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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin
Autoren: Andrew Britton
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beunruhigen eher diese Verletzungen, doch auch die werden heilen. Du wirst schon sehen. Es braucht nur Zeit.«
    Wieder begann sie zu weinen, und er drückte sie fest an sich, streichelte ihr Haar und murmelte ihr die richtigen Worte ins Ohr. Oder die, die er für richtig hielt. Er hielt sie in den Armen, bis ihre Tränen versiegt waren. Dann bat er sie, sich hinzulegen, und setzte sich auf die Bettkante und hielt ihre Hand, bis ihr gleichmäßiges Atmen verriet, dass sie eingeschlafen war. Als Everett klopfte, war Naomi bereits in eine andere Welt entschwunden, und im Augenblick sah es nicht so aus, als würde sie von Albträumen gequält. Er wünschte, aus dem friedlichen Anblick hoffnungsvolle Schlüsse ziehen zu können, doch er wusste es besser. Ihm war nur allzu klar, dass die Albträume zurückkehren würden.
    Letztlich war es immer so.

59
    Provinz Al Anbar, Irak
    Das Palestine Hotel war ein langweiliges Gebäude ohne jeden architektonischen Reiz. Es stand am östlichen Rand der dreihundert Kilometer nordwestlich von Bagdad gelegenen Stadt al-Qaim, keine drei Kilometer von der irakisch-syrischen Grenze entfernt. Im April 2005 hatte es hier heftige Kämpfe zwischen sunnitischen Aufständischen und dem 3rd Armored Cavalry Regiment gegeben, wie in vier anderen Städten entlang der Grenze. Al-Qaim war aber am wichtigsten, weil man es damals für den Aufenthaltsort von Abu Musab al-Sarkawi hielt, der zwar entkam, aber ein gutes Jahr später nördlich von Bagdad getötet wurde. Trotzdem waren die amerikanischen Soldaten geblieben und hatten am Stadtrand das Camp al-Qaim errichtet, wo Soldaten des 3rd Battalion des 6th Marine Regiment stationiert waren. Es war keine anderthalb Kilometer vom Palestine Hotel entfernt, aber Ryan Kealey hatte keine Lust, ihm einen Besuch abzustatten. Ihm fehlte es in dem Hotel an nichts, und er hatte ohnehin nicht vor, lange zu bleiben.
    Er saß auf einem grünen Kunststoffstuhl in dem Innenhof hinter dem Hotel, direkt an der rückwärtigen Mauer, mit einem Pappbecher mit dünner Limonade in der Hand. Ein Blick auf den Himmel ließ vermuten, dass vorläufig nicht mit einer erfrischenden Brise zu rechnen war. Die Temperatur betrug zweiunddreißig Grad, was hier im November als kühl galt, doch nach dem Schnee in den Blue Ridge Mountains war
es eine extreme Umstellung. Neben ihm lehnte ein geladenes AK-47. Der Innenhof war von gelb gestrichenen Mauern mit Stacheldraht darauf eingefasst, der von den derzeitigen Bewohnern des Gebäudes angebracht worden war. Auf dem Flachdach stand ein von Sandsäcken umgebenes Häuschen, in dem zwei bewaffnete Männer Wache schoben.
    In dem Hotel war ein zwölfköpfiges Kommando der U. S. Special Forces untergebracht, das normalerweise in Fort Campbell in Kentucky stationiert war. Sechs der Männer waren gegenwärtig als irakische Soldaten verkleidet, genau wie Kealey. Die Kampfanzüge waren fast identisch mit denen der amerikanischen Streitkräfte und kamen auch vom amerikanischen Verteidigungsministerium. Nur die Rangabzeichen waren unterschiedlich. Aber Kealey war klar, dass man ihn trotz seiner dunklen Haut und seines schwarzen Haares nur aus einiger Entfernung mit einem Araber verwechseln konnte. Aber für heute musste das eigentlich reichen.
    Er war am Vortag im Irak eingetroffen, nachdem er den größten Teil der letzten Woche im Maine verbracht hatte, um in dem Haus auf Cape Elizabeth alles für Naomis Ankunft vorzubereiten. Er hatte es genossen, all die kleinen Dinge für sie einzukaufen, die ihr das Leben ein bisschen angenehmer machen konnten. Ein Zimmer hatte er nur für sie eingerichtet, mit einem riesigen Bett und bequemen Möbeln. Er hoffte auf eine langfristige Beziehung, wusste aber, dass sie Zeit für sich brauchte, um sich zu erholen und zu verarbeiten, was ihr zugestoßen und was sie getan hatte. Harper hatte sie beide gebeten, zur CIA zurückzukehren, und Naomi mit einer attraktiven Beförderung zu ködern versucht. Aber sie hatten abgelehnt. Naomi war noch nicht so weit, um auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, und er wollte sich ganz um
sie kümmern. Tatsächlich war er jetzt nur im Irak, weil es um die Nachforschungen der CIA im Fall des FBI-Informanten Hakim Rudaki ging.
    Als das FBI Rudaki nur noch loswerden wollte, hatte die CIA den Fall übernommen und dem naturalisierten Iraner klargemacht, dass mangelnde Kooperationsbereitschaft ernsthafte Konsequenzen haben würde und dass er keinesfalls glimpflich mit einer
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