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Der beschriebene Taennling

Der beschriebene Taennling

Titel: Der beschriebene Taennling
Autoren: Adalbert Stifter
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unterbrochen, bewegten sich auf der Haide, dichte Menschen, hell in den Angesichtern beleuchtet, standen um das glänzende Bauwerk, und feine Strahlen spannen sich aus dem Gewebe in die Räume hinaus. Da die Herren von den Weinen tranken, wurden sie gesprächiger, und da die Gläser und Krüge in dem Volke viel herum gingen, sprach es auch unter sich und wurde heiter. Zulezt, da an der Tafel Lebehoch ausgebracht wurden auf Seine Majestät den Kaiser, auf alle wakeren Heerführer, auf den Grundherrn, auf jeden rechtschaffenen Mann und sämmtliche schönen Frauen, da wurde die Freude allgemein, viele Gläser strekten sich, von den Händen der Herren gehalten, bei dem Linnengebäude des Speisesaales heraus, um mit dem Volke anzustoßen, und die Rufe auf das Glük und die Gesundheit Aller, die es gut mit uns meinen, und die wir lieben, tönten weit in die Nacht hinaus. Endlich wurde das Fest aus, man erhob sich von der Tafel, um sich in das Jägerhaus zu begeben. Den Beschluß des Tages machte ein schöner Zug von Fakeln, bei deren Scheine sich die Herren, von denen jeder eine Frau oder ein Jungfräulein führte, zu Fuße nach Oberplan verfügten. Das gesammte Volk ging mit. Erst als die Schüzen und Gäste ihre Herbergen gesucht, und man die Fakeln eine nach der andern ausgelöscht hatte, zerstreute sich die Menge und begab sich auf die verschiedenen Wege nach Hause. In dieser einsamen Gegend, wo selten andere Abwechslungen vorkommen, als die des Wetters, der Jahreszeiten, und fruchtbarer und unfruchtbarer Jahre, wird, konnte man vorhersagen, das Andenken an diesen Tag nicht so leicht erlöschen, und Enkel und Urenkel werden sich von dem merkwürdigen Feste, das in dem Stegwalde und in Vorderstift einst gefeiert worden ist, erzählen.
    Nach diesem Festtage sollten, wie es ausgemacht worden war, mehrere Zwischentage folgen, bis das zweite Jagen statt haben konnte. Diese Zwischentage sollten namentlich dazu dienen, daß der Grundherr manche Orte und manche Werke und Anlagen besuchen und besehen konnte, die er in dieser Gegend hatte, und zu denen er nicht so bald wieder kommen würde. Seine Gäste könnten es sich in dieser Zeit einrichten, wie sie wollten, und sich die Zeit mit Spielen, Herumgehen und andern Dingen, die sie erlustigten, vertreiben.
    Der Herr ritt mit mehreren Begleitern auf dem neugemachten Wege nach dem Hüttenwalde, und durch diesen gegen den Hüttenhof und gegen die Alm, wo er eine Viehzüchterei und Käsewirthschaft hatte, er ritt dahin, um diese Dinge zu besehen, die Waldbesamungen zu besuchen, und die Geisberge, den Urbach und die Ratschläge zu besehen. Der Weg, den er nach und nach zurükzulegen hatte, war ein sehr langer.
    Die zurükgeblieben waren, schafften Kähne herbei, und machten eine Fahrt auf der Moldau unter Schallmeien und Tannenkränzen. Dann fischten einige, dann besuchten sie Höhen, von denen man weit herum sah, oder sie gingen mit den Frauen und Fräulein in den Fluren spazieren.
    In Oberplan war wegen dieser Dinge eine ganz außergewöhnliche Stimmung. Weil die Gegend so einsam liegt, so war der Vorstellungskreis der Bewohner durch die Ankunft der Herren verrükt worden. Es kam ihnen vor, als ob Jahrmarkt wäre, oder als ob Theaterspieler gekommen wären, oder als ob zur Fastnachtszeit Vermummungen aufgeführt würden. Jeder ging nach Verrichtung seiner Geschäfte noch gerne aus dem Hause, um einem der fremden Gäste zu begegnen, oder sie gehen zu sehen, oder sonst seine Neugierde zu befriedigen. Alle waren darin einig, daß die Herren sehr leutselig wären, daß sie mit jedem Weibe und jedem Kinde sprächen und sich sehr freundlich betrügen.
    Das zufällige Nebeneinanderstehen Hanna's und des schönen jungen Herrn war nicht ohne weitere Folgen geblieben. Er hatte ausgeforscht, wer das Mädchen wäre und wo es wohne. Er war nach Pichlern zu dem weißen Häuschen gegangen, und hatte mit Hanna und der Mutter geredet. Er war öfter hinüber gegangen und hatte öfter mit Hanna geredet. Auch in Oberplan hatte er sie gesehen, wenn sie Neugierde halber hinüber kam, er hatte sie begleitet, und einmal hatte man ihn gar vor ihr im hohen Erlengebüsche auf den Knieen liegen gesehen, ihre Hand mit inbrünstigem Bitten haltend, und mit den wunderschönen Augen zu ihr hinauf blikend. Weil die andern Herren, welche zur Besichtigung mancher Werke der Gegend fortgeritten waren, viele Tage ausblieben, konnte die Sache in den Gang kommen, und Hanna auch von Empfindungen ergriffen werden. Die
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