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Der blinde Hellseher

Der blinde Hellseher

Titel: Der blinde Hellseher
Autoren: Stefan Wolf
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das
verboten ist, muß man...“
    „Um Gottes willen!“ wurde er
von Klößchen unterbrochen. Sein Mondgesicht war kalkweiß. „Kriege ich jetzt die
Pest?“
    Karl grinste. „Nee. Wo gibt’s
denn hier noch die Pest?“
    „Du kriegst höchstens die
Freßsucht“, lachte Gaby. „Das ist die einzige Krankheit, die Oskar übertragen
kann.“
    „Gott sei Dank nichts
Schlimmes!“ stöhnte Klößchen. „Da bin ich ja beruhigt.“
    Tarzan wollte noch eine sehr
passende Bemerkung anbringen, aber in diesem Moment wurde die Tür geöffnet.
    Gabys Vater blickte herein.
    „Hallo, Papi!“ Gaby sprang zu
ihm. Er erhielt einen Kuß auf die Wange. Die Jungs begrüßten ihn.
    Emil Glockner war Kommissar bei
der Kripo, ein hochgewachsener, kerniger Mann in mittleren Jahren. Er hatte
schütteres Haar. In seinen warmherzigen Augen lag immer ein forschender Zug.
Genaues Beobachten war ihm zur Gewohnheit geworden. Berufskrankheit — wie er
sagte.
    „Moment, Kinder!“ sagte er,
ging in die Diele zurück und legte den Mantel ab. Dann suchte er sich Gabys
bequemsten Sessel aus, den mit dem roten Rohrgestell,
    Als alle saßen, wurde sein
Gesicht ernst.
    „Es ist nett von euch“, sagte
er, „daß ihr aufs Schwimmen verzichtet habt. Aber...“ Er zögerte. Für einen
Moment sah er nachdenklich auf seine Hände, ehe er fortfuhr. „Euer Mitschüler
Volker Krause fehlte heute in der Schule, nicht wahr?“
    Erstaunt sahen die vier Freunde
ihn an.
    Tarzan sagte: „Vermutlich ist
er krank. Aber was Schlimmes wird’s wohl nicht sein.“ Er zauderte einen Moment.
In Gedanken wog er ab, ob er Volker mit der nächsten Bemerkung in den Rücken
fiel. Aber dann sagte er’s doch. Denn zu Gabys Vater konnte man wirklich
Vertrauen haben. „Es ist so, Herr Glockner: Wir haben heute eine Mathe-Arbeit
geschrieben. Und vor Mathe-Arbeiten wird Volker öfter mal krank.“
    „Dann könntest du ihm helfen.
Du bist doch in Mathe der beste.“
    „Angeboten habe ich’s. Er will
aber nicht. Es ist ihm wurscht, sagt er.“
    Kommissar Emil nickte.
Nachdenklich sah er durchs Fenster. Die Sonne war wieder hervorgekommen und
pinselte einen goldenen Schimmer auf die gegenüberliegende Hauswand.
    „Ich muß euch zum
Stillschweigen vergattern“, sagte Kommissar Glockner ernst. „Die Sache ist
dienstlich. Aber auf euch, das weiß ich, kann man sich verlassen.“
    Gespannt sahen die Kinder ihn
an.
    „Volker Krause ist nicht
krank“, sagte Kommissar Glockner. „Er schwänzt auch nicht. Er ist
verschwunden.“
    „Verschwunden?“ fragte Gaby.
    „Seit gestern abend“, nickte
ihr Vater. „Seine Eltern waren nicht zu Hause. Herr Krause besuchte eine
Versammlung des Schützenvereins. Frau Krause war mit Bekannten auf einer
spiritistischen Sitzung. Ihr wißt wahrscheinlich, wie die Krauses sind. Etwa um
Mitternacht trafen sie sich in einer Weinstube. Als sie dann zurückkamen, haben
sie nicht mehr in Volkers Zimmer gesehen. Suzanne Hivers, das Au-pair-Mädchen
aus Paris, das zur Zeit bei den Krauses wohnt, hat ihr Zimmer im Obergeschoß,
gartenseitig. Suzanne ging um neun Uhr zu Bett, schlief sehr bald — wie sie
sagt — und weiß von nichts. Deshalb vermuten wir...“ Wieder zögerte er.
    „Ja?“ fragte Gaby gespannt.
    „...daß Volker schon gestern
abend gekidnappt wurde.“
    „Er... wie?“ Das war Gaby.
    „Gekidnappt?“ fragte Klößchen
erschrocken.
    „Leider!“ nickte Kommissar
Glockner. „Denn heute vormittag erhielt Volkers Vater den Erpresserbrief. 100
000 DM Lösegeld werden gefordert. Herr Krause soll das Geld bereithalten.
Später will der Kidnapper mitteilen, wann und wo es abgeholt wird.“

     
     
     

4.
Wer ist der Kidnapper?
     
    Sekundenlag war es mäuschenstill.
Sogar Oskar stellte sein Hecheln ein. Und Klößchen, der sich gerade kratzen
wollte, hielt inne.
    „Mein Gott!“ flüsterte Gaby.
„Das ist doch nicht wahr!“
    „Leider doch!“ sagte Kommissar
Glockner. „Und ich muß euch nochmals bitten, zu niemandem darüber zu sprechen.
Der Erpresserbrief kam mit der Post. Er wurde hier in der Stadt aufgegeben.
Natürlich ist er nicht handgeschrieben, auch nicht mit Maschine. Der Text
besteht aus gedruckten Worten, die aus einer Tageszeitung ausgeschnitten und
aufgeklebt wurden. Fingerabdrücke sind nur auf dem Briefumschlag.
Wahrscheinlich stammen die vom Postboten. Der...“
    „Und die Anschrift?“ fragte
Tarzan rasch. „Ist die auch aufgeklebt?“
    „Leider ja. Aus Silben
zusammengesetzt. Es sieht komisch aus.
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