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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express
Autoren: Agatha Christie
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ist es erledigt.»
    «Aber die Rubine», sagte Van Aldin, «diese Rubine, die der Comte hatte, waren falsch.»
    «Und er hätte das Verbrechen nur wegen der Rubine begangen. Aber Sie übersehen einen Punkt, Monsieur Van Aldin. Was die Rubine angeht, ist ihm vielleicht jemand zuvor gekommen.»
    «Aber das ist ja eine ganz neue Theorie», rief Knighton.
    «Glauben Sie diesen ganzen Ringelpiez wirklich, Monsieur Poirot?», fragte der Millionär.
    «Bewiesen ist es nicht», sagte Poirot ruhig. «Bis jetzt ist es nur eine Theorie, aber ich sage Ihnen, Monsieur Van Aldin, die Fakten sind der Erforschung wert. Sie müssen mit mir nach Südfrankreich kommen und die Sache an Ort und Stelle untersuchen.»
    «Halten Sie das wirklich für notwendig – dass ich mitkomme?»
    «Ich dachte, es wäre das, was Sie selbst wünschen», sagte Poirot.
    In seiner Stimme lag ein Unterton des Tadels, der seine Wirkung auf den Millionär nicht verfehlte.
    «Ja, ja, natürlich», sagte er. «Wann wollen Sie abreisen, Monsieur Poirot?»
    «Sie haben ziemlich dringende Geschäfte vor sich, Sir», murmelte Knighton.
    Aber der Millionär hatte sich bereits entschlossen und schob die Einwände beiseite.
    «Ich glaube, dieses Geschäft geht vor», sagte er. «Also abgemacht, Monsieur Poirot, morgen. Mit welchem Zug?»
    «Wir fahren, finde ich, mit dem Blauen Express», sagte Poirot, und er lächelte.

Vierunddreißigstes Kapitel

Wieder im Blauen Express
     
    D er «Zug der Millionäre», wie er manchmal genannt wird, raste in scheinbar riskantem Tempo durch eine Kurve. Van Aldin, Knighton und Poirot saßen schweigend beieinander. Knighton und Van Aldin hatten zwei miteinander verbundene Abteile, wie Ruth Kettering und ihre Zofe auf der verhängnisvollen Fahrt. Poirots Abteil lag am andern Ende des Wagens.
    Die Fahrt war schmerzlich für Van Aldin, da sie in ihm die schlimmsten Erinnerungen weckte. Poirot und Knighton unterhielten sich bisweilen leise, um ihn nicht zu stören.
    Als der Zug jedoch seine langsame Fahrt um die ceinture beendet hatte und den Gare de Lyon erreichte, wurde Poirot plötzlich überaus lebendig. Van Aldin begriff, dass es ein Teilziel der Zugreise gewesen war, das Verbrechen rekonstruieren zu können. Poirot selbst spielte sämtliche Rollen. Er war abwechselnd die Zofe, eilig in ihr Abteil geschickt, dann Mrs Kettering, die überrascht und ein wenig besorgt ihren Gatten erkennt, und Derek Kettering, der entdeckt, dass seine Frau mit dem gleichen Zug reist. Er probierte verschiedene Dinge aus, suchte etwa nach der besten Möglichkeit, sich im zweiten Abteil zu verstecken.
    Plötzlich schien ihm eine Idee zu kommen. Er packte Van Aldin bei der Hand.
    «Mon Dieu, daran habe ich ja gar nicht gedacht! Wir müssen die Reise in Paris unterbrechen. Schnell, schnell, steigen wir sofort aus.»
    Er schnappte sich seinen Koffer und sprang aus dem Zug. Verstört, aber gehorsam folgten ihm Van Aldin und Knighton. Van Aldin, dessen Meinung über Poirots Fähigkeiten gerade erst bestärkt worden war, beschlichen Zweifel. An der Bahnsteigsperre hielt man sie auf. Sie hatten ihre Fahrkarten der Obhut des Schaffners überlassen, daran hatte in der Eile keiner von ihnen gedacht.
    Poirots Erklärungen kamen schnell, flüssig und leidenschaftlich, bewirkten aber nichts bei dem Beamten.
    «Schluss mit dem Unfug», sagte Van Aldin brüsk. «Ich nehme an, Sie haben es eilig, Monsieur Poirot. Zahlen Sie doch um Gottes willen die Karten für die Fahrt von Calais hierher und lassen Sie uns weitermachen mit dem, was Sie sich in den Kopf gesetzt haben.»
    Aber Poirots Redestrom war plötzlich versiegt, und er blieb wie versteinert stehen. Sein Arm, in einer leidenschaftlichen Gebärde gereckt, wirkte plötzlich wie gelähmt.
    «Ich bin ein Trottel», sagte er schlicht. «Ma foi, ich fange an, den Kopf zu verlieren. Kommen Sie, meine Herren, wir setzen unsere Reise ruhig fort. Wenn wir Glück haben, ist der Zug noch nicht weg.»
    Sie kamen gerade noch rechtzeitig; der Zug fuhr an, als Knighton, als Letzter der drei, sich mit seinem Koffer gerade noch auf die Plattform schwingen konnte.
    Der Schaffner machte ihnen eindringliche Vorhaltungen, half ihnen aber dann, das Gepäck in die Abteile zurückzuschleppen. Van Aldin sagte nichts, war aber sichtlich verärgert über Poirots ausgefallenes Benehmen. Als er ein paar Augenblicke mit Knighton allein war, bemerkte er:
    «Das ist ein hirnrissiges Unternehmen. Der Mensch weiß doch nicht mehr, was er tut. Bis
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