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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2
Autoren: Rachel Ward
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ist mit ihrem Rad neben mir stehen geblieben.
    Ich hebe die Hand an meinen Mund und nicke.
    »Ich kann das nicht«, sage ich. Die Worte kommen geflüstert heraus. »Ich glaube nicht, dass ich das kann.«
    Val streckt die Hand aus und legt sie mir auf die Schulter.
    »Du musst. Sie ist deine Tochter.«
    »Das Haus … meine Eltern …«
    »Ich werde bei dir sein. Wir sind jetzt da. Wir sind da.«
    Ich schlucke schwer.
    »Okay«, sage ich. »Dann los.«

ADAM
    Ich bin ganz dicht hinter ihnen. Wenn ich ein Hund wäre, könnte ich ihren Geruch aufnehmen. Ich wünschte, ich wär ein Hund – dann wüsste ich, dass ich auf der richtigen Spur bin.
    Ich bin voller Zweifel, besorgt, ich könnte mitten durch London zum falschen Ort jagen und alles spielt sich in Wirklichkeit ganz woanders ab, an einem Ort, den ich nicht kenne. Aber das versuche ich zu verdrängen. Ich habe entschieden, was zu tun ist – jetzt muss ich handeln.
    Als ich zu Omas Haus kam, war es so dunkel, dass ich das ganze Ausmaß nicht erkennen konnte. Jetzt, im Tageslicht, ist das, was das Erdbeben angerichtet hat, schwindelerregend. Etwas so Stabiles, so Großes und Komplexes – eine ganze Stadt –, und alles ist nur noch ein einziger Schutthaufen. Nachdem so viele Gebäude eingestürzt sind, hat London auf einmal viel mehr Himmel. Und es ist sonnig heute, der erste sonnige Tag seit Wochen. Zu sonnig, um angenehm zu sein. Auch ohne geblendet zu werden, ist es schon schwer genug herauszufinden, welchen Weg man nehmen soll.
    Ich halte den Blick gesenkt, weg vom Himmel, und versuche, nicht die Menschen anzusehen, die sich hier und da versammelt haben, die Leichen, die auf der Straße aufgebahrt liegen. Es laufen so viele Dramen ab. Ich habe sie kommen sehen, monatelang haben sie in meinem Kopf existiert, und sie waren wahr. Alles war wahr. Vielleicht sollte ich zufrieden sein? Wovor ich die Menschen warnen wollte, ist passiert. Ich hatte Recht, nicht? Aber so fühl ich mich nicht, kein bisschen. Ich fühle den Horror des Ganzen, ich spüre ihn überall in den Knochen. Ich fühle mich leer und nutzlos. Ich habe versucht zu helfen und die Leute sind trotzdem gestorben. Hunderte und Aberhunderte von Menschen. Sie sterben noch immer überall um mich herum.
    Aber ich will nicht aufhören, es zu versuchen. Ich will nicht aufgeben. Immer wieder schaue ich hoch, suche nach Sarah und Oma. Ich nähere mich jetzt der Gegend, wo Sarah früher gewohnt hat. Einige der Häuser wirken unversehrt und ich versuche mir schon einzureden, dass alles gut gehen wird. Ich werde hinkommen und sie finden. Sarah und Oma und Mia. Und vielleicht werden sie sich mit Sarahs Eltern streiten und Oma wird ihnen gehörig die Meinung sagen … Doch dann sehe ich den Rauch, eine schwarze Säule, die in den blauen Himmel steigt.
    Und ich erinnere mich …
    Sarahs Albtraum.
    Die Flammen.
    Die Hitze.
    Die Panik.
    Einen Augenblick bleibe ich stehen und denke nach. Dies ist der einzige Ort, an dem ich nicht sein sollte. Ich sollte umkehren und fortgehen. Vielleicht wird dadurch ja Mia gerettet. Aber es ist der Feigling in mir, der da spricht. Ich habe Angst vor Feuer. Ich habe Angst vor dem Sterben. Doch ich weiß, ich muss es tun. Sarah hat es gesehen, eine Vision dessen, wie es geschehen wird. Ich bin in dem Albtraum bei ihr. Sie hat Angst. Sie hasst mich. Ich nehme ihr Mia weg.
    Aber ich bin nicht hier, um jemandem wehzutun. Ich bin hier, um Mia zu retten. Ich hasse die Zahlen. Ich will sie ändern. Ich will sie auslöschen, und wenn mir das nicht gelingt, dann werde ich eben bei dem Versuch sterben.

SARAH
    Das Einzige, was ich will, das Einzige, was ich je wollte, seit sie mir Mia weggenommen haben, ist, sie wiederzusehen. Sie in meinen Armen zu halten.
    Als ich den Rauch über den Dächern aufsteigen sehe, weiß ich, es ist das Haus meiner Eltern, und ich werde zurückgeworfen in meinen Albtraum. Er ist ein Jahr lang als Schleife in meinem Kopf gelaufen, während mich draußen, in der realen Welt, das Leben gequält hat. Hier ist deine Tochter, hier ist Adam, es kommt, es wird wahr. Jetzt weiß ich, dass es an der Zeit ist und beide Welten zusammenkommen, Vision und Wirklichkeit, Zukunft und Gegenwart. Aber alles ist verquer. Ich bin mit Val hier. Kein Adam in Sicht. Doch mit oder ohne ihn, ich muss es tun. Ich werde in meinen Albtraum hineinmüssen.
    Mir ist übel.
    Ich weiß nicht, ob Mia lebt oder tot ist. Ich fühle , dass sie lebt, aber vielleicht ist das nur Wunschdenken. Ich
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