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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2
Autoren: Rachel Ward
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kommt.
    Dann höre ich es. Ich rühre mich nicht, horche. Es ist ein Geräusch, das ich nur allzu gut kenne, es ist ein Teil von mir. Val steht hinter mir im Flur. Auch sie ruft. Ich drehe mich um und lege ihr eine Hand auf den Arm.
    »Psst. Hör mal.«
    »Es ist zu gefährlich, Sarah. Wir müssen hier raus.«
    »Hörst du sie nicht?«
    Sie steht da und legt den Kopf zur Seite.
    »Nein, Sarah, tut mir leid. Ich hör nichts.«
    Über uns gibt es plötzlich ein gewaltiges Krachen und das entsetzliche Geräusch von splitterndem Holz. Wir fassen uns an den Händen und ducken uns gemeinsam, halten die Arme schützend um den Kopf.
    Ich schreie auf, als mich irgendwas Großes an der Schulter trifft. Der Lärm scheint ewig weiterzugehen, das Splittern, Ächzen und etwas, das um uns herum zu Boden rieselt. Als es endlich wieder verstummt, öffne ich einen Spalt breit die Augen und schaue durch den Schutzschild meiner Arme. Ich kann den Flur kaum mehr sehen. Ein weiteres Stück der Decke ist runtergestürzt und hat das Geländer und die Hälfte der Treppe mitgerissen. Nicht nur der Vorderteil des Hauses steht jetzt in Flammen, auch die Rückseite brennt. Überall um uns herum Feuer. Ich löse mich ein wenig aus meiner Kauerhaltung und schaue nach oben. Ich sehe direkt bis zum Dach, in dem sich ein Loch von drei, vier Metern Durchmesser zum Himmel auftut. Die Lücke erzeugt einen Sog, überall ringsum werden die Flammen angesogen und prasseln hinaus in die Höhe.
    »O Scheiße«, sagt Val. »Wir müssen hier raus, Sarah. Wir müssen weg.«
    Ihre Haare sind von Staub und Asche bedeckt und es regnet weiter auf sie herab, lässt sich auf ihrem Gesicht nieder, auf den Wimpern.
    »Ich hab sie gehört, Val«, sage ich. Sie schaut zum Dach hoch und dann wieder runter zu mir. Die Pupillen geweitet vor Angst.
    »Wohl kaum«, sagt sie. »Ich denke, du wolltest sie hören.«
    »Glaubst du, ich erkenne die Stimme meiner eigenen Tochter nicht?«
    »Doch, aber …«
    »Sie lebt. Hier irgendwo. Ich weiß es.«
    Sie legt ihre Hände auf meine Schultern.
    »Das halbe Haus ist schon eingestürzt. Sie kann überall sein.«
    »Sie ist ganz in der Nähe. Ich hab sie gehört. Ich kann sie nicht zurücklassen. Sie braucht mich.«
    »Es ist nicht mehr sicher. Wir müssen hier raus.«
    »Ich kann nicht.«
    »Sarah, wenn sie da drunter ist«, und sie nickt zu dem Schutthaufen, wo mal das Wohnzimmer war, »dann kommen wir von hier nicht an sie dran. Wir müssen von oben ran. Wir müssen wieder raus, solange es noch geht.«
    Über unseren Köpfen tut es einen lauten Schlag.
    »Bitte, Sarah.«
    Wir schauen beide nach hinten den Weg entlang, den wir gekommen sind. Eine Feuerwand füllt den Eingang zur Küche, gelb-orangefarbene Zungen lecken nach oben durchs Dach, recken sich dem Himmel entgegen. Doch mittendrin, im Zentrum des Flammenmeers ist etwas Dunkles, eine dunkle Gestalt, ein Schatten. Die verschwommenen Ränder werden schärfer und wir schnappen beide nach Luft. Es ist ein Mann, der durch die Flammen auf uns zukommt.
    Mein Dad. Mein Dad ist hier.
    Aber das kann nicht sein. Er ist tot. Ich habe Ihn gesehen. Ich habe den Hauch des Todes an Seinem Hals gespürt. Das ist nicht Er, das ist …
    »Adam«, haucht Val. »O mein Gott, es ist Adam.«
    Sie taumelt vorwärts und stürzt in seine Arme, als er aus dem Feuer tritt. Er sieht anders aus, älter vielleicht. Ich blinzle und der Albtraum macht sich in meinem Kopf breit. Der Fremde mit dem vernarbten Gesicht nimmt mir das Baby und geht in die Flammen.
    Mein Baby. Mein Baby. Wo ist Mia?
    »Es sind nur vier Schritte, dann bist du durch die Flammen durch«, schreit Adam, um sich in dem Lärm verständlich zu machen. »Sieh zu, dass du rauskommst, Oma. Ich bin jetzt da. Ich mach das schon.«
    Sie klammert sich an seinen Arm, ihre tiefen haselnussbraunen Augen forschen in seinem Gesicht.
    »Oma, ich diskutier nicht. Geh. Vier Schritte und du bist draußen. Wir werden direkt hinter dir sein.«
    Sie nickt. »Okay«, sagt sie. »Adam …?«
    »Nicht jetzt. Geh einfach. Wir sehen uns in einer Minute.«
    Er legt ihr den Arm um die Schultern und lenkt sie behutsam in die richtige Richtung. Sie schaut noch mal zu ihm hoch, dann bewegt sie sich halb gehend, halb rennend auf die Küche zu. Einen Moment lang wird sie zu einer Silhouette, so wie er vorher, dann ist sie fort.
    »Adam …«, sag ich, aber dann sprech ich nicht weiter. Ich hör es wieder – einen schwachen Schrei, wie von einem Tier – und auch
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