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Der beschriebene Taennling

Der beschriebene Taennling

Titel: Der beschriebene Taennling
Autoren: Adalbert Stifter
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Jägerhause zu übernachten, und dem Jagdschauplaze näher zu sein.
    Am Tage, der nun folgte, sollte das große Nezjagen sein.
    Die Bewohner der Gegend waren äußerst begierig darauf.
    Schon vor Anbruch des Taglichtes gingen die Gruppen auf verschiedenen Wegen und in gedämpften Gesprächen dem Stegwalde zu. Sie ergözten sich schon in Vorhinein an den Dingen, die kommen sollten. Das Wild, hieß es, sei schon alles in dem Nezraume eingeschlossen. Es sollen Hirsche dabei sein, Hasen, Rehe, auch Dachse, Füchse, Marder und vieles dergleichen, ein Luchs soll zugegen sein und manches seltene Thier. Ob ein Bär eingegangen sei, wisse man nicht genau, aber gewiß sei auch einer darunter. Die ganze Sache sei sehr künstlich. Der Jagdraum, in welchem sich Gesträuche, hohe Bäume, Steine und selbst Klüfte befinden, sei in einem großen Kreise von den stärksten Striknezen umfangen, die in eisernen Ringen an gehauenen Bäumen befestiget wären. Innerhalb der Neze seien Tücher gespannt, daß Alles hübscher aussähe. Außerhalb derselben befänden sich die Schießstände der Herren, und gleich hinter denen seien die Bühnen für die Zuschauer; denn die Herren hätten es selber gerne, wenn viele Zuschauer kämen und ihre Kunst bewunderten. Um die Thiere in den Raum zu bringen, seien Wege angelegt worden, nämlich Räume, an welchen zu beiden Seiten Neze empor gespannt wären; diese Räume wären zuerst sehr weit, würden immer enger und mündeten endlich mit einer Oeffnung in den Jagdraum. Da, wo diese Oeffnung sei, befinde sich eine Nezthür, die man sehr schnell von dem Boden empor ziehen und befestigen könne, damit das Wild, wenn es einmal in den Kreis eingegangen sei, nicht mehr hinaus zu kommen vermöge. Durch zehn Tage habe man schon das Wild gegen den Stegwald zusammen treiben lassen. Es seien Jäger, Heger und Treiber verwendet worden, und hätten auf der einen Seite gar bei dem Schlosse Sanct Thomas und dem Jungwalde angefangen, den Forst zu durchstreifen, und auf der andern vom Almwalde und dem Hochficht, um die Thiere gegen den Stegwald zu drängen. Damit die Herren zu ihren Schießstätten könnten, sei von der Glökelberger Straße aus ein Weg mitten durch den grünen Wald angelegt worden, auf dem man gehen, reiten und fahren könne.
    So erzählten sich die Leute und gingen fort. Sie fanden den Weg, der in den Wald hinein gemacht worden war, und gelangten zu dem Jagdraume.
    Lange bevor der Tag angebrochen war, waren schon alle Zuschauerräume dicht mit Menschen besezt.
    Nach Aufgang der Sonne kamen auch die Herren, und stiegen zu ihren Bühnen empor. Jeder hatte einen geräumigen Plaz, auf dem ein Gestelle angebracht war, an welchem die glänzenden Jagdbüchsen lehnten. Jeder hatte auch zwei Diener hinter sich, die beständig laden und die Gewehre darreichen sollten. Heute waren die Herren alle in vollem Puze und hatten die Mäntel in den Wägen, in denen sie gegen den Wald gekommen waren, liegen gelassen. An den Westen und Röken hatten sie goldene Borden, und Alle hatten kleine mit Gold ausgelegte Hirschfänger an den Schößen, sie trugen sämmtlich gepuderte Haare und darauf einen dreiekigen Hut. Die meisten waren in Tannengrün gekleidet, und nur einige hatten auch Kleidertheile von hochgelbem Lederstoffe. Wo nicht Borden waren, war häufig schöne Stikerei auf den Gewändern, und die Troddeln des auf die Weste herab gehenden Halstuches hatten goldene Fransen.
    Von den Frauen und Mädchen, die zu den Herren gehörten, war keine einzige zugegen, nicht einmal die, die doch in Jägerkleidern nach Oberplan gekommen waren. Der Schulmeister von Oberplan sagte, die Frauen dürften wohl Jägerkleider anhaben, aber nicht jagen; die Sitte erlaube nicht einmal, daß die Frauen bei dem Tödten der Thiere zugegen seien, weil sie zu zart und zu fein sind, so daß sich nur das Schäferspiel für sie schike, daß ihnen die Herren nur Blumensträuße reichen, sie mit der Laute begleiten, oder beim Menuette führen dürfen.
    Die Mädchen und Frauen der Gegend und des Landes hatten diese Gesinnungen nicht; denn es waren sehr viele zum Zuschauen herbei gekommen, und ihre Augen und Mienen verriethen fast die brennende Neugierde und das klopfende Herz. Sie waren sonntäglich gekleidet, trugen zum Theile Reifröke, zum Theile das kurze faltenreiche Rökchen und meistens auch Zwikelstrümpfe und Stökelschuhe. Manche Vornehmere hatte weißbestäubtes Haar.
    Als alle Schüzen an ihrem Plaze standen, und als auch sonst Alles in
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