige Baggerfahrer, die da hinten sind nicht ganz so pflegeleicht, denn er da kriegt gleich seine Brillenbügel an den Dummkopf genagelt, und was seine Alte darstellen soll, weiß der Heiland, vielleicht ist sie ein Malen-nach-Zahlen-Projekt für lernschwache Kinder, und die Dunkeluschi da vorn rechts denkt, ich bin Wolfgang Hohlbein, und DAS kränkt mich irgendwie am meisten, also hören Sie besser auf, mir irgendwas ins Ohr zu flüstern und stellen Sie sich wieder in die Rosamunde-Pilcher-Hörbuchecke, wo ein kleiner abgewichster Schlumpf wie Sie keinen Schaden anrichten kann, denn ich muss hier zuende machen!«
    Zehn Sekunden später stelle ich fest: Ich habe bereits zuende gemacht, denn wenn man raunt, sollte man doch ein Auge darauf haben, ob man nicht zufällig vor einem eingeschalteten Mikrofon sitzt.
    Na ja, halbe Stunde vorgelesen.
    Dafür geht das Geld eigentlich, aber ich mach trotzdem nur noch Poetry Slams. Oder richtige Lesungen.
    Die in der ersten Reihe sind zwar auch nur Swinger, aber wenigstens gibt’s Bier umsonst.

GRÖSSER UND BILLIGER
    Nichts gegen einen Flachbildfernseher, vor allem nichts gegen einen von Philips, mit einer exakten Diagonale von 42 Zoll – auch wenn ich für das Teil vor 18 Monaten 1299 Euro bezahlt habe und das identische Gerät nun bei REAL 599 Euro kostet, dafür aber in 47 Zoll. Also größer und billiger.
    Warum allerdings sitze ich davor, frage ich mich mittlerweile.
    Ich werde in Kürze 45, erreiche also ein Alter, in welchem Jesus theoretisch schon zwölf Jahre tot war, wenn er nicht ein paar Tricks draufgehabt