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Der Blutmond

Der Blutmond

Titel: Der Blutmond
Autoren: T. J. Hudspeth
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die Hand zu geben. Und alles was dazu nötig war, war das Wissen, dass sie in 36 Stunden sterben würden.
Luna presste ihr Gesicht an Ardrics harte Brust und schluchzte wie ein kleines Mädchen. Ardric schloss sie fest in seine Arme und streichelte ihr den Rücken. So verletzlich wie sie plötzlich war, fand er sie sogar ganz süß.
"Wer hätte gedacht, dass eine simple Umarmung solche Emotionen bei dir hervorrufen können", meinte er und schmunzelte dabei.
"Ich habe solche Angst, Ardric", nuschelte sie in sein Hemd.
"Das brauchst du nicht. Ich bin doch da." Er hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. Im seichten Mondlicht schimmerten sie, wie die Oberfläche einer aufgerauten See bei Sonnenschein. Eine Kindheitserinnerung, die für ihn kostbarer war, als jedes Gold der Welt. Sonst war Lunas Mimik stets starr, beinahe schon hart, doch nun wirkte sie sanft, wie die samtenen Blätter einer Rose. Ardric musste sich eigenstehen, dass er die weißhaarige Zicke mochte. Eine unsichtbare Macht zog sie gegenseitig an, woraufhin sie sich langsam näher kamen. Luna stellte sich auf die Zehenspitzen, schloss ihre Augen und traf zielsicher seinen Mund. Der Kuss verblüffte ihn. Sonst lag es bei ihm, den dominanten Part einzunehmen, wenn er eine Frau umwarb. Meist ging er dabei so beharrlich vor, dass die Damen gar nicht anders konnten, als ihm zu verfallen. Doch nun war er es, der überrascht wurde und dem so nichts anderes übrig blieb, als sich dem Moment hinzugeben. Ihre Lippen waren weich und ihr Kuss sanft und zurückhaltend. Er passte sich ihrem Rhythmus an und zog sie noch dichter an sich heran. Ihre leidenschaftliche Hingabe, ihr Duft und ihre Nähe, entfachte in ihm eine angenehme Wärme. Es genügte ein einziger, ernstgemeinter und inniger Kuss, dessen zarter Hauch es vermochte, seine Seele zu berühren und sein Herz für das zu öffnen, wofür er sich jahrzehntelang verschlossen hatte.
Auf einmal wurde ihm etwas bewusst. Liebe geschah manchmal zu den unmöglichsten Zeitpunkten, mit den scheinbar unpassendsten Partnern, die man eigentlich niemals in Betracht gezogen hätte. Doch die Liebe wusste, was sie tat, denn sie tat stets das Richtige. Ardric schob Luna abrupt von sich. Die sah ihn verwirrt an.
"Was ist? War mein Kuss etwa nicht gut?", wollte sie wissen.
"Es tut mir leid, aber ich muss augenblicklich zu Mimma. Sie hat ein Recht darauf, den zu lieben, den ihr Herz auserwählt hat." Kaum gesagt, eilte er auch schon los. Luna blieb alleine zurück. Sie war verletzt und schämte sich dafür, dass sie geglaubt hatte, der schöne Vampir hätte während des Kusses ebenso empfunden, wie sie.
"Wieso hat dein Herz nicht mich ausgewählt?", murmelte sie in die laue Nachtluft, doch Ardric war bereits aus ihrem Sichtfeld verschwunden und konnte sie nicht mehr hören.

    xxxxxxx

    "Wenn ich das Leben des Menschen retten kann, den ich liebe und dafür mein eigenes opfern muss, werde ich es tun, ohne mit der Wimper zu zucken. Dies scheint mir ein fairer Tausch zu sein, da wir doch alle sowieso sterben müssen.
So ist mein Leben zumindest keine Verschwendung.
Elester und Jinx haben Raven in diese Höhle verschleppt.Ich kann nicht anders, Ardric, ich muss ihn aus ihren gierigen Klauen retten, bevor es zu spät ist.
Es tut mir leid, dass wir uns auf diese Weise voneinander verabschieden müssen. Du warst mir in der kurzen Zeit, in der wir uns kannten, ein guter Macher und ein noch besserer Freund - trotz unserer Differenzen ;)
Ich werde dich immer lieben. Kuss. Mimma."

Sie wählte ihre letzten Worte mit Bedacht, obwohl sie nicht sicher war, dass Ardric die Notiz überhaupt noch zu Gesicht bekommen würde. Selbst wenn nicht mehr, so hatte sie zumindest ihr Seele entlastet, denn ihr Herz wog schwerer als ein Stein in ihrer Brust. Das andere Ende des Stiftes wies massive Bissspuren auf. Eine Angewohnheit aus ihrer Schulzeit, die immer dann auftrat, wenn sie angestrengt nachdachte. Sie hatte im Unterricht ein Ventil gebraucht, um die innere Anspannung abbauen zu können. Und dies tat sie, in dem sie die Enden von Stiften zernagte.
Ihr Geist war in Aufruhr. Sie brauchte lange, um die richtigen Abschiedsworte zu finden, schließlich wollte sie, dass diese etwas zu bedeuten hatten. Ein schriftliches Zeugnis für die Nachwelt. Wem auch immer die Notiz letztendlich in die Hände fallen sollte, sollte dieses Gedankengut als das anerkennen, was es war. Eine Beichte, um ihre Seele reinzuwaschen. Doch dieses Mal war sie zu geladen, um
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