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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Beine. »Alle raus! Ich bin von der Polizei!«, rief ich und rannte weiter.
    »Da ist ein Irrer mit einer Pistole«, kreischte eine Frau.
    Ich lief um den See herum, entlang den dicken Kolonnaden. Vor mir war kein Geräusch zu vernehmen. Auch keine Schüsse.
    Mit gezückter Pistole lief ich weiter, bog um die Ecke, bis ich den Hauptbau sah. Riesige korinthische Säulen ragten über mir auf, gekrönt von Heldenreliefs.
    Ich hörte Stimmen in der Ferne. Eine Frau sagte höhnisch: »Jetzt sind wir ganz allein, Nick. Nur du und ich. Stell dir nur vor. Ist das nicht romantisch?«
    Dann antwortete ein Mann, Jenks: »Schau dich doch an. Du siehst einfach erbärmlich aus. Wie immer.«
    Die Stimmen hallten aus dem riesigen Kuppelbau heraus.
    Wo steckte Chris? Wo war unsere Verstärkung?

    Die Kollegen hätten längst hier sein müssen. Ich hielt den Atem an und lauschte. Wann ertönte die erste Polizeisirene? Bei jedem Schritt, den ich tat, hörte ich das Echo über mir.
    »Was willst du?«, rief Jenks.
    »Ich will, dass du dich an sie erinnerst«, schrie die Frau. »An sämtliche Weiber, die du je gefickt hast.«
    Immer noch kein Zeichen von Chris. Ich war halb tot vor Angst um ihn.
    Ich beschloss, durch einen niedrigeren Säulengang weiter auf die Stimmen zuzugehen.
    Kaum war ich um die Ecke gebogen, erblickte ich Chris. O mein Gott! Er saß da, gegen eine Säule gelehnt, und betrachtete alles.
    Meine erste Reaktion war, ihm zuzurufen: »Chris, geh in Deckung. Sie werden dich sehen.« Es war wie eine dieser Szenen in Zeitlupe. Meine Augen waren schneller als mein Verstand.
    Dann packten mich schreckliche Angst, Übelkeit und Schmerz.
    Chris sah nicht zu, er ging nicht in Deckung.
    Die Vorderseite seines Hemds war mit Blut getränkt.
    Plötzlich war meine gesamte Polizeiausbildung vergessen. Ich wollte schreien, weinen. Mit letzter Kraft riss ich mich zusammen.
    Die beiden großen Blutflecken auf Chris’ Brust wurden größer. Meine Beine waren wie gelähmt. Irgendwie zwang ich mich, zu ihm zu gehen. Ich kniete nieder. Mein Herz raste.
    Chris’ Augen waren leer, sein Gesicht grau wie Granit. Ich tastete nach dem Puls und spürte einen kaum wahrnehmbaren Herzschlag.
    »Ach, Chris!« Ich unterdrückte ein Schluchzen.
    Als ich sprach, kehrte Leben in seine Augen zurück. Er schaute mich an. Seine Lippen öffneten sich zu einem schwachen Lächeln. Er atmete keuchend und rasselnd.
    Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich versuchte, die Blutung
zu stillen, indem ich auf die Löcher in seiner Brust drückte. »Chris, halt durch! Bitte, halt durch! Ich hole Hilfe.«
    Er griff nach meinem Arm und versuchte zu sprechen, doch es kam nur ein schwaches Flüstern heraus.
    »Bitte, sprich nicht.«
    Ich rannte zurück zum Streifenwagen und betätigte mit zitternden Fingern das Funkgerät. Endlich hatte ich die Verbindung. »Polizist angeschossen! Polizist angeschossen!«, rief ich. »Vier-null-sechs. Ich wiederhole: Vier-null-sechs.« Das war das Alarmsignal für den gesamten Staat. »Polizist angeschossen, Palace of Fine Arts. Brauche sofort Notarzt und Verstärkung. Jenks möglicherweise am Tatort. Wiederhole: Vier-null-sechs. Notfall.«
    Sobald die Vermittlung meinen Standort wiederholt und »Verstanden« gesagt hatte, warf ich das Funkgerät hin und rannte zurück.
    Als ich Chris erreichte, atmete er immer noch, allerdings ganz schwach. Auf seinen Lippen hatte sich eine Blutblase gebildet. »Ich liebe dich, Chris«, flüsterte ich und drückte seine Hand.
    Stimmen drangen aus dem Rundbau. Ich verstand sie nicht, doch es waren derselbe Mann und dieselbe Frau. Dann ertönte ein Schuss.
    »Geh nur«, flüsterte Chris. »Ich halte durch.«
    Unsere Hände berührten sich.
    »Ich decke dir den Rücken«, murmelte er mit einem Lächeln. Dann schob er mich von sich.
    Mit gezückter Waffe lief ich los. Allerdings blickte ich zweimal zurück. Chris hatte mich im Auge - er deckte mir den Rücken.
    Geduckt rannte ich die nächste Säulenreihe entlang bis zum Hauptbau. Die Stimmen hallten jetzt lauter wider. Meine Augen waren wie gebannt.
    Sie waren direkt gegenüber der Basilika. Jenks, in schlichtem weißen Hemd, hielt sich einen Arm, der blutete. Er war angeschossen worden.

    Und ihm gegenüber stand, mit einer Pistole und als Mann verkleidet, Chessy Jenks.

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    Sie sah aus wie eine bizarre Karikatur der schönen Frau, die sie war. Ihr Haar war verfilzt und rötlich grau gefärbt. Ihr Gesicht wies immer noch Spuren der Maskierung auf,
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