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Der Clan

Titel: Der Clan
Autoren: Unbekannter Autor
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Menschen haben die Chance, bei Lebzeiten ein neues Gesicht zu bekommen?
    Das Ganze begann im Mai nach den fünfhundert Meilen von Indianapolis. Mein Biest war in der zweiundvierzigsten Runde ausgebrannt, und ich fuhr an die Boxen. Ich brauchte das Gesicht des Rennleiters nicht anzusehen, um zu wissen, daß es aus war. Ich verließ die Rennbahn, ohne das Ende des Rennens abzuwarten.
    Erst als ich im Motel meine Zimmertür öffnete, fiel mir ein, daß ich Cindy an der Rennbahn gelassen hatte. Ich hatte sie völlig vergessen.
    Ich öffnete den kleinen Kühlschrank, nahm ein paar Eiswürfel heraus und goß kanadischen Whisky darüber. Während ich langsam den Drink schlürfte, ging ich ins Badezimmer und drehte den Warmwasserhahn für die Wanne auf. Dann schlenderte ich ins Zimmer zurück und stellte das Radio an. Auf der Skala suchte ich die Rennberichte. Das Fernsehen durfte in einem Umkreis von fünfzig Meilen nichts über das Rennen bringen.
    Die Stimme des Sprechers wurde lauter:    »In der
    vierundachtzigsten Runde liegen Andrem und Gurney auf Platz eins und zwei. Eine richtige Schlacht der Riesen, meine Damen und Herren...«
    Ich schaltete ab. So war es vom Anfang des Rennens an gewesen.
    Ich trank mein Glas aus, stellte es auf den Kühlschrank und ging wieder ins Badezimmer. Ich drehte das kalte Wasser an,
    steckte die tragbare Jacuzzi-Wirbelstrompumpe an und zog mich aus. Vom aufgewühlten Wasser stiegen Wolken hoch und füllten das Badezimmer mit Dampf. Ich machte es mir im heißen Wasser bequem.
    Ich lehnte meinen Kopf an die Wannenwand und ließ mir von dem schäumenden Wasser das Ach und Weh in meinen Knochen fortspülen. Ich nahm meinen Mut zusammen und schloß die Augen. Da war es wieder. Wie immer in den letzten fünf Jahren, sobald ich die Augen zumachte.
    Ich sah die ersten Flammen vom Motor zur Windschutzscheibe hochkriechen. Ich schaltete nach unten in der Kurve und kämpfte mit dem Steuerrad. Die hohe Wand kam auf mein Gesicht zu, und wir krachten mit zweihundertzwanzig Stundenkilometern dagegen. Das Biest stellte sich auf die Nase, blieb einen Augenblick so hängen, während ich auf die tobende Tribüne starrte. Dann kamen die Flammen hoch, und wir rasten über die Mauer in sie hinein. Der ekelerregende süßliche Geruch meines brennenden Fleisches und versengten Haars stieg mir in die Nase. Ich hörte mich gellend schreien.
    Ich öffnete die Augen, und es war fort. Ich lag in der Wanne, die Jacuzzipumpe summte ihr tröstendes Lied. Langsam schloß ich wieder die Augen.
    Diesmal war es in Ordnung. Ich lag ruhig im Wasser.
    Das Telefon klingelte. Ich langte über das WC und nahm das Telefon von der Wand: Moderne Motels haben allen Komfort.
    »Mr. Perino?« flötete das Fräulein vom Fernamt.
    »Ja.«
    »Ein Anruf von Mr. Loren Hardeman. Augenblick, bitte.«
    Ich hörte das Klicken, die Verbindung war hergestellt.
    »Hallo, Angelo, ist bei dir alles in Ordnung?« Seine Stimme klang besorgt.
    »Alles in Ordnung, Nummer Eins. Und wie geht’s Ihnen?«
    »Prächtig. Ich fühl’ mich wie ein Junge von fünfundachtzig.«
    Ich lachte. An seinem letzten Geburtstag war er einundneunzig geworden.
    »Was, zum Teufel, ist das für ein Lärm?« fragte er. »Klingt, als würden Sie in einem Faß über den Niagara fahren. Ich kann Sie kaum verstehen.«
    Ich stellte die Jacuzzi ab. Der Lärm hörte auf. »Besser?«
    »Bedeutend«, sagte er. »Ich habe auf dem Bildschirm gesehen, wie Sie zu den Boxen fuhren. Was ist passiert?«
    »Die Ventile sind ausgebrannt.«
    »Wo starten Sie als nächstes?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Das einzige, wo ich fest zugesagt habe, ist Watkins Glen. Aber das steigt erst im Herbst.«
    Ich hörte, wie die Außentür geöffnet wurde und Cindys Schritte sich dem Bad näherten. Ich sah hoch, da stand sie schon auf der Schwelle.
    »Vielleicht gehe ich im Sommer nach Europa und mische dort etwas mit.«
    Ihr Gesicht war ausdruckslos. Sie machte kehrt und ging ins andere Zimmer.
    »Tun Sie das nicht«, sagte er. »Es lohnt sich nicht. Sie werden sich umbringen.«
    Ich hörte, wie die Kühlschranktür zugeschlagen wurde und das Eis in den Gläsern klirrte. Cindy kam mit zwei Gläsern kanadischen Whiskys on the rocks herein. Ich nahm ihr eins aus der Hand. Sie schlug den Deckel des WCs zu, setzte sich darauf und nippte an ihrem Glas.
    »Ich werde schon nicht draufgehen«, sagte ich.
    »Geben Sie das Rennen jetzt auf«, sagte er entschieden. »Sie haben es nicht mehr in sich.«
    »Es
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