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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär
Autoren: Jacques Berndorf
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sein – und wahrscheinlich waren sie alle sieben dabei. Genau genommen müssen es acht gewesen sein, denn wir dürfen den Medizinalrat Dr. Xaver Manstein nicht vergessen. Den hatten sie wohl sicherheitshalber mitgenommen. Wir wissen auch, dass der Richter Brandscheid nach Bad Doberan an die Ostsee versetzt wurde und die Frau des Wesendonker - sie mit einem falschen Namen ausgestattet -heiratete und mit ihr Zwillinge bekam. Ihr falscher Name war Eulalia Schnigger - sie wohnte nämlich mit ihrem Mann in Schnigger Michels Haus. Denselben Namen wollte übrigens Karl-Heinrich Wesendonker benutzen, als er plante, mit der Bäuerin Maria Hansen nach Amerika durchzubrennen.«
    »Das alles können Sie beweisen?«
    »Hier ist ein Liebesbrief des Wesendonker an Maria Hansen«, sagte Rodenstock trocken und hielt ihm den Brief hin.
    Die weißen Hände des Alten krochen auf das Papier zu. Er machte »hm«, nichts sonst. Dann las er in aller Ruhe den Brief. »Sehr schön«, stellte er fest. Dann kicherte er unvermittelt. »Der fehlt mir noch in meiner Sammlung. Woher ist der Brief, wenn er doch im Gepäck der Hansen mit nach Amerika gegangen ist?«
    »Die Tragik ist«, seufzte Esther, »dass Maria Hansen diesen Brief nie bekam. Er sollte ihr zusammen mit dem Ticket für das Schiff ausgehändigt werden. Genau das aber passierte nicht. Irgendeine Panne im Büro des Reeders. Sie wusste also nichts und fing an zu zweifeln, ob Wesendonker sie weiterhin aufrecht liebte und auf jeden Fall nachkommen wollte ... «
    »Jetzt beginne ich zu begreifen«, hauchte der Alte mit ganz großen Augen.
    »Was begreifen Sie jetzt?«, fragte Emma.
    »Später, später!«, sagte er. Er machte eine unwirsche Handbewegung.
    »Wir haben noch etwas«, ließ Rodenstock in die Stille tropfen. »Wir haben die Aufzeichnungen des Arztes Dr. Xaver Manstein, den ganzen Fall betreffend. Die dürften Sie in Ihrer Sammlung auch nicht haben.«
    »Haben Sie das hier?«, fragte der Alte sehr sachlich.
    »Ja«, sagte Rodenstock und gab ihm das Kassabuch des Arztes. Dann schlug er vor: »Wir könnten tauschen.«
    Der Alte erwiderte zunächst nichts, blätterte in dem Buch des Dr. Manstein, hielt sich mit einem Kommentar zurück und gab das Buch Rodenstock. »Tauschen?«
    »Ja, tauschen«, sagte der Sohn vom Fenster her. »War doch nicht schlecht.«
    »Du halst dich da raus!«, sagte der Alte giftig.
    »Ja, Papa«, murmelte der Sohn, lächelte aber dabei.
    »Wie sind Sie eigentlich an das Material gekommen?«, fragte Emma in die Stille.
    »Tja, wie kommt man an solche Sachen. Hier mal was, da mal was.«
    »Ach, Papa!«, hauchte der Sohn vorwurfsvoll.
    »Du halst dich raus!«
    »Es war der Dorflehrer und Historiker Adam Wölber, nicht wahr? Er wollte ganz harmlos eine Chronik Gerolsteins schreiben und stieß auf den toten Tutut. War es nicht so?« Ich sah ihn aufmerksam an.
    Sein Gesicht bewegte sich nicht, die Augen weit offen starrte er gegen die Decke. »Wölber war mein Urgroßonkel«, sagte er endlich. »Er deckte die Schweinerei mit den Grundstücken unten in Gerolstein auf.«
    »Was denn für Grundstücke?«, fragte Emma.
    »Pelm-Gerolstein-Lissingen. Jede Menge Grundstücke. Sie gehörten zum Teil Adam Wölber und seinen Geschwistern. Er verkaufte sie nach und nach für den damals üblichen Preis. Er verdiente ja fast nix als Lehrer. Das war die Sache.«
    »Wer kaufte die Grundstücke denn?«
    »Die Skatrunde, die Herren im Hotel, der Stammtisch. Sie wussten etwas, was andere nicht wussten. Sie kannten nämlich die geplante Streckenführung der Eisenbahn und der Straßen, die im Zusammenhang damit gebaut werden sollten. So einfach war das. Die Herren wurden wohlhabend.«
    »Und dann entdeckte Wölber ganz nebenbei den Mord an Tutut, stimmt's?« Emma fragte sehr freundlich.
    »Dieser Zigeuner war ein bekannter Fall, den brauchte niemand zu entdecken. Sie haben ja alle darüber geredet, von hier bis Daun und Wittlich. Nein, nein, so wichtig war das zuerst nicht. Mein Urgroßonkel wollte eigentlich nur den Preisunterschied der Grundstücke zurückerstattet kriegen. Aber sie lachten ihn aus. Da schrieb er die Chronik. Und dann brannte sein Haus ab, und die Chronik verbrannte mit.«
    »Brandstiftung?«, fragte Rodenstock.
    »Das nehme ich an. Bewiesen worden ist es nie. Kein Mensch hat es untersucht. Aber er hat vorher einen Teil der Dokumente in einen Stahlkasten getan, als hätte er es geahnt. Und der Kasten lag all die Zeit in diesem Haus hier, denn hier wohnte ein
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