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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter
Autoren: Hans G. Stelling
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das Ufer des Grabens, rutschte |551| ab und fiel ins Wasser. Prustend tauchte er unter, kam sogleich wieder hoch, das Schwert fest in der Hand und auf einen Angriff gefasst. Sich der Gefahr bewusst, in der er schwebte, wollte er aus dem Wasser steigen. In diesem Moment stieß ihm Hinrik mit der Forke den Helm vom Kopf.
    Greetje schrie auf.
    »Bruder Albrecht – du!«
    »Ein wahrer Christenmensch!«, sagte Hinrik erschüttert. Verächtlich warf er die Forke zur Seite. »Wie kann jemand vor Gott knien, den Menschen die Gedanken von Liebe, Verzeihen und von Freiheit predigen und gleichzeitig solche Schandtaten begehen wie du? Geh zum Teufel, Albrecht. Nur noch der Satan wird einen Bruder in dir sehen. Es ist eine Schande für das gesamte Rittertum, dass du in einer Rüstung und als Ritter aufgetreten bist.«
    Hinrik wandte sich ab, entschlossen, nicht länger gegen diesen Mann zu kämpfen, der seinen Vater getötet, der im Auftrag Wilham von Cronens geraubt und gemordet, und der seine Position als Mönch und Lehrer im Kloster missbraucht hatte, um sich an kleinen Jungen zu vergehen.
    Der Mönch aus dem Kloster zu Itzehoe schwang das Schwert und hieb damit nach Hinrik, war jedoch zu weit von ihm entfernt, um ihn erreichen zu können. Er glitt auf dem schlammigen Grund aus, verlor das Gleichgewicht und kippte ins Wasser. Die schwere Rüstung zog ihn nach unten. Er ruderte heftig mit Armen und Beinen. Selbst wenn er hätte schwimmen können, wäre es ihm kaum gelungen, sich zu retten. Er ertrank in dem aufgewühlten Wasser.
    Hinrik nahm Greetje in den Arm. Zitternd klammerte sie sich an ihn.
    »Nimmt das denn gar kein Ende?«, stammelte sie.
    »Es ist vorbei, Liebes. Jetzt ist es vorbei«, tröstete er |552| sie und drückte sie an sich. Er wollte nicht, dass sie den Todeskampf des Mannes verfolgte, der als Henker für die Feme tätig gewesen war, obwohl gerade er sich an das göttliche Gebot hätte halten müssen, nicht zu töten. Bruder Albrecht schaffte es noch einmal an die Wasseroberfläche. Verzweifelt schnappte er nach Luft, konnte sich mit dem verletzten Bein aber nicht kräftig genug abstützen und verschwand endgültig im aufgewühlten Wasser.
    Als der Bronzene nicht mehr auftauchte, löste sich die Spannung. Greetje begann zu zittern, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich hatte solche Angst um dich«, flüsterte sie. »Lass uns verschwinden. Ich mag nicht mehr länger an diesem schrecklichen Ort sein.«
    Er strich ihr sanft über das Haar.
    »Wir müssen zuerst Heiner suchen«, entgegnete er. »Vielleicht lebt er noch.«
    »Ja, du hast recht. Und deine Wunden müssen versorgt werden. Mein Gott, wie du blutest!«
    »Nicht so schlimm«, sagte er. »Daran sterbe ich nicht. Heiner ist wichtiger.«
    Sie fing sich, griff nach seiner Hand und eilte mit ihm zu der Stelle, an der Heiner Wolfen in den Wald geflüchtet war. Blutspritzer an den Bäumen und auf den Blättern der Büsche wiesen ihnen den Weg. Der Steuermann lag auf der Seite. Sein Kopf und die Schultern waren rot.
    Greetje ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. Nachdem sie ihn untersucht hatte, stieß sie einen leisen Schrei aus: »Er lebt! Wir müssen ihn in die Festung bringen.«
    Gemeinsam drehten sie ihn auf den Rücken. Hinrik nahm ihn hoch, um ihn in die Küche der Festung zu tragen |553| , wo er ihn auf den Tisch legte. Heiner Wolfen blutete aus zahlreichen Wunden. Und nicht nur das. Der Bronzene hatte ihm den linken Arm abgeschlagen. Heiners Zustand war kritisch. Viel später hätten sie ihn nicht finden dürfen. Während Hinrik ein paar saubere Tücher auftrieb, versorgte Greetje die Wunden und stillte die Blutungen. Danach bestand sie darauf, auch Hinrik zu verarzten. Sie gab nicht eher Ruhe, bis sie sicher war, dass er außer Gefahr war.
    Hinrik ging hinaus, um die beiden Pferde einzufangen und auf den Hof zu bringen, damit sie nicht weglaufen konnten. Dann begrub er die Toten.
    Als er in die Küche zurückkehrte, schlug Heiner Wolfen die Augen auf.
    »Was ist passiert?«, fragte er so leise, dass er kaum zu verstehen war.
    »Es ist vorbei«, erwiderte Hinrik. »Wilham von Cronen und der Bronzene haben das Zeitliche gesegnet.«
    »Ihr braucht vor allem Ruhe«, fügte Greetje hinzu. »Eure Wunden werden heilen. Die nächsten Tage werden nicht leicht werden, aber dann habt Ihr es überstanden.«
    »Und Ihr? Verschwindet mit dem Gold.«
    »Keine Angst«, beruhigte Hinrik ihn. »Das wird geteilt. Die eine Hälfte für Euch, die andere
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