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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren
Autoren: Jürgen Frömmert
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Polizeidirektor vergleichbar. Weiter berichtet er, dass
er vor drei Monaten zu Hause losgepilgert ist. Wie er im öffentlichen Dienst so
viel Urlaub zusammen bekommt, interessiert mich mächtig, denn davon gibt es
eigentlich permanent zu wenig. In der Schweiz würde man, so sagt er, pro 10
Jahre Dienstzeit einen kompletten Jahresurlaub zusätzlich bekommen. Er hat
genau so viele Dienstjahre wie ich und hat die 90 Tage einfach zusammen
genommen. Das macht, obwohl ich diesen Wesenszug eigentlich bei mir noch nie so
intensiv bemerkt habe, neidisch.
    Unsere drei Tischgäste bestellen
sich reichlich zu Essen und zu Trinken. Wir bleiben bei Rotwein, denn heute
Abend ist unser Abschlussabend, den wir in dem Lokal in der Nähe unserer
Unterkunft verbringen wollen.
    Weiter berichtet der Kollege, dass
er bestohlen wurde und alles Bargeld, Ausweis und Scheckkarten auf diese Art
und Weise weggekommen ist. Über die Botschaft seines Heimatlandes hat er unter
Mühen Ersatzdokumente bekommen und konnte sich mit einer Blitzüberweisung Geld
von zu Hause schicken lassen.
    Seine Pilgertour musste er
aufgrund eines Krankheitsfalles in seiner Familie unterbrechen. Als er die
Pilgertour wieder aufgenommen hat, ist er mit dem Auto aus der Schweiz bis nach
Santiago gefahren, hat es in der Tiefgarage abgestellt und ist dann mit dem Zug
zu seinen Ausgangsort zurückgekehrt, um dort die Pilgerreise wieder
aufzunehmen. Er macht sich wenig Hoffnung, dass das Auto noch in der Tiefgarage
steht. Ein lustiger Mensch.
    Als unsere Gäste aufbrechen und
bezahlen, bleibt für uns wieder die Ruhe. Die versüßen wir uns mit einem
Abschlussrotwein hier. Weil die Sonne jedoch weiter gezogen ist und wir nun im
relativ kühlen Schatten sitzen, wollen auch wir verlegen. Beim Anfordern der
Rechnung bleibt ein Betrag von 2,60 € von unseren Gästen offen, den wir schweren
Herzens übernehmen müssen. Es ist schon komisch. Bereits bei unserer ersten
Begegnung hatte ich so ein Gefühl, dass so etwas passieren würde. Ob dafür
allerdings die beiden Süddeutschen, der Schweizer oder die Kellnerin
verantwortlich ist, bleibt uns verborgen. 2,60 €, es lohnt nicht wirklich sich
darüber aufzuregen.
    Auf geht es die hundertstufige
Treppe herunter zu dem Lokal, wo wir gestern die Niederlage des FCB verdauen
mussten. Die Terrasse liegt im gleißenden Sonnenschein. Ohne Sonnenbrille wird
man hier blind. Wir gönnen uns einen Roten nach dem anderen. Der Wirt,
Alejandro, gibt uns irgendwann den Tipp, besser auf eine Flasche umzusteigen,
dass sei günstiger. Guter Tipp.

     
    Gegen Abend wechseln wir von der
Terrasse in den Gastraum. Nun wollen wir lecker essen. Timo und ich wollen uns
für gebratene Gambas in Knoblauchöl entscheiden, aber der Wirt empfiehlt uns
dringend, den Pulpo (Tintenfisch) in Knoblauchöl zu probieren. Nach etwas
Bedenkzeit machen wir das auch. Man soll auch mal etwas anderes probieren.
Siggi nimmt lieber etwas bewährtes. Der Pulpo erweist sich als die goldene
Wahl. Super lecker.
    Mit Alejandro sprechen wir über
den Jakobsweg. Es ist ihn kurz vor uns mit einem Freund zusammen gefahren und
er drängt darauf, dass wir uns sein Mountainbike ansehen. Das kann man nicht
abschlagen. Als Laie würde ich sagen, dass es mit unseren Rädern identisch ist,
was Schaltung und Bremsen angeht. Natürlich lobe ich es in den höchsten Tönen,
ohne jedoch überheblich zu werden. Das ehrt ihn sichtlich.
    Zu unserem Vermieter, Manolo,
meint er, dass dieser ein „Pirata“ sei. Nun, beschwichtige ich ihn, wir haben
für 5 Tage 250 € bezahlt. Das war bestimmt kein Schnäppchen, aber auch nicht zu
teuer, wenn man bedenkt, dass wir die Räder unterstellen und eine Küche mitbenutzen
konnten. Das war unter dem Strich schon in Ordnung.
    Den Abschluss des schönen Tages
bilden einige Baccardi, die uns letztlich eine wohlige Bettschwere verleihen.

     

23.05.2012
Mittwoch
    Tag 33
    Santiago de Compostela
(E) – Münster (D)
    Heute geht es zurück nach Hause.
Wir kommen ziemlich früh in die Hufe. Timo geht nach dem Duschen zum Bäcker und
holt Brot. Alles andere haben wir schon gestern gekauft. Siggi und ich machen
das Frühstück klar und packen unsere Sachen. Als Timo wiederkommt, wird gefuttert,
abgewaschen und gepackt. Manolo zieht schon unsere Betten ab und legt sie über
die Stühle, wo zu diesem Zeitpunkt auch noch Sachen von uns liegen. Es hat
keine Zeit zu verschwenden. Die nächsten Pilger können jeden Augenblick
eintreffen.
    Wir verabschieden uns und
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