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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler
Autoren: Hanns Kneifel
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mit den Schultern. Holx ließ den leeren Krug fallen, stolperte zur Felswand und stützte sich mit der Hand ab, während er sein Wasser abschlug und erleichtert stöhnte. Karidon nickte Ptah zu, und nach einer Weile hatte er zwischen wenigen festgezurrten Wasserkrügen, Leinenballen, aus denen Seewasser rann, und losgerissenen Kupferbarren den großen Lederbeutel gefunden, der seine Habseligkeiten enthielt. Er zwang sich, trotz der Schmerzen und der Erschöpfung, den Verschluss aus dem Krug zu ziehen und Wasser in einen Kupferkessel zu schöpfen. Saigoos schleppte einen zweiten Kessel zum Feuer, und Larreto kramte nach Essens Vorräten. Kadran zerhackte mit Karidons Doppelaxt armdicke Treibholzäste.
    Im Licht der rußenden Flammen wusch sich Karidon, verteilte Öl auf der Haut und hängte die Tücher, nachdem er sie in Süßwasser eingeweicht und ausgewrungen hatte, auf die Enden der Treibholzäste. Erschöpft hockte die Mannschaft auf Truhen, im Sand oder auf Felsblöcken, starrte in die Flammen oder zum Wrack, selbst Jehoumilq saß schweigend da; er schien zu schlafen. Der Himmel, vom Sturm leergefegt, zeigte Sterne und Mond im kühlen, klaren Leuchten. Erst als Becher klapperten und der Geruch des Kräutersuds, mit Honig gesüßt und mit Wein gemischt, zusammen mit Rauch und Funken an der Felswand hochwirbelte, kam Leben in die junge Mannschaft. Ptah schleppte den nächsten Kochkessel voll Wasser vom Wrack.
    »Für die Suppe, Hesqe. Und dann reichlich heißes Wasser für Schurze und Tücher.«
    Es gab kein trockenes Stück Stoff. Flüchtig wusch sich ein Mann nach dem anderen, leerte seinen Becher, ging zum Wrack und starrte die geborstenen Planken an; schließlich stolperte Idris zum Ende des Strandes, schaufelte mit den Händen flache Mulden in den Sand und streckte sich auf der feuchten Decke aus.

    Karidon ließ Öl in seine Handfläche tropfen und massierte es vorsichtig zwischen die Zehen und auf Schienbeine und Knie. Zwischen den dürren Gewächsen des Felshanges lärmten Zikaden durch die Nacht; ganz schwach war das Plätschern der Quelle zu hören. Die Männer schliefen, nur Jehoumilq und Ptah-Netjerimaat saßen am Feuer, das zu einem schwärzlichen Gluthaufen heruntergebrannt war.
    »Die zweite Hälfte in diesem seltsamen Jahr des Umschwunges hat schlecht angefangen.« Der Kapitän füllte die Becher mit Gubla-Wein und sah zum Schiffsbug, der im roten Licht wie eine riesige Bronzeklinge schimmerte. Jehoumilq schien Enttäuschung und Zorn zu unterdrücken; er sprach leise. »Der alte Senwosret oder Sashemu-Taui – für mich ist er der große alte Kupfermann – wird bald in die Chons-Barke steigen. Vermutlich ist wirklich sein Sohn der nächste Herrscher in Itch-Taui. Niemand kennt ihn – außer Karidon –, niemand weiß, was er vorhat, was er ändern will.« Er ächzte. »Die vielen Gaufürsten: einer schlimmer und machtgieriger als der andere. Bis auf den guten alten Parennefer und noch ein paar andere. Die Bronze ist auf Alashia schon wieder teurer geworden. Vom wenigen Anna-Metall ganz zu schweigen. Wenn die Leute in Arni die Horus zusammenflicken, wenn wir ein neues Schiff bestellten – nachher müssen wir betteln gehen, Freunde.«
    »Ganz so schlimm wird's wohl nicht, Käpten.« Karidon nippte am Wein. »Der zweite Senwosret, unser Bronzemann, hat uns bisher reich entlohnt. Wir haben heute nicht mal einen Metallbarren verloren.«
    »Ich glaube an die Macht meiner Götter«, sagte Ptah. »Abergläubisch bin ich nicht. Aber dass die Horus einen solchen Sturm nicht übersteht, hat jeder gewusst.«
    »Ich hab nicht davon gesprochen, dass wir verhungern müssen. Gehst du morgen nach Arni, Hilfe holen? Mit wem?«
    »Wahrscheinlich mit mir. Ich schwör euch, dass es uns in einem halben Jahr besser gehen wird als vorher.« Ptahs schmaler Kopf schob sich in den Bereich des flackernden Lichtscheins. Schweiß färbte sein kurzes Haar schwarz. »Weil, das weiß in Men-nefer fast jeder, die Götter den dritten Chakaura im Per-Ao sehen wollen, im Großen Haus. Wir kennen den Hapistrom bis zur Stromschnelle; uns kann er ebenso vertrauen, wie's sein Vater tat. Wenn wir nicht am Handel reich werden, Jehou, dann als Vertraute des Chakaura.«
    »Sein Vater Senwosret schwor in unserer Gegenwart, dass sein Land unabhängig werden soll vom fremden Silber, Gold, Kupfer und Nechoschet-Metall. Bei Gold, Kupfer und Silber hat er es beinahe geschafft gehabt.« Karidon ließ Sand durch die Finger rieseln. »Wahrscheinlich
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