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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition)
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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gesagt. Ihm ohne Vorwarnung direkt in die Visage geboxt. Bahm! Er hasste es, wenn seine Mutter sich diesen Kerlen für eine Nacht an den Hals warf. Mit jedem Mal verkaufte sie ihre Seele ein bisschen mehr. Zu gerne hätte er diesem Kerl, der ihm jetzt im Weg stand, den Queue in den Bauch gerammt. Stattdessen zischte er: » Mach Platz!«
    » Was hast du gesagt?« Plötzlich baute sich der Typ direkt vor Louis auf. Bauch an Bauch.
    » Dass du ’ne echt tolle Hose anhast.«
    Louis warf einen Blick über die Schulter des Typen. Hinten am letzten Tisch wartete sein Kumpel Julian hinter Schwaden stinkenden Zigarettenrauchs, um das letzte Spiel, das entscheidende Spiel zu starten.
    » Willst du mich verarschen oder was?« Der Typ gab Louis einen leichten Stoß gegen die Schulter, sodass das Bier aus den Gläsern schwappte.
    » Null.« Louis spürte wieder diese Wut in sich aufsteigen. Diese Wut, die er so schwer niederkämpfen konnte, wenn sie erstmal in ihm wach geworden war. Von einer Sekunde auf die andere konnte es dann passieren, dass er zuschlug, ohne Rücksicht auf den anderen oder auf sich selbst. Danach wusste er selbst oft nicht, wie das passiert war. Aber diesmal entschied er, dass es besser war, schnell Leine zu ziehen. Die Halsschlagader trat bei dem Typen echt beängstigend hervor, sodass man sie regelrecht pulsieren sah. » Ist mein voller Ernst. Wo gibt’s die Hose zu kaufen?«
    » Pass bloß auf, sonst zermatsche ich dir dein hübsches Mama-hat-dich-lieb-Gesicht.«
    Hätte Louis keine Biergläser in der Hand gehabt, wäre es wohl doch zu einer Prügelei gekommen. So konnte er nur Druck in seine Stimme legen und nicht in seine Faust. » Sprich nicht von meiner Mutter. Ist das klar?« Er war kurz davor, doch noch mit den Biergläsern zuzuschlagen. Aber soweit durfte er es nicht kommen lassen. Ein Verfahren wegen Körperverletzung hatte er schon laufen.
    Also drängte er sich vorbei und ging auf Julian zu, der hinten am Billardtisch stand und ihm mit seiner schwarzen Nerdbrille entgegengrinste. » Lou, du solltest mal sehen, was du für ein Gesicht machst. Total finster. Was war denn da los?«
    Louis machte eine Kopfbewegung in Richtung des Sägewerkstypen. » Vor ein paar Nächten war der bei uns zu Hause.«
    » Na und? Gönn deiner Mutter doch den Spaß.«
    » Spaß!? Diese Typen melden sich nie wieder. Und hinterher heult sie rum, weil ihr wieder von so einem Loser das Herz gebrochen wurde.« Auf der mit grünem Filz bezogenen Bande lag Louis’ Handy. » Hat Michelle inzwischen angerufen?«
    Julian schüttelte den Kopf. » Nichts. Obwohl ich die ganze Zeit wie bescheuert drauf geguckt und es beschworen habe, endlich zu klingeln. Das zumindest hat geklappt. Deine Mutter hat angerufen.«
    Louis stellte die Biergläser auf dem hohen Bord ab, das mehr oder weniger waagerecht an den Pfeiler geschraubt worden war. Seine Mutter konnte auch nie Ruhe geben. » Und was wollte sie?«
    Julian grinste und reichte Louis seinen Queue. » Ist schon kurz vor zehn und sie fühlt sich einsam. Sie wollte wissen, wann du nach Hause kommst.«
    Louis seufzte. Die Vorstellung, dass seine volltrunkene Mutter im ausgebeulten Jogginganzug vor dem Fernseher auf ihn wartete, legte sich wie eine kalte Eisenklaue um sein Herz. Wenn er Glück hatte, war sie, wenn er nach Hause kam, nicht wieder in ihrem Erbrochenen eingeschlafen. Noch mal würde er sie nicht komplett ausziehen, duschen und wieder anziehen. Erneut wählte er Michelles Nummer, ohne dass sie abnahm. Louis’ Herz klopfte. » Was soll das bloß? Habe ich ihr irgendwas getan? Will sie mir irgendwas mitteilen, was ich nicht schnalle? Haben ihre Eltern verboten, mich anzurufen?«
    » Sieh mal an!« Julian starrte zum anderen Ende des Raumes.
    Louis fuhr herum. » Was?«
    Sarah und Jens, Michelles Eltern, drängten zur Tür herein und sahen sich suchend im verqualmten Raum um.
    » Das nenne ich Glück!« Julian machte eine Kopfbewegung in ihre Richtung. » Kannst sie gleich fragen, was mit ihrer Tochter los ist.«
    Die beiden drückten sich in ihren offenen Winterjacken zwischen den Tischen hindurch. Irgendetwas stimmte mit ihren Augen nicht. Irgendetwas ganz Ungutes flackerte darin. Jens hing das karierte Hemd aus der Hose, seine Haare fielen ihm wirr in die breite, verschwitzte Stirn. Sarahs Gesicht war total verquollen. Ihre Haare hatte sie zu einem unordentlichen Dutt hochgesteckt. Immer wieder hielten sie an und zeigten den Sägewerkern ein Foto.
    Julian musste
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