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Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex
Autoren: Eoin Colfer
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beruhigte.
    Morgen, wenn dieses Projekt erledigt ist, höre ich damit auf.
    Er blieb beim Empfangstresen stehen, bis Adamsson mit seinem Motorschlitten hinter einer Schneewehe verschwunden war, die aussah wie das Rückgrat eines Wals, und das Dröhnen des Fahrzeugs nur noch klang wie der Husten eines alten Rauchers. Sehr gut. Jetzt ist Zeit, ein paar Geschäfte zu erledigen.
    Artemis stieg die fünf Holzstufen zum Gastraum hinunter –  ausgezeichnet, gutes Omen  – und ging an einer Reihe von Säulen, die mit Nachbildungen der Stóra-Borg-Maske geschmückt waren, vorbei bis zum Kopfende des gedeckten Tisches. Die Stühle standen so, dass sie auf ihn ausgerichtet waren, und über dem Tisch hing ein leichtes Flirren in der Luft, wie an einem heißen Tag über dem Asphalt.
    »Guten Morgen, liebe Freunde«, sagte Artemis auf Gnomisch, um einen selbstbewussten, beinahe jovialen Tonfall bemüht. »Heute ist der Tag, an dem wir die Welt retten werden.«
    Das Flirren verstärkte sich, und es begann zu knistern. Neonweiße Lichtblitze zuckten auf, und verschwommen zeichneten sich Gesichter ab, wie Geister in einem Traum. Dann verfestigten sich die Gesichter, und die dazugehörigen Körper wurden sichtbar. Drei kleine Gestalten tauchten auf, wie Kinder. Aber es waren keine Kinder, sondern Repräsentanten des Erdvolks, und unter ihnen waren vielleicht die einzigen Freunde, die Artemis hatte.
    »Die Welt retten?«, sagte Captain Holly Short von der ZUP -Aufklärung. »Typisch Artemis Fowl − und das meine ich ironisch, denn die Welt retten ist ja sonst nicht so dein Ding.«
    Artemis wusste, er sollte lächeln, doch es gelang ihm nicht. Stattdessen wich er auf Kritik aus, eine Verhaltensweise, die durchaus zu ihm passte und keinen Verdacht wecken würde. »Sie brauchen einen neuen Verstärker, Foaly«, sagte er zu dem Zentauren, der ein wenig ungeschickt auf dem für Menschen gedachten Stuhl balancierte. »Das Flimmern war schon von der Veranda aus zu sehen. Und Sie bezeichnen sich als Technikprofi? Wie alt ist das Modell, das Sie verwenden?«
    Foaly stampfte mit dem Huf auf − eine lästige Angewohnheit von ihm und der Grund, weshalb er beim Kartenspielen immer verlor. »Ich freue mich auch, dich zu sehen, Menschenjunge.«
    »Und? Wie alt ist es?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht vier Jahre.«
    »Vier. Na bitte, kein Wunder bei der Zahl.«
    Foaly schob die Unterlippe vor. »Was hast du gegen die Zahl, Artemis? Der Verstärker tut’s noch die nächsten hundert Jahre. Vielleicht muss er mal neu eingestellt werden, aber das ist auch alles.«
    Holly stand auf und ging zum Kopfende des Tisches. »Müsst ihr zwei denn gleich wieder mit dem Hickhack anfangen? Ist das nach all den Jahren nicht ein bisschen albern? Ihr seid wie zwei Hunde, die ihr Revier markieren.« Sie legte ihre schlanken Finger auf Artemis’ Unterarm. »Lass ihn, Artemis. Du weißt doch, wie sensibel Zentauren sind.«
    Artemis konnte ihr nicht in die Augen sehen. In seinem linken Snowboot wippte er zwanzigmal mit den Zehen. »Meinetwegen. Wechseln wir das Thema.«
    »Gute Idee«, sagte das dritte unterirdische Wesen im Raum. »Wir sind Ihretwegen extra aus Russland gekommen, Fowl. Wenn wir uns also dem Anlass dieses Treffens zuwenden könnten …«
    Commander Raine Vinyáya gefiel es offensichtlich gar nicht, so weit weg von ihrem geliebten Polizeipräsidium zu sein. Sie war seit ein paar Jahren oberste ZUP -Chefin und legte großen Wert darauf, über jede laufende Mission im Bilde zu sein. »Da unten wartet genug Arbeit auf mich, Artemis. Die Wichtel proben den Aufstand und fordern Opal Kobois Freilassung, und wir haben schon wieder eine Fluchkröten-Epidemie. Also seien Sie so gut und kommen Sie zur Sache.«
    Artemis nickte. Vinyáya machte keinen Hehl aus ihrer Gereiztheit, und diesem Gefühl konnte man vertrauen − es sei denn, das Ganze war ein Bluff und Commander Vinyáya schwärmte heimlich für ihn. Oder es war ein doppelter Bluff, und sie war wirklich gereizt.
    Klingt verrückt , dachte Artemis. Selbst für mich .
    Obwohl sie nur knapp einen Meter maß, war Commander Vinyáya eine beeindruckende Persönlichkeit, und Artemis war nicht so leichtsinnig, sie zu unterschätzen. Nach der Zählung des Erdvolks war sie schon fast vierhundert Jahre alt, was jedoch höchstens einem Menschenalter von vierzig Jahren entsprach, und sie war eine auffallende Erscheinung: schlank und blass, mit beweglichen, katzenartigen Pupillen, wie sie bei Elfen bisweilen
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