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Der arme Drache (German Edition)

Der arme Drache (German Edition)

Titel: Der arme Drache (German Edition)
Autoren: Simon Heiser
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bringen, was ihn nicht
störte. Er lernte sogar noch etwas dabei, denn die Bedeutung der
meisten Menschendinge war ihm vor Maries Erscheinen kaum klar
gewesen.
    "Das
hier", sagte die junge Frau einmal "ist Teil eines
Teeservices." Sie hielt dabei eine fleckige Tasse hoch. Das
Geschirrstück sah sehr verschnörkelt und verspielt aus.
    "Teeservice."
Oliver ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen, kostete den
neuen Geschmack aus. "Was macht man damit?"
    "Es
ist dafür gemacht, Tee daraus zu trinken. Tee ist ..."
    "Ich
weiß, was Tee ist, meine liebe Marie", behauptete der
Drache neckisch. "Ich trinke ganz gern auch mal ein Fässchen
oder zwei, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Wie benutzt man diese
Tasse?"
    Marie
nahm die alte Tasse am Henkel und hielt sie mit Zeigefinger,
Mittelfinger und Daumen fest. Sie wog fast nichts und würde mit
etwas Hingabe bestimmt sehr schön aussehen.
    "Aha",
machte Oliver.
    Das
Mädchen stellte das Gefäß ab und durchsuchte das
Sammelsurium eine Weile nach weiteren passenden Stücken des
Services, als es plötzlich ein schepperndes Klirren hörte.
Oliver hatte versucht, ihr das Halten der Tasse nachzumachen,
woraufhin ihm das Porzellan aus den Klauen gerutscht war. Betreten
blickte er auf die Scherben auf dem Höhlenboden. Sein Gesicht
war zu komisch. Marie lachte laut los. Der Klang durchflutete die
Behausung mit einer solchen freudigen Energie, dass auch der Drache
kurz darauf nicht anders konnte als mitzulachen.
    "Mach
dir nichts draus. Deine Hände sind einfach zu groß für
solche Sachen", tröstete Marie.
    "Ja.
Ich hätte sowieso nichts mit der Tasse anfangen können.
Heißt es nicht bei euch, Scherben brächten Glück?"
"Das
stimmt."
    "Dann
lassen wir die zerbrochenen Stücke einfach liegen. Wer könnte
nicht ein wenig Glück gebrauchen?" Noch während er
sprach, wanderten Olivers Augen schon wieder über seine
Sammlung. Er hatte in Marie immerhin so etwas wie ein lebendes
Kompendium für Menschendinge bei sich zu Hause. Das wollte er
ausnutzen.
    "Was
ist das da?" fragte er, während er sehr vorsichtig die
kleine Statuette eines Mannes hervorkramte. Der kleine Kerl strotzte
vor Muskeln und hielt eine Diskusscheibe hinter sich, zu einem großen
Schwung bereit. Die Plastik eines Athleten, in der Bewegung erstarrt.
    "Das
hier?" So etwas stellen sich manche Menschen zur Dekoration
irgendwo hin.
    "Damit
ihr Heim schöner aussieht?"
    "Genau.
Man nennt es Figur oder Statuette. Manche von ihnen sind auch größer,
dann heißen sie Statuen. Ich glaube, dass sie Vorstellungen
zeigen, die Menschen vom Leben haben, große Taten."
    "Das
verstehe ich nicht", murmelte Oliver.
    "Ich
verstehe es auch nicht ganz", sagte Marie lächelnd. "Ich
glaube, dass viele Menschen solche Statuetten gerne ansehen, weil sie
das zeigen, was der Besitzer gerne wäre, was er gerne im Leben
leisten würde. Sie sollen die Menschen zu großen Taten
anspornen."
    "Als
würde ich mir also die Statue eines fliegenden Drachen vor die
Höhle stellen?"
    Das
Mädchen sah Oliver abschätzend an. "Ähm ... nun
ja. Kannst du denn nicht fliegen?"
    Oliver
senkte den Kopf und wiegte ihn zur Verneinung hin und her. Leise
sagte er:
    "Ich
kann schon. Aber mir wird dabei immer schlecht."
    Marie
klatschte erfreut in die Hände, was Oliver stutzig machte.
    "Ja,
du hast verstanden, was ich meine. Hättest du die Statue eines
fliegenden Drachen, könnte sie dich anspornen, richtig fliegen
zu lernen."
    "Das
ist gut", sagte Oliver grinsend. "Also brauche ich keine.
Ich komme auch zu Fuß überall gut hin. Ich bin sehr
ausdauernd, weißt du."
    Marie
glaubte es ihm.
    "Du
spielst Dame?" fragte sie mit einem Blick auf das Damebrett.
    "Jawohl.
Ich bin nicht allzu gut, aber ich gewinne ab und zu."
    "Dann
sollten wir auch mal eine Partie spielen. Meine letzte ist lange
her."
    "Gerne.
Wenn das Brett wieder frei ist", versprach Oliver.
    "Wie
meinst du das?"
    "Du
siehst, dass da gerade noch ein Spiel darauf wartet beendet zu
werden. Wenn der Luchs das nächstemal vorbeikommt, werden wir es
zuende spielen."
    "Der
Luchs?" fragte Marie verwundert.
    "Ja.
Wir spielen recht häufig."
    "Du
spielst Dame mit einem Luchs?"
    Oliver
wusste nicht, was daran so erstaunlich war. Warum sollte er nicht mit
einem Luchs spielen?
    Das
sagte er dem Mädchen.
    Marie
lachte hell, wollte aber nicht den Eindruck machen, dass sie ihn
auslachte, deshalb hielt sie die Hände vor den Mund.
    "Ihr
Drachen seid wirklich etwas Besonderes!"
    Oliver
konnte ihr immer noch nicht
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