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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein
Autoren: Elliott Hall
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hat alle Fernsehevangelisten für Scharlatane gehalten«,antwortete White. »Der Film hier stammt vom letzten Tag des Gedenkens und wird zu Ehren seiner Ankunft in New York noch einmal
     ausgestrahlt.« Whites dicke, altmodische schwarze Brille vergrößerte seine Augen, was den Eindruck einer erhöhten Wachsamkeit
     vermittelte, ohne eine bessere Auffassungsgabe einzuschließen.
    »Ich habe einen Blick in Ihre Akte geworfen, Mr Strange. Ich bin einer der wenigen Menschen, die sie ungekürzt lesen können.
     Die Dienste, die Sie unserem Land im Großen Patriotischen Kreuzzug gegen den Iran geleistet haben, sind wahrlich bemerkenswert,
     insbesondere während der Belagerung der Khomeini-Moschee.«
    Es gab verschiedene Namen für unseren Krieg mit dem Iran. »Großer Patriotischer Kreuzzug«, so schwärmten die wahren Bewunderer
     unter den Ältesten von ihm. Der Rest der Welt verwendete die Bezeichnung »Großer Nahostkrieg«, da dies der einfachste Sammelbegriff
     für all die Aufstände, Guerillakriege und Selbstmordanschläge war, zu denen es im Verlauf des Konflikts in der Region gekommen
     war. Ich selbst nannte den Krieg schlicht: die schlimmsten drei Jahre meines Lebens.
    »Sie haben Amerika schon einmal gedient, und die Nation braucht Ihre Hilfe erneut«, fuhr White fort. »Ich möchte, dass Sie
     diesen Mordfall aufklären.«
    Falls White in meiner Akte etwas gefunden hatte, das ihn auf den Gedanken brachte, an meinen Patriotismus zu appellieren,
     musste er sie beim Lesen verkehrt herum gehalten haben.
    »Soviel ich weiß, habt ihr eine ganze Behörde für so was«, sagte ich. »Das hier ist Sache des FBI, wenn nicht des Secret Service.«
     Ich hatte keine Ahnung, ob der Secret Service inzwischen die wahren Herrscher des Landes beschützte oder nur die Galionsfigur
     im Weißen Haus. »Außerdem«, sagte ich, »habe ich Mordaufklärung nicht im Angebot.«
    Die herausgehobene Stellung von Mord als schlimmstem Verbrechen bedeutete, dass die Fälle von den besten Polizisten bearbeitet
     wurden, von den Männern, die sich seit Jahren durch Erfolge auszeichneten. Ich untersuchte die gleichen Dinge wie jeder andere
     Privatdetektiv: Untreue, Betrug und gelegentlich eine Erpressung oder einen Vermisstenfall, damit ich nicht vor Langeweile
     einschlief. Eine Leiche von dieser Bedeutung verlangte nach dem Chief of Detectives und dem halben FBI.   Im Moment hätte es allerdings schon ein ganz normaler Bulle für mich getan, denn im ganzen Gebäude gab es keinen einzigen
     Mann mit einer echten Polizeimarke.
    »Schauen Sie sich um.«
    Auf dem Nachttisch stand ein gerahmtes, mit Autogramm versehenes Flugblatt vom ersten Präsidentschaftswahlkampf des verstorbenen
     Präsidenten Adamson. Er war der Held der Erweckungsbewegung und ein Gründer des Ältestenrates, der geheimen Herrschaftsclique
     des neuen Amerika. Dem Ältestenrat war es zuzuschreiben, dass der Kongress nur noch das renommierteste Marionettentheater
     der Welt war. Die Schrift auf dem Flugblatt war unentzifferbar, aber dort hätte auch ohne weiteres: »Nach mir die Scheiß-Sintflut«
     stehen können.
    Der Rest des Nachttischs war mit Schmuddelkram überladen. Hochglanzheftchen, die sich jeder nur denkbaren sexuellen Perversion
     widmeten, waren ausgelegt wie Kunstbildbände. In der offenen Schublade des Nachttischs bemerkte ich ein paar Gramm Hasch und
     daneben etwas, das wie Kokain aussah, aber vielleicht war es auch MDMA oder PCP.   Auf dem Boden lagen eine schwarze Hundeleine aus Kunststoff, ein weißer Strick und zwei Paar Handschellen.
    »Was meinen Sie, wie viele Leute wir das hier sehen lassen wollen?«, fragte White.
    »Gegen null.«
    »Die Ältesten haben mir aufgetragen, mich um die Sache zu kümmern. Sie vertrauen den säkularen Behörden nicht.«
    »Und Sie Ihrerseits vertrauen Ihren eigenen Leuten nicht.«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich«, sagte er, durchaus nicht so gekränkt, wie ich es erwartet hatte. »Ich kenne das Herz jedes
     Mannes, der für mich arbeitet. Ich musste jedoch vor kurzem erkennen, dass meine Leute beschattet werden.«
    Ich ließ durchblicken, dass ich skeptisch war.
    »Ich glaube, dass gewisse Elemente der säkularen Behörden, wahrscheinlich Atheisten und Materialisten, versuchen, unsere Arbeit
     zu sabotieren. Ich kann nicht zulassen, dass sie von Bruder Isaiahs Tod erfahren.«
    »Er war der spirituelle Ratgeber von Millionen von Menschen«, sagte ich. »Die einheimische Presse haben Sie kastriert, mag
    
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