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Denk an unsere Liebe

Denk an unsere Liebe

Titel: Denk an unsere Liebe
Autoren: Berte Bratt
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gute, althergebrachte Heringssuppe bekommen könnte, mit viel Thymian darauf, so wie wir sie bei uns essen, da würde ich sie wahrhaftig aufessen, jawohl, das würde ich!“
    Und tatsächlich bekam er Heringssuppe. Ja, Sie können verstehen, mein Ehrgeiz war geweckt, ich gelobte mir selbst, er sollte eine Heringssuppe bekommen, die er nie im Leben vergessen würde. Und obwohl ich sehr beschäftigt war, nahm ich mir Zeit, zuzusehen, wie er diese Suppe probierte. Kein Zweifel, der Weg zum Herzen des Mannes geht durch den Magen.
    Er nahm erst einen Löffel, sehr vorsichtig – dann ganz schnell noch einen, kaute und genoß es, und endlich hatte er so viel Atem, daß er seine Bewunderung und Überraschung ausdrücken konnte. Es war das erstemal, daß er sein Lieblingsgericht aß, ohne nachher die Gräten aus dem Mund klauben zu müssen.“
    Toni verstand ausgezeichnet, daß ein großer Teller eines Leibgerichts sowohl gegen das Heimweh helfen, wie auch für die Heilung gut sein kann.
    „Sie müssen einen guten Einblick in die Verfassung der Patienten bekommen, ich hätte beinahe gesagt, in ihr Seelenleben“, versuchte Toni sich vorzutasten.
    „Ja, darauf können Sie sich verlassen. Die Patienten blicken oft auf Ärzte und Schwestern wie auf etwas Fernes und Gefährliches.
    Sie fühlen sich oft klein und unterlegen und hilflos, wenn sie so daliegen als Bett Nummer soundso, und lateinische Krankheitsbezeichnungen über ihren Köpfen schweben.
    Aber wenn dann ein ganz alltäglicher Mensch kommt und von etwas so Irdischem wie Essen redet, da fühlen sie sich mehr auf der Höhe der Situation. Und der Weg vom Essen zu den übrigen Problemen des Alltags ist nicht lang. Und viele von ihnen brauchen jemand zum Aussprechen. Ach ja, ich höre dies und das, das wissen Sie ja, Sie sind ja selber Krankenhauskurator. Finden Sie es nicht interessant?“
    „Ich liebe meine Arbeit“, entfuhr es Toni.
    „Und ich die meine“, sagte Fräulein Broberg. „Daß ich auch in Ihr Fach hineinpfusche, dafür kann ich nichts, das kommt wirklich bloß von meiner Kost und dem Zutrauen, die sie den Patienten einflößt.“
    Das Telefon läutete, und Fräulein Broberg nahm einen Bescheid entgegen.
    „Jetzt können Sie mich zu einem Patienten für Wunschdiät begleiten, Frau Löngard. Hier ist ein weißer Kittel, bitte!“
    Sie nahmen einen Fahrstuhl zur medizinischen Station hinauf und betraten ein Einzelzimmer, in dem eine ältere Dame lag.
    „Guten Morgen, Frau Jönsson. Ich bin Fräulein Broberg, die Leiterin der Diätküche hier. Ich hörte, daß Sie schlechten Appetit haben, und da dachte ich, wir könnten mal etwas extra Gutes für Sie kochen, wenn Sie uns sagen, was Sie gern mögen.“
    Die Patientin drehte ein wenig den Kopf.
    „Das ist nett von Ihnen, Fräulein – aber ich kann nicht – ich mag wirklich nichts – der Gedanke an Essen – machen Sie sich keine Umstände…“
    „Das ist aber schade. Und ich glaubte, ich könnte Sie zu Mittag mit einem delikaten Stückchen Hühnerfleisch verlocken…“
    Frau Jönsson drehte den Kopf noch eine Kleinigkeit mehr.
    „Hühnerfleisch! Nein, heutzutage kann man ja keine Hühner mehr zubereiten. Nein, in meiner Jugend, ankonnten wir kochen! Etwas Langweiligeres als ein Stück Hühnerfleisch in weißer Soße gibt es nicht, aber etwas Besseres als Hühner mit Sorgfalt zubereitet, gibt es auch nicht.“
    Frau Jönsson sah ganz verträumt aus. Fräulein Broberg lauschte andächtig. „Ich sehe schon, daß Sie eine erfahrene Hausfrau sind“, versuchte sie. Da lächelte Frau Jönsson.
    „Ja, das kann man wohl sagen. Ich habe den Haushalt geführt und gekocht volle fünfzig Jahre. Fragen Sie nur meine Söhne. Und was Hühnerfleisch betrifft…“
    „Könnten Sie mir nicht ein gutes Rezept geben, Frau Jönsson? Das heißt, wenn es kein Familiengeheimnis ist…“
    Jetzt richtete sich Frau Jönsson im Bett auf, und ihre Wangen färbte ein schwaches Rot.
    „Kennen Sie Hühnerpastete mit Spargelspitzen und Champignons? Das ist ein Gericht! Es war meines seligen Mannes Leibspeise. Heutzutage bekommt man so etwas nicht.“
    „Sie nehmen Blätterteig dazu?“ fragte Fräulein Broberg und setzte sich betulich zurecht, ganz aufmerksame Schülerin der erfahrenen Hausfrau.
    „Natürlich nehme ich Blätterteig. Der soll leicht und luftig sein, wissen Sie, und hoch, in delikaten Flocken, nicht wahr? Und das Hühnerfleisch in kleinen Würfeln, gemischt mit gehackten Champignons und eine erstklassige
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