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Der beschriebene Taennling

Der beschriebene Taennling

Titel: Der beschriebene Taennling
Autoren: Adalbert Stifter
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sie immer, weil man nicht wissen kann, welches Ding verwirrt oder verkehrt ist, und weil sie allein die Entscheidung hat, was in Erfüllung gehen solle und was nicht.«
    Hanns antwortete nun nichts mehr darauf.
    Die Liebe, die Zuneigung und die Anhänglichkeit wuchs immer mehr und mehr. Hanns that Alles, was ihm sein Herz einflößte. Er ehrte die Zeiten, wie es in jener Gegend gebräuchlich ist. Er sezte Hanna den schönsten Maibaum vor die Thüre, er wand das schönste Tuch um ihr Haupt und band die schönste Schürze um ihren Leib, er trug den größten Palmbaum am Palmsonntage für sie in die Kirche, er stekte sogar eine goldene Nadel in ihr Haar, er brachte ihr den schönsten Strauß von Walddingen aus seinem Schlage nach Hause, er führte sie an Sonntagen in die Kirche, und ging mit ihr, wenn schönes Wetter war, in den Feldern und Wiesen spazieren. Sogar zu Zeiten, wo es nicht schiklich war, daß er sich bei Hanna im Häuschen befand, sahen ihn die Leute unter den Föhrenstämmen und Steinen in großen Kreisen um das Häuschen herum gehen.
     
     

3. Der grüne Wald
     
    Im Herbste, da die Blätter sich mit schönen Farben zu mischen begannen, und Hannsens Schlag noch brennender, feuriger und seltsamer war, erhob sich die Sage, daß in der Gegend von Oberplan ein großes Jagen sein werde, daß der Fürst und Grundherr kommen werde, und daß ihn eine Menge Herren und Frauen begleiten würden. Die Diener hatten das Gerücht ausgebreitet, aber man wußte nicht, ob ihm die Herren eine Folge geben würden, oder nicht. So erhielt sich die Sage lange. Endlich aber erschienen wirklich einige Abgeordnete in Oberplan, welche die Voranstalten zu dem Feste machen sollten.
    Von nun an hatte das Gerücht freien Spielraum, und es ging durch die ganze Gegend.
    Im Stegwalde, hieß es, werde ein Nezjagen sein, in welchem man Gespinnste aus Seilen aufspannen und das Wild darinnen einfangen werde. Im oberen Walde, im Langwalde und an der Flaniz sollen Treibjagen sein, wie man seit Menschengedenken nicht gehört hätte, und sie sollten sich über tagelange Wälder ausbreiten. Außer dem Jagen sollen auch andere Feste angeord net sein. Auf den Oberplaner Wiesen, den nämlichen, von denen wir am Eingange unserer Geschichte gesagt haben, daß die Moldau in großen Schlangenwindungen durch sie geht, soll ein Essen sein, an dem mehrere hundert Personen würden Theil nehmen können. Wer nur wolle, dürfe zuschauen, und auf Schrägen würden Weinfässer aufgestellt sein, von denen Jedem, der mit einem Geschirr hinzu ginge, herab gelassen würde. Die Diener würden bei der Tafel aufwarten, und die angesehensten Männer der Gegend würden eingeladen sein. Außer dem Essen aber soll noch ein Tanzboden errichtet sein, auf welchem man durch unzählige Blumengewinde Tänze aufführen würde. Dieses und noch viel Anderes, das man noch gar nicht wisse, solle geschehen. In der Gegend sollen schon tausend Taglöhner zu Handlangern, Arbeitern und Treibern gedungen worden sein. Alles werde durch eine feierliche Messe in dem Gnadenkirchlein zum guten Wasser eingeleitet werden.
    Auf was sich die Leute am meisten freuten, war das Nezjagen, das sich keiner vorstellen konnte, und von dem keiner eine Ahnung hatte. Nur der achtzigjährige Schmied in Vorderstift erinnerte sich, als ganz kleiner Knabe einem solchen Jagen beigewohnt zu haben. In der Dürrau waren Strikneze und Tücher, unabsehlich zu schauen, aufgespannt gewesen, zuerst weiter, dann enger, und dann durch einen Vorhang zu schließen, wodurch das Wild in einem Raume eingesperrt war, in dem es von dem Rande der Tücher herab erschossen werden konnte. Er unterließ nie, wenn er die Sache erzählte, eines Bären zu erwähnen, der mit den andern in's Nez getrieben worden war, und der bald zum allgemeinen Ergözen diente, indem Jeder so schnell als möglich sein Geschik an ihm versuchen wollte. Da nun die Hirsche oft himmelhohe Sprünge wagten, ob sie die Leinwand übersezen könnten, ohne daß es ihnen gelang, so fuhr der Bär, der bereits verwundet war, in seiner Verzweiflung gegen das Gewebe, pakte es mit seinen Tazen, und riß von dem furchtbar starken Geflechte eine ganze Streke heraus, so daß Tuch und Nez weg waren, und daß man von den draußen stehenden Bühnen die nakten Füße und das Gerüste sammt Verlattung sehen konnte. Der Bär und der ganze gehezte Schwarm, der noch übrig war, fuhr nun mit großem Getöse durch das Loch hinaus, und Alle, die zugegen waren, mußten in ein
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