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Der beschriebene Taennling

Der beschriebene Taennling

Titel: Der beschriebene Taennling
Autoren: Adalbert Stifter
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größer und ausgedehnter, als man sich in der Ferne gedacht hätte, und die Menschen sind auf ihm beschäftigt. Es liegen wie Halmen gemähten Getreides die unzähligen Tannenstämme verwirrt herum, und man ist beschäftigt, sie theils mit der Säge, die langsam hin und her geht, in Blöke zu trennen, theils von den Aesten, die noch an ihnen sind, zu reinigen. Diese Aeste, welche sonst so schön und immer grün sind, haben ihre Farbe verloren und das brennende Ansehen eines Fuchsfelles gewonnen, daher sie in der Holzsprache auch Füchse heißen. Diese Füchse werden gewöhnlich auf Haufen geworfen, und die Haufen angezündet, daher sieht man in dem Holzschlage hie und da zwischen den Stämmen brennende Feuer. An anderen Stellen werden Keile auf die abgeschnittenen Blöke gestellt, auf die Keile fällt der Schlägel, und die Blöke werden so getrennt und zerfallen in Scheite. Wieder an andern Stellen ist eine Gruppe beschäftigt, das Wirrsal der Scheite in Stöße zu schichten, die nach einem Ausmaße aufgestellt sind, und in denen das Holz troknet. Diese Stöße stehen oft in langen Reihen und Ordnungen dahin, daß sie von Ferne aussehen, wie Bänke von röthlich und weiß blinkenden Felsen, die durch die Waldhöhen hinziehen. An einer Stelle des Holzschlages ist die Hütte der Arbeiter, das ist, ein von der Erde aufsteigendes Dach, das vorne mit Stämmen gestüzt und seitwärts mit Zweigen und Reisig gepolstert ist. Sein Raum enthält das Heulager der Arbeiter, die Truhen mit ihren Kleidungsstüken, manche Geräthe und Geschirre und allerlei Anderes, was ihnen in diesem Waldleben nöthig oder nüzlich ist. Vor der Hütte brennt das Feuer, an dem sich das Mittag- oder Abendmahl bereitet. Es ist nicht viele Sorge auf Genauigkeit und Holzersparung verwendet, indem um die kochenden Töpfe gleich ganze Stämme herum liegen, die da verkohlen. Von solchen verkohlenden Stämmen rührt der schöne blaue Rauch her, den man oft tagelang aus den fernen Wäldern aufsteigen sieht. Von den Füchsen, die man in den Holzschlägen verbrennt, kömmt wenig oder gar kein Rauch; denn Anfangs brennen sie mit einem glänzenden rauchlosen Feuer, dann, wenn die Nadeln und das Reisig verbrasselt haben, und sich die dikeren Aeste in der Glut krümmen, erscheint wohl etwas Rauch, aber er ist zu machtlos, kräuselt sich dünne durch die Zweige der noch stehenden Bäume, und verliert sich am Himmel. So sieht ein Holzschlag aus, auf ihm ist Leben, Regung und scheinbare Verwirrung, an seinem Rande, wo er aufhört, ist es stille, und dort steht wieder, wie es erscheint, der feste, dichte, unerschöpfliche, ergiebige Wald.
    Wenn eine Fläche des Waldes abgeschlagen ist, wenn die Scheite geordnet, getroknet, weggeführt sind, wenn die Reisige verbrannt wurden, wenn man keine Hütte der Holzhauer mehr sieht, und die Arbeiter fortgegangen sind, dann ist der erste Theil des Lebens eines Holzschlages aus, und es beginnt nun ein ganz anderer, stillerer, einfacherer, aber innigerer. Wenn die Halde leer dasteht, wenn sie nur mehr manchen schlechten stehengelassenen Baum wie eine Ruthe gekrümmt trägt, wenn die blosgelegten Kräuter und Gesträuche des Waldes zerrüttet und welkend herurn hängen, wenn mancher nicht ganz verbrannte Reisighaufen im Verwittern begriffen, und ein anderer in den Boden getreten und verkohlt ist: dann steht die einsame verlassene Bevölkerung von Strünken dahin, und es schaut der blaue Himmel und schauen die Wolken auf das offene Erdreich herein, das sie so viele Jahre nicht zu sehen bekommen haben. - Das erste, was nach langen Zeiten herbei kömmt, um die umgewandelte Stätte zu besezen, ist die kleine Erdbeere mit den kurzen zurük geschobenen Blättern. Sie sproßt zuerst auf der schwarzen Erde einzeln hervor, siedelt sich dann um Steine und liegen gebliebene Blöke an, überranket fleißig den Boden, bis nichts mehr zu sehen ist, und erfreut sich so sehr der Verlassenheit und der Hize um die alten sich abschälenden Stöke herum, daß es oft nicht anders ist, als wäre über ganze Fleke ein brennendes scharlachrothes Tuch ausgebreitet worden. Wenn es so ist, dann sammelt sich allgemach unter ihren Blättern die Nässe, und es erscheint auch schon die größere langstielige Erdbeere mit den gestrekten Blättern und den schlanken Früchten. Es beeilt sich die Himbeere, die Einbeere kömmt, manche seltsame fremdäugige Blume, Gräser, Gestrippe und breite Blätter von Kräutern; dann die Eidechse, die Käfer, Falter und
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