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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul
Autoren: Christian Ditfurth
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mir, ob es nicht besser gewesen wäre, bei Grüntner nach Indizien zu fragen, die gegen Sofia Schmoll und Leutbold sprachen, bevor ich die beiden nach Hause schickte. Aber irgend etwas sagte mir, Grüntner wollte ein Geständnis erzwingen, weil er nichts in der Hand hatte. »Ich bin ja nun kein Anfänger, Herr Kollege. Und außerdem passt es mir nicht, wenn das Ergebnis am Anfang der Ermittlungen steht.« Ich murmelte es vor mich hin, dann stand ich auf und ging in das Zimmer, in dem die anderen saßen.
    Sie hatten sich ein Abendbrot bestellt. Grüntner trank Bier aus einem großen Glas und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Wohlfeld schaute mich neugierig an.
    »Na, Herr Kollege«, sagte Grüntner. Er lachte. Es war, als sagte er: Ich weiß mehr als du, und wenn du brav bist, verrate ich dir was. Vielleicht bildete ich es mir nur ein. Aber ich mochte die Visage dieses Herrn von Anfang an nicht. Sie hatten auch mir einen Teller und Besteck auftischen lassen. Ich setzte mich auf den freien Stuhl zwischen Rickmer und Wohlfeld, Grüntner gegenüber. Der verspeiste gerade ein dick belegtes Schinkenbrot. Ich bezweifelte, dass er die Absicht hatte, sein Mahl zu bezahlen, das Elephant war teuer. Zu teuer für Polizisten, denen man per Notverordnung das Gehalt gekürzt hatte.
    »Was haben Sie denn herausgefunden, Herr Kollege?« fragte Grüntner. Ich konnte sehen, wie er den Schinken zwischen seinen Kiefern zerkaute.
    »Was mich interessieren würde, wo sind die Begleiter von Hitler? Wo sind mögliche Zeugen, wie etwa die Leute der schwedischen Reisegesellschaft? Was für Spuren hat der Erkennungsdienst gefunden? Wann wird die Leiche dem Leichenbeschauer übergeben, und wo sitzt die Rechtsmedizin? Was für Beweise haben Sie für die Täterschaft von Leutbold und Schmoll?«
    Grüntner trank einen Schluck Bier. »Viele Fragen, Herr Kollege. Wir hatten die Weisung des Reichsinnenministers, alles unverändert zu lassen, bis Sie es gesehen haben. Es liegt an Ihnen, wann die Leiche an die Rechtsmedizin in Erfurt geht. Vorher lässt sich in der Hinsicht nichts Genaues sagen. Aber die Tatsachen liegen auf der Hand. Die Schweden haben wir vernommen, niemand von denen hat etwas gehört oder gesehen. Deshalb haben wir sie weiterfahren lassen. Sie sind auf dem Weg nach Nürnberg und München. Ich weiß, wo sie dort übernachten. Wir können jederzeit hinfahren oder Kollegen vor Ort um Amtshilfe bitten. Die Begleiter von Herrn Hitler haben wir selbstverständlich ebenfalls vernommen. Auch sie haben nichts bemerkt. Sie hatten wichtige Termine in München und Berlin. Wenn Sie Fragen an sie haben, müssten Sie sie aufsuchen oder vorladen. Hier sind die Anschriften.« Er schob mir einen Zettel über den Tisch.
    »Wer hat Hitler begleitet?«
    »Der Führer hatte die Herren Brückner, Dietrich, Schaub, Schreck und Hoffmann bei sich. Herr Schreck war sein Fahrer, Herr Dietrich sein Leibwächter, Herr Hoffmann sein Fotograf, und die Herren Brückner und Schaub waren seine Adjutanten. Diese Herren haben ihren Wohnsitz in München, Sie finden sie tagsüber im Braunen Haus in der Brienner Straße. Herr Goebbels hatte den Führer ebenfalls bis Weimar begleitet. Die Herren Göring und Strasser, mit denen sich der Führer hier traf, sind, wie übrigens auch Herr Goebbels, inzwischen nach Berlin weitergereist. Für sie gilt das gleiche, sie konnten nichts Auffälliges berichten. Ich habe alle Adressen notiert.« Er reichte mir lächelnd einen Zettel.
    Ich kochte, stauchte Grüntner aber nicht zusammen. Er hatte seine Nazifreunde nach Hause fahren lassen. Wenn sie etwas vertuschen wollten, dann war es längst geschehen. Womöglich brauchte ich Grüntner noch. Wenn ich ihn mir vorgenommen hätte, dann gäbe es ewigen Streit zwischen Berlin und Erfurt, und es käme nichts heraus dabei.
    »Ich habe mir aber erlaubt, Leutbold und Schmoll nach Erfurt bringen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft hat es angeordnet.« Ich bildete mir ein, er grinste bei dieser Bemerkung.
    »Sie können mir gewiss erklären, welche neuen Gründe es dafür gibt.«
    »Die Daktyloskopie«, sagte er. »Wir haben Fingerabdrücke von Leutbold an der Statuette gefunden. Und die von Schmoll sind im ganzen Raum verstreut. Außerdem, Leutbold hat die gleiche Schuhgröße wie der Täter, zweiundvierzig.«
    »Diese Schuhgröße haben viele. Haben Sie auch Fingerabdrücke auf Blutspuren gefunden, zum Beispiel auf der Statuette?«
    Er schaute mich verwirrt an.
    »Dass es
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