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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
Autoren: Bastian Sick
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entgleisten Nachmittagstalkshows. Der Binde-

    strich wurde stillschweigend abgeschafft, scheint es. Immer-
    hin wies ihm die»IT Branche« eine neue Betätigung zu; dafür
    musste er allerdings einer Umbenennung zustimmen: Unter
    dem seltsamen Namen »Minus« fristet er nun ein Dasein als
    grafische Auflockerung in Internet- und E-Mail-Adressen:
    »Sie erreichen mich unter Peter minus Schmidt ät Bayern mi-
    nus international Punkt dee eeh.« Was mag von Bayern übrig
    bleiben, wenn man »international« subtrahiert?
    Für mein erstes Buch schrieb ich eine Kolumne über den
    Missbrauch des Bindestrichs, der Wörter wie »Spar-Plan«
    und »Tempo-Limit« zerlegt und das Schriftbild zu einer
    trostlosen Strich-Landschaft verkommen lässt. Doch ange-
    sichts von »Fisch Spezialitäten« und »Qualität’s Tier Pro-
    dukten« tut mir das heute fast Leid. Liebes Divis, bitte ver-
    zeih mir! Komm zurück und mach die»City Passage « wieder
    zu einer »City-Passage« und die »Humboldt Universität«
    wieder zu einer »Humboldt-Universität«.
    Nicht einmal Bildungseinrichtungen bleiben von der Lust
    zur Lücke verschont. Wenn man unter der Adresse www.
    kmk.org auf der Seite der »Kultusminister Konferenz« be-
    grüßt werde, dann, so der Tenor des oben erwähnten » Spie-
    gel «-Artikels, sei man vom »Goethe Institut« nicht mehr
    weit entfernt. Eine andere kulturorientierte Einrichtung, der
    DAAD, präsentiert sich auf ihrer Homepage nicht als Deut-
    scher Akademischer »Austauschdienst«, auch nicht als
    »Austausch-Dienst«, sondern als »Austausch Dienst«.
    Gibt es keinen Ausweg aus dieser Misere? Doch, natür-
    lich! Die stets nach Innovationen forschende Wirtschaft hat
    einen Weg gefunden, um die hässlich klaffende Lücke zwi-
    schen den Wörtern zu schließen. Die Lösung lautet: Zu-
    sammenschreibung unter Berücksichtigung der Groß-
    schreibung! So wurde aus Daimler und Chrysler eben nicht
    Daimler & Chrysler oder Daimler-Chrysler, sondern Daim-
    lerChrysler. Und aus Krupp und Thyssen wurde Thys-

    enKrupp. Hunderte Firmen sind diesem Beispiel gefolgt
    und haben ihre Namen unter besonderer Missachtung
    der Grammatik zusammengeklebt. Von den Standesämtern
    wird diese Schreibweise allerdings noch nicht anerkannt.
    Die Bundestagsabgeordnete Sigrid Skarpelis-Sperk darf
    sich auf ihrer Visitenkarte nicht als SkarpelisSperk vorstel-
    len, auch WieczorekZeul und LeutheusserSchnarrenberger
    sind (noch?) nicht zulässig.
    Im Duden suchte man das Wort »Stehcafe« bis vor kur-
    zem noch vergebens, obwohl es in der deutschen Schil-
    dersprache wirklich sehr häufig vorkommt. In der 23. Auf-
    lage steht es nun aber, und zwar zusammengeschrieben:
    Stehcafe. Wenn der unsägliche Trend der Auseinander-
    schreibung anhält, wird man in einer späteren Auflage viel-
    leicht folgenden erweiterten Eintrag finden:

    Steh|ca|fe, das; -s, Plur. -s, auch: Steh-Cafe
    Steh Cafe, StehCafe (Schreibw. völlig beliebig.
    Macht doch, was ihr wollt!)

    Ich trinke meinen »Milch Kaffee« aus, stelle die Tasse bei der
    »Geschirr Rückgabe« ab und gehe hinaus auf die Straße. Es
    schneit. Direkt vor meiner Nase fährt ein Streufahrzeug
    vorbei. Darauf steht »Winterdienst« − in einem Wort. Das
    tut gut! Auf der gegenüberliegenden Straßenseite werden
    Weihnachtsbäume verkauft, ein Schild verheißt »Nord-
    mann Tannen ab 15 Euro«. Ich schlage den Kragen hoch
    und mache mich auf den Heim Weg.

    Wie steigert man »doof«?
    Frage eines Lesers: Wie wird das Wort »doof« gesteigert? Im
    allgemeinen Sprachgebrauch hört man oft doof, döwer, am
    dööfsten. Die Schreibweise kommt mir aber extrem merk-
    würdig vor. Heißt es döwer? Dööwer? Dööfer? Oder doofer?
    Der mir zu Weihnachten geschenkte Duden ist mir da auch
    keine Hilfe, der schweigt sich nämlich aus. Nun gibt es ja
    auch Eigenschaftswörter, die sich nicht steigern lassen. So
    wie »das einzigste«, das bei uns im Ruhrgebiet nicht gerade
    selten anzutreffen ist. Gehört »doof« dazu?
    Antwort des Zwiebelfischs: Zunächst ein paar Worte zur
    Herkunft dieses wichtigen Ausdrucks. Das Wort»doof«
    stammt aus dem Niederdeutschen und bedeutete ursprüng-
    lich nichts anderes als »taub«. In Hamburg gibt es einen Sei-
    tenarm der Elbe, der noch heute »Dove Elbe« heißt − »taube
    Elbe« also, weil er keine Durchfahrt bietet.
    Da gehörlose Menschen in früheren Zeiten oft für geistig
    behindert gehalten wurden, wurde »doof« zum Synonym für
    »dumm«. »Dumm«
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