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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2
Autoren: Rachel Ward
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bitte …«
    »Nein, Oma.«
    »Gehen Sie von der Tür weg! Treten Sie zurück!«
    »Adam …«
    Ein Vorschlaghammer zertrümmert das Schloss. Danach wird die Tür selbst geschreddert. Im Flur stehen zwei Soldaten, der eine mit dem Vorschlaghammer, der andere mit einem Gewehr in der Hand. Das Gewehr ist genau auf die Wohnung gerichtet. Es zeigt auf uns. Die Soldaten checken mit einem kurzen Blick den Rest der Wohnung.
    »Okay, Ma’am«, sagt der mit dem Gewehr. »Ich muss Sie auffordern, das Hindernis beiseitezuräumen und das Gebäude zu verlassen.«
    Oma nickt.
    »Adam«, sagt sie, »schieb das Sofa zur Seite.«
    Ich starre auf das Ende des Gewehrlaufs. Ich kann meinen Blick nicht mehr abwenden. In der nächsten Sekunde, vielleicht weniger als einer Sekunde, könnte alles vorbei sein. Das wär’s. Ich muss nur einen Schritt auf ihn zu machen. Wenn es meine Zeit, mein Tag ist, dann war’s das. Wie lautet meine Zahl? Bin ich heute dran?
    Der Gewehrlauf ist sauber, glatt und gerade. Werde ich sehen, wenn die Kugel herauskommt? Ob es Rauch gibt?
    »Verpiss dich«, sage ich. »Nimm deine Scheißwaffe und verpiss dich.«
    Und dann passiert alles gleichzeitig. Der Typ mit dem Vorschlaghammer wirft ihn zur Seite und schiebt das Sofa in den Raum wie ein Rugbyspieler, der Typ mit dem Gewehr kippt es hochkant und folgt dem andern in die Wohnung und Oma knallt mir eine voll ins Gesicht.
    »Hör zu, du kleiner Scheißkerl«, zischt sie mich an. »Ich hab deiner Mum versprochen, dass ich auf dich aufpasse, und genau das werde ich auch tun. Ich bin deine Oma und du tust, was ich dir sage. Hör endlich auf mit dem Mist. Wir gehen. Und hüte deine Zunge. Das hab ich dir schon mal gesagt.«
    Mein Gesicht brennt, aber ich bin noch nicht bereit, nachzugeben. Das hier ist mein Zuhause. Sie können mir doch nicht mein Zuhause wegnehmen, oder?
    Sie können.
    Die Soldaten packen mich links und rechts am Arm und schleppen mich aus der Wohnung. Ich wehre mich, aber sie sind stark und sie sind zu zweit. Bevor ich wieder denken kann, bin ich am Ende des Flurs, den Notausgang hinunter und sitze im Schlauchboot am Ende der Treppe. Oma lässt sich neben mir nieder, stellt die pralle Mülltüte zwischen ihre Beine, legt mir den Arm um die Schultern und weg sind wir. Langsam tuckern wir durch die überfluteten Straßen.
    »Ist gut, Adam«, sagt sie. »Alles wird gut.«
    Einige Leute in unserem Boot weinen leise vor sich hin. Aber die meisten Gesichter sind ausdruckslos. Ich bin immer noch wütend, fühl mich gedemütigt. Ich kann nicht verstehen, was gerade passiert ist.
    Ich hab nichts von meinen Sachen dabei. Vor allem nicht mein Buch. Wieder bekomme ich Panik. Ich muss raus aus dem Boot, zurück. Ohne mein Buch kann ich nicht weg hier. Wo hab ich es liegen gelassen? Wo hatte ich es zuletzt? Auf einmal spüre ich etwas Hartes an meiner Hüfte. Ich fasse mit der Hand an meine Tasche. Natürlich, da ist es. Ich hab es nicht vergessen – ich hab es dabei, wie immer.
    Ich entspann mich, zumindest ein bisschen. Und dann wird es mir schlagartig bewusst. Wir gehen wirklich. Wir verschwinden. Vielleicht seh ich die Wohnung nie wieder.
    Ich habe einen dicken Kloß im Hals. Ich versuche ihn runterzuschlucken, doch er will nicht. Ich spür, wie mir die Tränen kommen. Der Soldat, der das Boot steuert, beobachtet mich. Ich werde nicht weinen, nicht vor ihm, nicht vor Oma und auch vor den andern Leuten nicht. Die Genugtuung werde ich ihnen nicht geben. Ich kralle die Fingernägel in den Handrücken. Die Tränen sind immer noch da und wollen hinaus. Ich kralle tiefer, damit der Schmerz alles andere überdeckt. Ich werde nicht weinen. Nein. Auf gar keinen Fall.
    Am Transitzentrum stehen wir für die Registrierung an. Die eine Schlange ist für Leute, die einen Ort haben, wo sie unterkommen können, die andere für die, die keinen haben. Oma und ich haben keinen Chip im Körper, deshalb müssen wir den Ausweis zeigen und Oma füllt für uns beide Anträge zum Transport nach London aus. Sie heften einen Zettel mit einer Nummer an unsere Mäntel, als ob wir einen Marathon laufen würden, dann treiben sie uns in eine Halle und fordern uns auf, zu warten.
    Jemand teilt warmes Essen und Getränke aus. Wir stellen uns von Neuem an. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, als wir uns der Ausgabe nähern und ich das Essen sehen und riechen kann. Vier Leute sind noch vor uns, als ein weiterer Soldat in die Halle kommt und Nummern in die Menge brüllt, darunter
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