Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Außerirdische ist auch nur ein Mensch

Titel: Der Außerirdische ist auch nur ein Mensch
Autoren: Harald Lesch
Vom Netzwerk:
existiert. Der Gott. Denn wenn er
nicht existiert, dann könnte ich mir ja darüber hinaus etwas anderes denken, was existiert. Seine Argumentation, das werden Sie gleich sehen, ist völlig logisch und hat eine bestechende Struktur:
    1. Annahme des Gegenteils: Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann [d. i. Gott], existiert nicht in Wirklichkeit, sondern nur im Verstand.
    2. Wenn (1) zutrifft, dann kann etwas gedacht werden, das größer ist als das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann (nämlich ebendieses als auch in Wirklichkeit existierend).
    3. Wenn etwas gedacht werden kann, das größer ist als das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, dann ist das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, etwas, worüber hinaus Größeres gedacht werden kann.
    4. Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, ist etwas, worüber hinaus Größeres gedacht werden kann.
    Daher: Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann [d. i. Gott], existiert in Wirklichkeit und nicht nur im Verstand [aus (1)-(4) durch Reductio ad absurdum].

    Ist das jetzt klar? Nein? Dann noch mal mit anderen Worten.
    Der gute Anselm hat unmittelbar aus der Definition heraus, dass Gott etwas ist, über das hinaus nichts mehr gedacht werden kann, auf dessen Existenz geschlossen. Und damit hat Herr Canterbury eigentlich nichts anderes gemacht, als zu behaupten, dass Gott nicht verneint werden kann. Gott muss alles sein. Und weil er alles sein muss, muss er auch existieren.
    Es hat sich allerdings herausgestellt, dass alle diese Gottesbeweise - nicht nur der, sondern auch der von Aristoteles, die Aussage, dass es am Anfang einen unbewegten Erstbeweger geben muss -, dass die alle nicht wirklich stichhaltig sind. Und so läuft das Gerichtsverfahren gegen Gott weiter.
    Einer der größten Staatsanwälte war in diesem Zusammenhang Immanuel Kant, der gezeigt hat: Man kann weder beweisen, dass es Gott gibt, noch, dass es ihn nicht gibt. Na ja. Und was machen wir jetzt mit Nietzsche? Muss etwas, das tot ist, nicht vorher existiert haben?Aber vielleicht hat er ja recht, wenn er sagt: Gott ist eine viel zu extreme Hypothese. Ach, glauben Sie doch, was Sie wollen!

Herr Cryfftz wird Kardinal
    Nikolaus von Kues
    Cusanus - unter uns gesagt, einer meiner absoluten Lieblinge - hat von 1401 bis 1464 gelebt, und er hat sich über Sachen Gedanken gemacht, über die sich vorher noch niemand Gedanken gemacht hat.
    Er hat sich zum Beispiel Folgendes überlegt: Wie ist das mit Gott?
    Bei Gott, meinte Cusanus, müssten ja alle Widersprüche zusammenfallen. Und selbst einer der wichtigsten Sätze der Philosophie, nämlich der Satz vom Widerspruch, eine Aussage könne nicht zugleich wahr und falsch sein, würde bei Gott nicht mehr stimmen. Bei Gott müssten das Allergrößte und das Allerkleinste zusammenfallen; also, die Gegensätze müssten sich bei Gott vereinigen, ununterscheidbar sein.
    In seinem Werk »De docta ignorantia« (»Über die belehrte Unwissenheit«) verwirft Nikolaus von Kues im Sinne der negativen Theologie alle positiven Aussagen über Gott als unangemessen und insofern irreführend. Cusanus wendet sich Gott nicht zu, indem er den Anspruch erhebt, Wissen über ihn zu besitzen oder erreichen zu können, sondern indem er Wissen über sein eigenes Nichtwissen erlangt und damit eine über sich selbst »belehrte Unwissenheit«.

    Und diese »Regel der belehrten Unwissenheit« besagt, dass man nie durch Betrachtung von etwas, was quantitativ oder qualitativ vermehrt bzw. gesteigert oder vermindert werden kann, zur Erkenntnis eines absoluten Maximums gelangen kann.
    Der menschliche Verstand kann sich aber leider nur mit vermehrungs- oder verminderungsfähigen, also relativen Objekten befassen, da seine Tätigkeit ein Vergleichen von Bekanntem mit Unbekanntem ist. Gott als das Absolute und Unendliche ist dem Verstand somit prinzipiell unzugänglich.
    Das hätte man sich ja eigentlich denken können. Nur, bis Herr Cryfftz des Weges kam - so hieß Cusanus nämlich mit Familiennamen -, hatte das noch keiner gedacht.
    Das Tolle ist nun, dass dieser Ununterscheidbarkeitsbegriff für uns Astrophysiker heutzutage am Anfang des Universums steht. Wir brauchen am Anfang - also, bevor das Universum überhaupt erst richtig losgeht und auch kurz nachdem es losgegangen ist - einen Zustand der absoluten Ununterscheidbarkeit.
    Ich weiß, das hat jetzt nicht unbedingt etwas mit Gott zu tun, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher