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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen
Autoren: Alfred Bester
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Schauspielerinnentyp; Sam Pepys, den Historiker; das Griechische Syndikat, unseren Finanzier, Bathseba, die femme fatale; und so weiter. Mein Spitzname ist Grand Guignol, abgekürzt Guig, und er gefällt mir nicht. Ich sehe mich nicht als ein Theater des Grauens. Ich versuche aufrichtig, Gutes zu tun, durch Schrecken, gewiß, aber das ist ein geringer Preis dafür, was ich biete. Wären Sie nicht bereit, für ewiges Leben mit einer Stunde Todesqualen zu bezahlen?
    Was unser Alter betrifft: Oliver Cromwell wurde während der Pestepidemie in einem Massengrab verscharrt und will noch immer nicht darüber reden. Er sagt, der Tod durch Ersticken sei etwas, das man am liebsten für immer vergißt. Eine von uns entging der Plünderung von Tientsin durch die Mongolen, als diese hunderttausend abgeschnittene Köpfe zu Pyramiden schichteten. Ihre Beschreibung läßt Dachau wie ein Picknick erscheinen. Der wandernde Jude ist natürlich Christus. Man kann den Hinweis bei Lukas 24.3 finden. Ein Schriftsteller – D. H. Lawrence, glaube ich, – witterte die Wahrheit, als er im Jahr 1900 Jacy begegnete, und er machte daraus eine phantastische Geschichte, wie Jacy ein normales Leben hätte führen können, wenn er bloß jemanden gebumst hätte. Er kannte Jacy nicht. Wir nennen Christus Jacy, denn wenn man seinen richtigen Namen gebraucht, hört es sich wie Fluchen an.
    Es gibt viele andere, denen wir später noch begegnen werden. Der bei weitem Älteste ist Hic-Haec-Hoc. Er bekam diesen Spitznamen, weil seine Grunzlaute so klingen; er hat nie gelernt, irgendeine Sprache zu sprechen, obwohl er alle möglichen Zeichen verstehen kann. Wir glauben, daß Hic aus dem späten Pleistozän oder dem frühen Holozän stammt, aber wir sehen ihn nicht oft; Menschen ängstigen ihn, und er zieht sich immer vor der Zivilisation zurück. Pepys, der uns alle im Auge behält, behauptet, daß Hic sich im Himalaja verkrochen habe, und daß die Legenden vom Yeti oder Schneemenschen auf ihn zurückgingen.
    Bei dem Versuch, unsere Unsterblichkeit zu erklären, muß ich davon ausgehen, daß wir alle ähnliche Traumata durchgemacht haben, welche die Sekretionen zerstörten oder blockierten, die Alter und Tod herbeiführen. Wenn sich diese todbringenden Sekretionen in den Zellen ablagern, ist das Todesurteil gesprochen, und alle Lebewesen sind mit diesem metabolischen Selbstmordprogramm ausgestattet. Vielleicht ist dies die Methode, wie die Natur die Tafel abwischt und neu anfängt. Aber unsere Gruppe hat bewiesen, daß der Tod nicht unausweichlich ist. Natürlich ist uns der Beweis nicht leicht gemacht worden. Jeder von uns mußte sterben und einen psychogalvanischen Schock erhalten, der die tödlichen Zellablagerungen neutralisierte und uns zu Molekularen Menschen machte. Ich werde das später erklären. Es ist eine Art Neuauflage von Cuviers Katastrophentheorie der Evolution. Er argumentierte, daß periodische Katastrophen alles Leben auf der Erde zerstört hätten und Gott daraufhin auf einer höheren Ebene neu angefangen habe. Das mit Gott war natürlich ein Irrtum, aber Katastrophen verändern tatsächlich Lebewesen.
    Die Umstände, die zu unserer Umwandlung in Molekulare Menschen führten, waren in allen Fällen gleich. Wir gerieten in eine natürliche oder von Menschen ausgelöste Katastrophe, die uns keine Überlebenschance gab; wir waren uns dessen bewußt; eine psychogalvanische Aufladung durchschoß uns, als wir in den Strudel der Vernichtung gesogen wurden; sie und möglicherweise andere Faktoren, die wir nicht kennen, rissen uns aus den Klauen des Todes, und so entstand allmählich die Gruppe, um für alle Zeiten fortzubestehen. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammentreffens besonderer Umstände ist verschwindend gering, aber das Griechische Syndikat sagt, daß selbst die unwahrscheinlichste Konstellation früher oder später zustande kommen muß. Der Grieche sollte es wissen. Er ist ein berufsmäßiger Spieler, seit Aristoteles ihn aus der peripatetischen Schule von Athen hinauswarf.
    Jacy schildert oft die wilde Überraschung des Todes, die ihn am Kreuz durchfuhr, als er endlich begriff, daß er nicht davonkommen würde. Er fragte sich, warum es den zwei Dieben, die zusammen mit ihm auf Golgatha dran glauben mußten, nicht genauso erging. Ich sage ihm immer wieder: »Weil sie keine Epileptiker waren, Jacy«, und er antwortet dann: »Ach, hör bloß auf. Du bist von diesem Epilepsiewahn besessen, Guig. Du solltest dir eine Lebenszeit
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