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Der Barbar aus den Highlands

Der Barbar aus den Highlands

Titel: Der Barbar aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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fort.
    Cecily vermutete, dass Sir Fergus eine Menge Schwächen hatte, doch dann schalt sie sich stumm wegen ihrer unfreundlichen Gedanken. Bald würde sie mit diesem Mann verheiratet sein, es war höchste Zeit, an ihrem Verlobten ein paar Vorzüge zu finden. Es musste doch welche geben. Wahrscheinlich war sie zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich in Selbstmitleid zu üben und sich dazu durchzuringen, sich klaglos in ihr Schicksal zu fügen, um seine Vorzüge zu bemerken.
    »Eine gute Gemahlin sieht über die Streifzüge ihres Mannes hinweg, über seine anderen Frauen …«
    »Andere Frauen? Welche anderen Frauen?«, fragte Cecily überrascht. Diese neue Wendung in dem Vortrag, den sie nun schon sehr häufig zu hören bekommen hatte, gefiel ihr gar nicht.
    Anabel verdrehte seufzend die Augen, große, blaue Augen, auf die sie besonders stolz war. »Männer sind triebhafte Wesen, mein Kind. Sie können gar nicht anders, als es mit jeder Frau zu treiben, die ihnen ins Auge fällt. Eine Gemahlin muss lernen, solche Dinge nicht zu beachten.«
    »Aber warum? Ihr Gemahl hat vor Gott einen Schwur geleistet, genau wie sie. Es ist doch seine Pflicht, sich an das Ehegelübde zu halten.«
    Anabel vergewisserte sich, dass niemand sie beobachtete, dann zog sie Cecily noch ein Stück von den übrigen Anwesenden weg. »Sei nicht so töricht! Den Männern sind solche Dinge völlig gleichgültig. Sie betrachten es als ihr gutes Recht, mit jeder Frau ins Bett zu steigen, mit der sie ins Bett steigen wollen.«
    »Mein Vater war meiner Mutter treu.«
    »Woher willst du das denn wissen? Du warst doch noch ein Kind. Glaub mir, du wirst noch froh sein, wenn dein Mann seine Gelüste anderswo befriedigt und dich nur selten damit belästigt. Es ist eine widerliche Sache, die nur den Männern Spaß macht. Sollen sich doch die Mägde darum kümmern. Da die Männer immer einen Haufen Söhne haben wollen, wirst du ohnehin so oft damit behelligt werden, ihn in dein Bett zu lassen, dass du über solche Atempausen von Herzen froh sein wirst.«
    »Ihn in mein Bett zu lassen? Wird er denn nicht jede Nacht darin schlafen?«
    »Wie kommst du denn auf diesen seltsamen Gedanken?«
    »Meine Mutter und mein Vater haben immer ihr Lager geteilt. Ich war damals zwar wirklich noch sehr jung, aber das weiß ich ganz genau.«
    »Sehr merkwürdig«, murmelte Anabel, doch dann zuckte sie die Schultern. »Wahrscheinlich war das eine der sonderbaren Gepflogenheiten aus den Highlands. Dort oben hausen doch nur Barbaren. Du hingegen bist unter zivilisierten Menschen aufgewachsen, und es ist höchste Zeit, dass du solche Vorstellungen vergisst.«
    Cecily unterdrückte rasch das unwillkürliche Bedürfnis, die Verwandten ihrer Mutter zu verteidigen. Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass so etwas nur Ärger einbrachte. Widerworte hatten immer nur dazu geführt, dass Anabel sie mit einer anstrengenden und häufig schmutzigen Arbeit bestrafte. Manchmal hatte Cecily den Eindruck, dass Anabel sie absichtlich provozierte. Und manchmal schien es fast, als hasste Anabel die längst verstorbene Moira Donaldson, obwohl Cecily keine Ahnung hatte, was ihre liebe Mutter getan hatte, um solche Feindseligkeit hervorzurufen. Oft äußerte sich Anabel auch abschätzig über ihren Vater. Cecily verstand diese Abneigung nicht, doch leider würde sie Anabel wohl nie eine Erklärung entlocken können.
    Bei den Gedanken an ihre verstorbene Familie überkam Cecily eine Welle von Trauer. Sie starrte auf ihre Füße und kämpfte gegen die Tränen. Bald würde ihr Hochzeitstag sein, der wichtigste Tag im Leben einer Frau, und sie war umringt von Fremden und Menschen, denen sie nichts bedeutete. Wenn die alte Meg es schaffte, in die Kapelle zu schleichen oder sich heimlich zu einigen der Treffen zu gesellen, würde Cecily wenigstens wissen, dass eine Person, die sie aufrichtig liebte, in ihrer Nähe war. Natürlich weilte ihre Familie in ihrem Herzen und in ihren Erinnerungen, doch sie wünschte sich sehnlichst, sie jetzt neben sich zu wissen.
    »Kannst du dir vielleicht mal ein Lächeln abringen?«, zischte Anabel. »Meine Güte, du siehst ja aus, als ob du gleich losheulen würdest. Pass bloß auf, dass Sir Fergus dich nicht mit dieser Miene ertappt. Er würde bestimmt denken, dass du dich nicht freust, ihn zum Gemahl zu bekommen.«
    In Anabels Stimme lag eine deutliche Warnung. Wenn es dazu kam, würde Cecily sofort schwer dafür büßen müssen. Deshalb bemühte sie sich, ihr Leid zu
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