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Denen man nicht vergibt

Titel: Denen man nicht vergibt
Autoren: Catherine Coulter
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Motorenlärm, was ihr irgendwie unsinnig erschien. Da merkte sie, dass sie mit Armen und Beinen an einen Stuhl gefesselt war. Ihr Kopf hämmerte so stark, dass ihr davon ganz übel wurde. Sie musste mehrmals schlucken, bis sie sicher war, sich nicht übergeben zu müssen. Dann hörte sie ein Stöhnen, aber es kam nicht von ihr.
    Sie blickte auf. Sie befand sich in einem kleinen, engen Raum mit jeder Menge Holz. Sie schaute nach links. Da war Sherlock, auch sie an einen Stuhl gefesselt. Ihr Kopf war nach vorn gesunken.
    Das Zimmer bäumte sich auf, bewegte sich. Da wurde ihr klar, dass sie sich auf einem Boot befanden, das sehr schnell fuhr. Der Motor dröhnte. Es roch nach Wasser und Dieselöl. Das Boot schoss hüpfend und schlingernd über die Wellen.
    Boot?
    »Sherlock, wach auf. Sherlock? Bitte komm zu dir. Du musst aufwachen.«
    Stille, dann: »Nick?«
    »Ja, ich bin’s, es geht mir gut, mir brummt bloß der Schädel. Jetzt hat er dich auch noch erwischt. Tut mir schrecklich Leid.«
    Sherlock versuchte, sich zu sammeln, schloss die Augen, bemühte sich um einen klaren Gedanken. »Nick, warte kurz, ich brauche noch eine Minute.«
    Das Boot klatschte auf dem Wasser auf, und Nick wäre fast mit dem Stuhl umgekippt.
    »Wir sind auf einem Boot, und es fährt furchtbar schnell«, erklärte sie.
    »Ja«, sagte Sherlock, »ich kann’s fühlen. Tut mir furchtbar Leid, dass ich mich von ihm hab überwältigen lassen, Nick. Na, wenigstens habe ich Dillon noch anrufen können. Jetzt wird jeder Polizist in Chicago nach uns suchen, darauf kannst du wetten.«
    »Wir sind auf Johns Boot. Ich bin ein paar Mal mit ihm rausgefahren. Es ist nicht gerade klein, eine Hatteras-Flybridge-Jacht, zwanzig Meter lang. Die sind unheimlich schnell, Sherlock. Ich weiß noch, er hat mal damit angegeben, dass sie angeblich einundzwanzig Knoten macht.«
    »Ich glaube, so schnell sind wir auch fast. Dieser Mann ist irre, Nick. Ich kann einfach nicht begreifen, wieso ein US-Senator so was tun sollte. Wie hat er uns bloß ungesehen aus dem Gebäude und auf dieses Boot geschafft? Er ist doch bekannt wie ein bunter Hund.«
    »Es ist nicht John, Sherlock. Ihr hattet Recht, es ist Albia. Der Mann, der das Boot steuert, heißt Dwight, und er ist derjenige, der schon drei Mal versucht hat, mich umzubringen.«
    Das musste Sherlock erst mal verdauen. »Weißt du, was? Im Moment komme ich mir gar nicht mehr so schlau vor, dass wir das rausgekriegt haben.«
    »Ich frage mich, wo Dwight uns wohl hinbringt?«
    Sherlock sagte nichts. Sie fürchtete, es zu wissen. Dwight würde sie zur Mitte des Lake Michigan bringen, beschweren und im See versenken. Das würde sie jedenfalls tun, wenn sie verrückt und in Eile wäre.
    »Crane Island«, sagte Nick plötzlich. »Vielleicht bringt er uns ja nach Crane Island. Albia sagt, dass John dort ein Haus samt Grundstück besitzt. Ziemlich abgelegen.«
    Nein, Sherlock glaubte nicht, dass er sie dorthin bringen würde, außer, natürlich, er hatte vor, sie zu erschießen und dort zu verscharren. Aber das musste sie Nick ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Ihr Atem hatte sich beruhigt, und sie konnte auch wieder denken. Sie schüttelte ganz leicht den Kopf, um sicher zu sein, dass sie sich nicht übergeben musste, dann hob sie den Kopf. »Du hast Recht, da drüben steht der Bootsname. Nick, mein Handy ist in meiner Tasche. Wir müssen uns befreien und Hilfe rufen. Wie fest sind deine Fesseln?«
    Es dauerte einen Moment, dann antwortete Nick: »Ziemlich fest, aber die an den Fußgelenken sind nicht so schlimm.«
    »Meine sind auch ziemlich fest. Okay, glaubst du, du kannst bis zu mir rücken?«
    »Ja, Sherlock.«
    Nick hatte es fast geschafft, als das Boot einen besonders heftigen Sprung machte und sie umkippte. Sie schlug mit dem Gesicht auf dem dünnen Teppich auf. Keuchend lag sie einen Moment da und versuchte, sich zu orientieren.
    »Nick, ist dir was passiert?«
    »Nein, aber ich weiß nicht, ob ich jetzt noch zu dir rüberkomme, Sherlock.«
    »Ich habe meine Fußfesseln ein bisschen lockern können. Mal sehen, ob ich zu dir hinkommen kann.«
    Es kostete Zeit, kostbare Zeit, aber schließlich war Sherlock bei Nick. »Also gut, es bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss mich umkippen und sehen, dass ich so weit an dich rankomme, dass ich deine Hände losbinden kann.«
    Sherlocks Stuhl kippte. Sie blickte über die Schulter. Sie war zu weit von Nicks Handgelenken weg. Sie schob und rutschte und wand sich, Nick
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