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Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Titel: Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Autoren: Christoph W Bauer
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gesehen. Manche Angestellten behaupteten, er habe sich offiziell bei den Besatzern abgemeldet, andere wiederum –
    Schönwitz machte sich in die Heimat auf, wurde aber gleich nach Grenzübertritt von den Alliierten gestellt und in ein Internierungslager verfrachtet.
    Der NS-Gauverlag heißt erneut Wagner’sche Universitätsbuchdruckerei, der Betriebsrat wurde umgehend entlassen. Vorsichtig nähert sich Wagner der Erlerstraße. Einen Moment lang muss er an seinen Kummer bei der Auflösung der Offizin in der Altstadt denken. Was war das denn im Vergleich mit –
    Ein riesiges Loch klafft im Gemäuer der Druckerei. Die Vorderfront des Hauses ist vom Dachstuhl bis ins Parterre weggerissen. Deutlich zu sehen die Büros, ineinander verkeilte Tische, Schränke und Stühle, Leitungsrohre, Kabelstränge und Unmengen von Papierordnern.
    Um die Druckerei herrscht großes Gerangel. Die Alliierten wollen sie als deutsches Eigentum beschlagnahmen. Das wiedererstandene Österreich indes beruft sich auf das Verbotsgesetz, laut dem ehemaliges nationalsozialistisches Besitztum der Republik verfällt. Doch auch die Gebrüder Buchroithner haben Erben hinterlassen. Ein jahrelanger Rechtsstreit entbrennt. Wagner verfolgt ihn mit mangelndem Interesse. Kurz merkt er auf, als ein Leo Grünberg Besitzansprüche stellt. Er habe den Buchroithners die Druckerei bereits vor der Machtergreifung abgekauft. Die Behörden prüfen und entlarven den Schwindel. Der Anwalt, der Leo Grünberg vertritt, fungiert zugleich als einer der Rückstellungskommissäre des Ministeriums. Dass dieser Jurist noch 1938 für die „Arisierungen“ in der Kontrollbank zuständig gewesen war, kommt Wagner zumindest eigenartig vor. Und hellhörig wird er, als ein weiterer Besitzer sich zu Wort meldet und 200.000 Reichsmark in die Firma investiert haben will: Gauleiter Franz Hofer. Wo steckt er überhaupt? Aus dem Untergrund operiert er. Sein Anliegen wird abgeschmettert.
    Die Buchroithners haben einen schweren Stand. Als Reichsdeutsche werden sie beschimpft. Zu ihrem Konzern gehörte auch der 1929 gegründete Verlag Das Bergland-Buch. Dort gab man sich in der Zwischenkriegszeit nicht nur deutschnational, sondern arisch. Um ihren Innsbrucker Besitz kämpfend, engagieren sie einen Anwalt: Egon Denz, ehemaliger NS-Oberbürgermeister der Stadt.
    Noch während die Streitparteien einander gegenüberstehen, wird in der Druckerei der Betrieb wieder aufgenommen. Die Belegschaft selbst sorgt für die Beseitigung der Bombenschäden. Sieben Jahre nach Kriegsende zählt Wagner bereits mehr als 500 Mitarbeiter, ein Großteil des Maschinenparks ist repariert oder durch neue Pressen ersetzt worden.
    Die
Innsbrucker Nachrichten
gibt es nicht mehr. Unmittelbar nach ihrer Einstellung gründen die Alliierten die
Tiroler Tageszeitung
. Sie gelangt schließlich mehrheitlich in den Besitz eines Joseph Moser. Doch Namen interessieren Wagner nicht mehr. Hauptsache, die Pressen laufen. Und immerhin, die Zeitung wird auf Wagner’schen Druckmaschinen hergestellt.
    Erst 1957 erhalten die Buchroithners ihren Besitz zurück. In den folgenden Jahren wird kräftig investiert. Bald wird eine Druckmaschine aufgestellt, die höchsten Qualitätsansprüchen genügt. Sie ist die erste ihrer Art in Österreich. Wagner kann mit der neuen Technik wenig anfangen. Rollenoffsetanlage nennen sie das Gerät, seine Ausmaße sind enorm. Das Papier wird direkt von den Rollen in die Anlage eingeführt und –
    Verpackungsmaterialien, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine und Plakate verlassen in großer Zahl die Druckerei. Es schmeichelt Wagners Eitelkeit, dass sein Name auf diesem Weg in die Klassenzimmer der österreichischen Schulen vordringt. Jedes Kind kennt die
Spatzenpost
, das
Kleine Volk
und
Jungösterreich
.
    Auch in der Buchhandlung tut sich einiges. Nach dem Krieg tritt Rudolf Hittmairs Sohn Eckart das Erbe an. Darüber freuen will er sich nicht. Lieber würde er wie seine Brüder als Akademiker Karriere machen. Doch er fügt sich der Familientradition. Die liebevolle Betreuung des Antiquariats hilft ihm über die Niederungen des Alltags hinweg. Dabei stehen die Zeichen für die Buchhandlung nicht schlecht. Der Mangel an nahezu allen Gütern des täglichen Bedarfs führt zu einem kurzfristigen Geschäftsaufschwung. Bücher sind beliebte Geschenkartikel, nicht zuletzt, weil sie auf dem regulären Markt und vor allem günstig erhältlich sind. Kostet ein paar Schuhe 450 Schilling, so lässt sich ein Buch schon ab
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