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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes
Autoren: Karl Bleibtreu
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vermutlich als Blutfarbe durch Instinktassoziation mit Blut, als ob Tradition von Schlachthäusern
ihnen okkult zugänglich sei. Hunde schnappen nach fleischfarbenen Röcken, auch Katzen sehen rötliche Speisen
als blutig. Demnach sehen die Tiere Blut und überhaupt Rot wie wir? Nicht unbedingt, sie können auch darin eine
beliebte andere Farbe sehen, die ihre Gier und Wut erregt. Das Rindvieh wird aber wohl nicht politisch als Antimarxist Rot
hassen! Da ist nun bedeutungsvoll, daß Rot tatsächlich in okkulter Aura die Farbe böser Leidenschaft
bedeutet, man könnte also folgern, daß die Tiere gleichsam symbolisch »rot sehen«. Jedenfalls
empfinden sie an Blut erinnernde Farben gemeinsam als einen Komplex wie wir eben Rot, und daraus folgert, daß die
Lichtwirkung genau wie beim Menschen einen Farbeneindruck hinterläßt, sie daher eine der unsern sehr ähnliche
Außenwelt sehen von gleicher relativer Realität. Diese ist also auch »Vorstellung« des Tieres, womit
alle anthropomorphische Eitelkeit zerfällt. »Die Tugend ist nur, weil ich selber bin« (Tieck) könnte
auch ein gelehrter Papagei empfinden, wenn er es soweit in philosophischem Kursus brachte! Es gibt zwischen dem Menschen und
anderen Lebewesen wesentlich nur quantitative Unterschiede der Vorstellung, nicht qualitative, wobei obendrein noch
wahrscheinlich, daß die besser entwickelten Sinne vieler nichtmenschlicher Wesen ein quantitativ reicheres Bild der
Außenwelt haben. Über solche denkerische Beobachtung, die den Menschen äußerlich ganz ins Tierreich
stellt – ein gelehrter Elefant könnte eines Tages durch den Rüssel trompeten: »der Dschungel ist meine
Vorstellung!« –, darf aber der Materialist nicht frohlocken, denn alsbald tut sich eine andere Logik auf. Diese
so wenig von der tierischen verschiedene Sinnesvorstellung steigerte trotzdem den »Geist« so ungeheuer, daß
nun zwischen Jesus oder Leonardo und der höchsten Tierpsyche ein Abgrund klafft? Was folgert unabwendbar? Daß
alles, was den Menschen über die Außenwelt erhob, nicht erfahrungsmäßiger, jedem Tier zugänglicher
Wahrnehmungsvorstellung entstammt, sondern unbekannten unsichtbaren Ursachen. Abstrahieren wir sämtliche Sinne,
würde diese Psyche sich dennoch eine Innenvorstellung schaffen, selbstherrlich unabhängig von der Außenwelt.
Entspricht dies nicht sogar Mills Logik, man müsse Unwesentliches eliminieren, hier also das mit dem Tier Gemeinsame.
Wichtig bleibt nur die metaphysische Erfassung des Lichts als einer alldurchdringenden Emanation unsichtbarer Kraft, und wenn
Goethe sogar die sichtbaren Strahlen als »Abstraktion« betrachtet, so ahnt er damit die Einheit und
Immaterialität der allgemeinen Lichtquelle, denn was wir als Licht empfinden, ist genau so abstrakt unwirklich wie die
Farbe, wirklich nur die unsichtbare Einheitskraft, für welche »Licht« selber nur eine Teilschwingung
bedeutet. Genau so wie die Sonne fernwirkend auf der Erde Lebenskeime ausbrütet, zu welcher Materietat ein immaterielles
Gebot sie treibt, so erhält das Ich durch Berührung mit der Welt den Anstoß, auf der Grenzscheide des
sinnlichen Verstandes das Unsinnliche aufblitzen zu lassen. Durch die Zündschnur des Ätherlichtes bringt die
Weltvernunft dies Pulverfaß zur Explosion der »Ideen«, dafür muß aber eben schon Pulver
vorhanden sein, nämlich die Ansammlung der Vernunft (des »höheren Manas«) im Unbewußten, dem nun
freier Zugang zum Äther geöffnet wird. Doch selbst klarste Erleuchtung denkt nur in Gleichnissen, in endlichen
Relativbegriffen unendlicher Ahnung. So ist »Licht« nur ein Symbol wie alles Physikalische, während man
alles Immaterielle zugleich physikalisch auffassen kann. Alles Unvergängliche ist nur ein Gleichnis, alles
Vergängliche ist unvergänglich, das scheinbar Unzulängliche immer Ereignis, das Unbeschreibliche nicht
»hier«, sondern immer und überall getan. »Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein sinnliches
Gleichnis machen,« dies monotheistische Gebot gilt auch für monistische Einheit.
    Descartes, ohne je in Materienwahn zu verfallen, von unbedingter Tatsächlichkeit und Notwendigkeit Gottes
durchdrungen, verbannte ihn aber, vom Kosmos abgesondert, gleichsam auf eine einsame Insel, sonst hätten die Jesuiten
ihm den Ellenbogenraum für Aufdeckung des äußeren Naturmechanismus verdorben. Auch bei Bruno schielt
vielleicht Einiges, worauf Chamberlain übelwollend verweist, nach der Inquisition
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