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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander
Autoren: Alexander Kent
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zurückweichenden Feinde gerichtet.
    Hawtayne rief: »Rückt vor!«, und die aufgepflanzten Seitengewehre glitzerten im matten Sonnenlicht, als die Soldaten zur Attacke schritten.
    Ein junger französischer Offizier lief herbei, um Bolitho abzufangen. Er war etwa so alt wie Adam, auch ebenso schwarzhaarig und gut aussehend. Als Stahl gegen Stahl klirrte, zuckte in Bolitho mit betäubendem Schock die Erkenntnis auf, daß sein Neffe höchstwahrscheinlich längst tot war.
    Der junge Offizier verlor die Balance, als Bolitho seinen Säbel beiseite schlug. Für den Bruchteil einer Sekunde weiteten sich seine Pupillen in begreifendem Entsetzen, dann lag er schon am Boden. Bolitho zog den Säbel zurück und merkte, daß seine Leute an ihm vorbei nach vorn drängten; ihr Geschrei klang jetzt, da die Rollen plötzlich vertauscht waren, wieder stark und zuversichtlich.
    Leutnant Scott winkte mit seinem Säbel: »Enterer vor!«
    Jubelnd, fluchend, todesmutig wälzte sich die Flut menschlicher Leiber hinüber auf das andere Schiff.
    Bolithos Säbel hackte abermals einen französischen Offizier aus dem Weg, aber der Arm wollte ihm fast nicht mehr gehorchen. Wie lange konnten sie noch durchhalten?
    Jetzt stand er auf dem Seitendeck von
Argonaute
und wurde von der Woge seiner Männer nach achtern mitgerissen: zur Poop, denn wer sie hatte, hatte das Schiff.
    Kaleidoskopartig stiegen Bilder vor Bolithos Auge auf: Adams Gesicht, als er ihm das Mädchen aus Boston zu beschreiben versuchte; Tyrrells verzweifelter Stolz, mit dem er sich nach einem Land einschiffte, das er noch nie betreten hatte. Der kleine Evans, der das brennende spanische Schiff beobachtete oder ihm wie ein Schatten überallhin folgte. Und Allday, der ihn auch dann noch schützen wollte, als ihn seine eigene schreckliche Wunde lahmte.
    Gebrüll und Geschrei erscholl explosionsartig auf dem breiten Achterdeck, Männer flogen wie blutige Bündel nach allen Seiten, als eine mörderische Kartätschenladung mitten in sie hineinfuhr.
    Bolitho wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß aus den Augen und starrte zum Poopdeck hinauf.
    Narrten ihn seine Augen? Aber nein, er hatte nicht den Verstand verloren, da oben stand wirklich Adam mit einem anderen Offizier und einigen Männern der
Achates.
Das Rohr der Drehbasse rauchte noch, es war abwärts gerichtet auf die dichten Reihen der Verteidiger und ihrer Offiziere. Die Kartätschenladung hatte dieselbe verheerende Wirkung erzielt wie die Salve der Marineinfanterie.
    Leutnant Scott vergaß ganz seine gewohnte Selbstbeherrschung, schlug Bolitho auf die Schulter und schrie: »Bei Gott, das ist der Flaggleutnant, Sir! Der junge Teufel hat ihnen den Rest gegeben!«
    Damit rannte er seinen Leuten nach, blieb aber noch einmal kurz stehen und sah zu seinem Vizeadmiral zurück; es war nur ein Blick, aber er sagte mehr als tausend Worte.
    Trotzdem, der Feind war immer noch in der Überzahl, und jetzt mußte jeden Moment ein Anführer auftauchen, einer, der seine Leute um sich scharen und zum Gegenangriff führen würde.
    Bolitho musterte seine keuchenden, abgekämpften und zum Teil verwundeten Männer, die sich auf ihre Entermesser und Piken stützten. Noch einem Gefecht waren sie nicht gewachsen.
    Leutnant Trevenen kam heranmarschiert und tippte mit dem Säbelgriff grüßend an seinen Hut:
Achates’
jüngster Leutnant, den Rivers als Geisel genommen hatte. Die Augen in seinem schmutzigen Gesicht leuchteten, als er berichtete: »Die Franzosen haben die Flagge gestrichen, Sir.« Er verstummte verlegen, als sich Seeleute und Soldaten näher herandrängten, dann versuchte er es noch einmal: »Mr. Knocker hat eine Nachricht geschickt…« Die Stimme versagte ihm, er senkte den Blick, während ihm die blanken Tränen über die rußigen Wangen liefen.
    Leise sagte Bolitho: »Sie haben sich sehr gut gehalten, Mr. Trevenen. Bitte fahren Sie fort.«
    Der Leutnant sah ihn an. »Mr. Knocker läßt Ihnen sagen, daß sich von Süden her ein Schiff nähert. Eins von unseren 74ern.«
    Bolitho schritt durch die Umstehenden davon, hörte sie jubeln und einander auf die Schultern schlagen und fühlte sich wie ein unbeteiligter Zuschauer.
    Am großen Ruderrad stieß er auf den französischen Admiral. Er war am Arm leicht verwundet und wurde von zwei Offizieren gestützt.
    So standen sie einander gegenüber, Auge in Auge.
    Schließlich sagte Jobert wie beiläufig: »Ich hätte es wissen müssen, als ich
Ihr
Schiff erkannte.« Er setzte zu einem
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