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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express
Autoren: Agatha Christie
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vergesse.» Er zog blitzschnell etwas aus der Tasche und hielt es hoch.
    «Darf ich Ihnen eine Zigarette anbieten – aus Ihrem eigenen Zigarettenetui? Es war achtlos von Ihnen, es fallen zu lassen, als Sie auf der ceinture von Paris auf den Zug gesprungen sind.»
    Knighton starrte ihn fassungslos an. Dann machte er eine schnelle Bewegung, aber Poirot hob warnend die Hand.
    «Nein, bitte nicht bewegen», sagte er mit samtiger Stimme, «die Tür zum Nachbarabteil ist offen, und unsere Freunde von der Polizei, die sich darin befinden, haben die Waffen auf Sie gerichtet. Ich habe die Tür zum Korridor geöffnet, als wir Paris verließen, und unsere Freunde haben sich dort niedergelassen. Es wird Ihnen ja nicht unbekannt sein, dass die französische Polizei Sie ziemlich dringend sucht, Major Knighton – oder sagen wir lieber – Monsieur le Marquis?»

Fünfunddreißigstes Kapitel

Erklärungen
     
    « E rklärungen?»
    Poirot lächelte. Er saß am Esstisch, dem Millionär gegenüber in dessen Suite im Negresco. Er betrachtete einen erleichterten, aber sehr verblüfften Mann. Poirot lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, zündete eine seiner winzigen Zigaretten an und starrte nachdenklich zur Decke empor.
    «Ja, ich will Ihnen Erklärungen geben. Es begann mit einem Punkt, der mir Kopfzerbrechen bereitet hat. Wissen Sie, was dieser Punkt war? Das entstellte Gesicht! Es ist nicht ungewöhnlich, entstellte Leichen zu finden, wenn man sich mit Verbrechen befasst, und natürlich stellt sich sofort eine Frage, die nach der Identität. Das war natürlich mein erster Gedanke. War die Tote wirklich Mrs Kettering? Aber das führte zu nichts, denn Miss Greys Aussage war eindeutig und sehr verlässlich, so dass ich diese Idee wieder fallen ließ. Die Tote war Ruth Kettering.»
    «Ab wann haben Sie erstmals die Zofe verdächtigt?»
    «Nicht so bald, aber eine eigenartige Kleinigkeit hat meine Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Das Zigarettenetui, das im Abteil gefunden wurde, war ihrer Aussage nach ein Geschenk von Mrs Kettering an ihren Mann. Nun war das in Anbetracht des Zustands ihrer Beziehung von vornherein sehr unwahrscheinlich. Das hat bei mir die ersten Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Ada Masons Aussagen aufkommen lassen. Hinzu kam die ziemlich verdächtige Tatsache, dass sie erst seit zwei Monaten bei Mrs Kettering war. Natürlich sah es nicht so aus, als ob sie etwas mit dem Verbrechen zu tun haben könnte; sie war ja in Paris zurückgeblieben, und mehrere Leute hatten Mrs Kettering danach noch lebend gesehen. Aber…»
    Poirot beugte sich vor. Er hob emphatisch den Zeigefinger und fuchtelte mit ihm vor Van Aldin herum.
    «Aber ich bin ein guter Detektiv. Ich verdächtige. Es gibt niemanden und nichts, den und das ich nicht verdächtige. Ich glaube nichts, was man mir erzählt. Ich sage mir: Woher wissen wir, dass Ada Mason in Paris zurückgeblieben ist? Und die erste Antwort auf die Frage schien durchaus befriedigend. Es gab die Aussage Ihres Sekretärs, Major Knighton, eines gänzlich Außenstehenden, dessen Aussage man für absolut unparteiisch halten darf, und die Worte Ihrer Tochter zum Schaffner. Aber diesen letzteren Punkt habe ich vorläufig beiseite gelassen, weil mir eine ganz merkwürdige Idee kam – eine vielleicht phantastische und unmögliche Idee. Wenn sie zufällig richtig sein sollte, wäre die erwähnte Aussage wertlos.
    Ich habe mich auf den wichtigsten Stolperstein bei meiner Theorie konzentriert, Major Knightons Aussage, er hätte Ada Mason im Ritz gesehen, nachdem der Blaue Express Paris verlassen hatte. Das schien eindeutig genug, aber bei sorgsamer Untersuchung der Fakten sind mir zwei Kleinigkeiten aufgefallen. Erstens, dass Major Knighton – merkwürdiger Zufall – auch gerade erst seit zwei Monaten in Ihren Diensten stand. Zweitens, dass der Anfangsbuchstabe seines Nachnamens ein K ist. Angenommen – nur angenommen –, dass es sein Zigarettenetui ist, das man im Abteil gefunden hat? Falls nun Ada Mason und er zusammengearbeitet haben und sie das Etui erkennt, als wir es ihr zeigen, würde sie dann nicht genau so reagieren, wie sie reagiert hat? Zuerst war sie erschrocken und hat schnell eine plausible Theorie entwickelt, die zu Mr Ketterings Schuld passen würde. Bien entendu, das war nicht die ursprüngliche Idee. Der Comte de la Roche sollte der Sündenbock sein; allerdings durfte Ada Mason ihn nicht zu gut erkannt haben, falls er ein Alibi hatte. Wenn Sie sich jetzt genau an diesen
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