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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
Autoren: Aufbau
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nie gehört. Mir war gar nicht klar gewesen, dass ich so sehr den Kontakt verloren hatte.
    »Während Sie schleimige Lobeshymnen genossen und sich all das Lametta angeheftet haben, war Heller mit ehrlichen Ermittlungen beschäftigt. Wissen Sie, dass er doppelt so viele Mordfälle abgeschlossen hat wie Sie?«
    Ich ächzte. Konnte sein, dass Heller das eine oder andere Mal davon gesprochen hatte. Er stürzte sich auf die sonnenklaren Fälle wie eine Katze auf ein Wollknäuel, um seine Aufklärungsrate hochzutreiben. Ich hatte ihn immer gelassen.
    »Als man ihn überging und nicht zum Direktor beförderte, wissen Sie, ich habe noch nie einen starken Mann so niedergeschlagen gesehen.« Jennings durchbohrte mich mit einem eiskalten Blick. »Er wusste, dass der Polizeidienst damit für ihn gelaufen war. Und sechs Monate später war er tot.«
    »Ich habe nie was getan, um Hellers Karriere zu schaden«, sagte ich.
    »Das brauchten Sie auch nicht. Sie sind der Inbegriff dessen, was mit dieser Abteilung nicht stimmt und was mit der gesamten Strafverfolgung nicht stimmt. Zu versuchen, in dieser Stadt ein Cop zu sein, hat Max mir mal gesagt, ist wie bis zu den Eiernin einem Fluss von Scheiße zu waten. Und einer der Gründe dafür sind Sie.«
    Ich seufzte. »Ich nehme an, dass Sie unter diesen Umständen wohl keine Recherche am Computer für mich machen werden, stimmt’s?«
    »Raus aus meinem Büro«, sagte Randall Jennings.
    »War nett, Sie kennenzulernen, Detective«, sagte ich.
    So fand ich also heraus, dass ich bei meiner Nazijagd ganz und gar nicht mit der Hilfe des Memphis Police Department rechnen konnte.
    Was ich im Fernsehen sah und nicht vergessen möchte:
    » Es hat den Anschein, als präsentierten sehr viele Filme heutzutage übergewichtige, körperlich unförmige männliche Komiker in Hauptrollen«, sagte der Talkshow-Moderator. »Was meinen Sie, warum es sich so verhält?«
    »Es handelt sich um die Begleiterscheinung einer umfassenden kulturellen Transition bezüglich unseres Begriffs von Männlichkeit«, sagte der Gast. Er näselte. Bart, Brille. Jüdischer Name. Der Text unter seinem bauchigen Kopf informierte darüber, dass er als Professor an der NYU im Fach Film lehrte. Wo mein Enkel studierte. Typisch.
    Mich durch die Gegend zu bewegen wurde zunehmend anstrengender, und daher hatte ich entschieden, die beste Strategie wäre, mein Sofa so selten wie möglich zu verlassen. Ich sah viel fern. Mir gefielen besonders die Nachrichten und Talkshows. Sie gaben mir das Gefühl, mich mit jemandem zu unterhalten, den ich einfach abschalten konnte, wenn es mir zu langweilig wurde.
    »Erläutern Sie uns das doch bitte, Professor«, sagte der Moderator.
    »Der traditionelle amerikanische, männliche Archetypus ist die Sorte Mann, die als ›tough guy‹, also sozusagen ›harter Bursche‹, bezeichnet wird. Er arbeitet mit den Händen, beschützt seine Familie, peitscht seine Sklaven und merzt die indigene Bevölkerung aus. Er tut, kurz gesagt, das, was ›tough guys‹ so tun. Im Kino des 20. Jahrhunderts nimmt diese Figur im Western oder Cowboyfilm Gestalt an, angefangen bei Gary Cooper in Zwölf Uhr mittags . Später erfanden wir urbane Gegenstücke zum Westernhelden, wie zum Beispiel den Supercop oder einen modernen Ordnungshüter, der zur Selbstjustiz neigt.«
    »Was hat sich verändert?«
    »Die Erwartung der Gesellschaft an den Mann hat sich verändert. Mehr und mehr sehen wir, dass die mächtigsten Personen diejenigen sind, die ihre Tage mit der Arbeit am Computerverbringen. Und da Amerika zwei Millionen Menschen im Gefängnis hält, bleiben nicht mehr viele böse Jungs auf der Straße, die von unseren ›tough guys‹ aufgemischt werden könnten.«
    Ich kramte zwischen den Sofakissen nach der Fernbedienung. Von Tough-Guy-Helden der Nullachtfünfzehn-Sorte hatte ich in den Fox News reichlich gesehen, doch in letzter Zeit kamen einfach zu viele von ihnen in fahnengeschmückten Holzkisten nach Hause.
    »Der ›tough guy‹ bleibt jedoch weiterhin in unserem kollektiven Bewusstsein an prominenter Stelle präsent«, sagte der Moderator. »Das Publikum strömt zu den neuen und härteren James-Bond-Filmen. Batman spielt 500 Millionen Dollar ein.«
    »Hören Sie«, sagte der Professor schmunzelnd. »Mir gefiel Jurassic Park , aber das bedeutet nicht, dass Dinosaurier heute noch eine Rolle spielen.«
    Ich schaltete um.

4
    Ein paar Tage nach Wallace’ Tod wachte ich davon auf, dass Rose im Schlafzimmer
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