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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein
Autoren: Elliott Hall
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Märtyrer war vorprogrammiert.
    »Und wenn es kein Atheist war?«
    »Dann werden wir den verantwortlichen Dschihadisten dahin befördern, wo er nie wieder jemandem schaden kann«, sagte White
     und zeigte nach unten. Er hatte nicht so sehr ein Kinn als ein Stück Knorpel, das vibrierte, wenn er nachdrücklich wurde.
     »Da endet er ja sowieso. Wir sorgen nur dafür, dass er es zwei Meter weniger weit hat.« Er erwartete, dass ich lachen würde,
     aber so höflich bin ich nicht.
    »Ich bin mir sicher, Ihnen ist der Ernst der Lage bewusst«, sagte White, und ich spürte, dass er sich für einen Vortrag in
     Fahrt redete. »Wir werden von Feinden belagert, ausländischen wie inländischen. Islamofaschisten greifen unsere Helden im
     Heiligen Land an. Atheisten und ihre liberalen Werkzeuge beschädigen die Fundamente unserer Gesellschaft durch sexuelle Freizügigkeit
     und das Hätscheln von Terroristen. Wir müssen den Mörder finden. Wenn das amerikanische Volk von dieser Schreckenstat hört,
     könnte es sonst den Kampfesmut verlieren   …« Er ließ den Satz in der Luft hängen, wie immer bei seinen Hetzreden, um dem Zuhörer Gelegenheit zu geben, sich selbst auszumalen,
     welchen Ausgang er am beängstigendsten fände. »Ein volles Geständnis, insbesondere was die Inszenierung des Todesfalls betrifft,
     wäre wünschenswert.«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    »Noch etwas«, sagte White. »Wir haben das hier in der Nähe der Leiche gefunden.« Er zeigte mir ein digitales Diktiergerät,
     wie es seit mindestens fünfzehn Jahren nicht mehr produziert wurde.
    »Ist etwas drauf?«
    »Bruder Isaiahs letzte Predigt. Die Datei ist drei Tage alt.«
    Es gab also keine Hoffnung, dass die Stimme des Mörders im Hintergrund zu hören war. »Kommt irgendetwas Besonderes in der
     Predigt vor, irgendetwas Ungewöhnliches?«, fragte ich. »Nennt er irgendwelche Namen?«
    »Die Themen sind recht typisch für eine von Bruder Isaiahs Predigten«, sagte White. »Sie wird nichts mit seinem Tod zu tun
     haben, machen Sie sich aber trotzdem eine Kopie; sie könnte einem Heiden wie Ihnen guttun.«
    Ich tat wie geheißen und kopierte die Datei auf mein Handy.
    White steckte einen beruhigend dicken Umschlag in meine Brusttasche. »Sie arbeiten nicht für mich. Sie haben mich noch nie
     getroffen. Sollte ich herausfinden, dass Sie etwas anderes behaupten oder irgendjemandem von Bruder Isaiah erzählen, lasse
     ich Sie verschwinden.« Das Letzte sagte er ganz sachlich, denn so wurde das eben gemacht. Wahrscheinlich hatten sie ein Standardformular
     dafür, wegen der Kostenabrechnung.
    »Ohne irgendein offizielles Plazet komme ich vielleicht nicht sehr weit.«
    Die meisten anderen Privatdetektive, die ich kannte, waren ursprünglich Polizisten gewesen. Und sie sahen immer noch so aus,
     egal was auf ihrer Steuererklärung stehen mochte. Ihr Gang war durch jahrelanges Streifegehen geprägt, ihre Augen waren abgestumpft
     gegenüber den unangenehmsten Seiten der Menschheit. Mehr noch, sie waren es gewöhnt, einen Raum mit der vollen Autorität des
     Staates im Rücken zu betreten, und dem Körper konnte man nicht einfach sobeibringen, dass er nun keine Polizeimarke mehr trug. Dieses Verhalten hatte seine Vorteile: Da sie wie Polizisten redeten
     und gingen, wurden sie oft auch wie Polizisten behandelt, und das verlieh ihrem Auftreten wesentlich mehr Nachdruck, als der
     durchschnittliche Privatschnüffler hatte.
    Diese Art Autorität besaß ich nicht, aber das war nicht immer ein Nachteil. Die Leute merkten einem den Bullen an, ob man
     das nun wollte oder nicht. Für mich war es leichter, mich in einen Elektriker, Briefboten oder sonstigen Arbeitertyp zu verwandeln,
     der einfach übersehen wurde. Wenn jemand genau hinschaute, mochte er vielleicht den ehemaligen Soldaten in mir erkennen, aber
     das bedeutete nicht viel. Das Land war voll von Veteranen, die sich für keinen Job zu schade waren, um irgendwie über die
     Runden zu kommen.
    »Sie sind hier, weil ich gehört habe, dass Sie sehr einfallsreich sind«, sagte White. »Ich bin mir sicher, dass Sie es schaffen
     werden, und ich will nicht wissen wie.« Er reichte mir ein Handy. »Sie werden eine Nummer im Speicher finden, unter der Sie
     mich erreichen können. Benutzen Sie dieses Handy und kein anderes; es ist verschlüsselt. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahme möchte
     ich Sie nie wieder seinen Namen nennen hören.« White sah auf die Leiche und verstummte. »Ich erwarte, auf dem
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