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Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
Autoren: Claudia Puhlfürst
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dessen Blutgruppe nun nicht mehr als ausgeschlossen. Heute habe man viel differenziertere, exakte Untersuchungsmethoden, die den Ermittlern damals nicht zur Verfügung gestanden hätten. Das Schamhaar könne durchaus vom Angeklagten stammen, zieht die Sachverständige ein Fazit. Die Schlinge um Egidius S. zieht sich enger zu.
    Für den nächsten Prozesstag – Donnerstag in einer Woche – hat der Verteidiger eine Erklärung seines Mandanten angekündigt. Dieser sei sogar bereit, Fragen zu beantworten. Eine Überraschung für alle Prozessbeteiligten, denn bisher hat der Angeklagte eisern geschwiegen.

»Ich habe noch nie einer Frau Gewal t angetan und noch nie einen Menschen umgebracht «
9. Prozesstag: Donnerstag, 15. Mai 2008
    Wird der Mörder sein Schweigen heute brechen? Voller Ungeduld, voller Angst, voller Zorn erwarten die Zuschauer, darunter auch die Angehörigen der Opfer, im Schwurgerichtssaal das Erscheinen des Angeklagten. Sie hoffen, dass Egidius S. sich zu den Vorwürfen äußert, dass er die Taten zugibt, dass er sich vor Gericht noch einmal schuldig bekennt, so wie in seinem Geständnis von August 2007. Was sie keinesfalls erwarten, ist, dass S. alles abstreitet. Aber genau das tut er. Egidius S. bricht sein Schweigen und redet. Leise zwar, aber dennoch unüberhörbar hallen seine Worte durch den Gerichtssaal. Worte, mit denen er die Angehörigen verhöhnt und die Journalisten fassungslos zurücklässt.
    Von einem »Komplott« spricht er. Einem Komplott aus Lügen und Polizeigewalt, ausgeübt von den verhörenden Beamten. Es handele sich um eine Justizverschwörung. Die beiden Beamten, die am siebten Prozesstag über seine Festnahme und die Verhöre ausgesagt haben, hätten »eiskalt und kaltschnäuzig« gelogen. Ja sogar der Haftrichter, dem er nach seiner Verhaftung vorgeführt wurde, lüge.
    Er sei ein »unschuldiger Bürger und Familienvater« und man habe ihn reingelegt. Dass er zum Zeitpunkt seiner Verhaftung keineswegs »unschuldig« war, scheint S. vergessen zu haben. Man hatte ihn beim Diebstahl erwischt und auch vorher hatte er schon einmal wegen Versicherungsbetruges in Untersuchungshaft gesessen.
    »Ich habe noch nie einer Frau Gewalt angetan und noch nie einen Menschen umgebracht«, sagt er. Sein Geständnis sei erzwungen worden. Die erste Zeit habe er an der Haft Spaß gehabt und es deshalb erst später widerrufen.
    Wie dann sein Sperma an Angelika S. komme, wenn er doch nach eigenem Bekunden noch nie einer Frau Gewalt angetan habe, will der Richter von ihm wissen.
    Auch hierauf hat Egidius S. eine Antwort. Er habe eben »viele Anhalterinnen mitgenommen«. Und mit vielen habe er auch »Sex gehabt«. »Nur fünf Minuten« habe es manchmal gedauert »sie rumzukriegen « . Schließlich sei er damals ein junger, attraktiver Mann gewesen und sein Charme habe auf die Mädchen immer gewirkt.
    Die Zuhörer halten ob soviel Perfidie den Atem an, aber die Frechheiten gehen noch weiter.
    Ob es dann Zufall gewesen sei, dass das junge Mädchen am nächsten Tag erdrosselt aufgefunden worden sei, fragt der Vorsitzende Richter nun. Außerdem sei Angelika S. nicht für Leichtlebigkeit, sondern für Ernsthaftigkeit bekannt gewesen. Mit Fremden hätte sie wohl nie einen one-night-stand gehabt. Es müsse sich um »zeitliche Zufälle« handeln, entgegnet S.
    Doch nicht nur der Vorsitzende Richter, nein alle drei Richter der Kammer sprechen mit dem Angeklagten, fragen nach und halten ihm Argumente und Tatsachen vor. Das ist ungewöhnlich. Jedoch ändert es nichts daran, dass der Angeklagte auf jede Frage, jeden Vorhalt eine Ausflucht weiß.
    Im August hat er die Ermittler punktgenau zu den Fundorten der Leichen geführt. Hier handele es sich doch eindeutig um Täterwissen, hält man Egidius S. vor.
    Keinesfalls sei das so, kontert der Angeklagte. Der erste Mord sei sowieso »Dorfgespräch« gewesen. Jeder habe von dem Auffindeort gewusst. Einer der Morde habe ausführlich in der Presse gestanden – das habe man gar nicht übersehen können. Vom dritten Fall schließlich habe ihm ein Zellengenosse detailliert erzählt, als er wegen Versicherungsbetruges eingesessen habe.
    Ausflüchte über Ausflüchte. Laut Egidius S. ist das gesamte »Täterwissen« frei erfunden, sei nichts als »reine Phantasie« der Ermittler, Wunschdenken, um einen Täter für die Morde zu haben. Wiederholt bekundet er seinen Spaß an der Gefängnishaft und erklärt, dass seine damaligen Aussagen eine Kombination unter Gewaltandrohung
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