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Dem Killer auf der Fährte

Dem Killer auf der Fährte

Titel: Dem Killer auf der Fährte
Autoren: Susan Conant
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Hausschlüssel. Für den Fall, daß es Elaine Walsh inzwischen gelungen war, sich zu befreien, läutete ich an der Tür, da aber niemand antwortete, öffnete ich die Tür mit dem Schlüssel. Dann stand ich in einem kleinen Flur, von dem aus eine Treppe in das obere Stockwerk führte.
    Ein leises Knurren begrüßte mein Eintreten.
    »Hallo?« rief ich die Treppe hinauf. »Dr. Delaney hat mich geschickt. Elaine? Miss Walsh? Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
    »Verdammt noch mal, ich hab' schon gedacht, Sie kommen überhaupt nicht mehr. Und außerdem heiße ich >Elaine< oder >Doktor Walsh<, aber auf keinen Fall >Miss<.«
    Ich nahm sofort an, daß sie keine richtige Ärztin war. Hätte man sonst jemals erlebt, daß einem ein Dr. med. die Wahl läßt, wie man ihn oder sie nennen möchte? Und außerdem, wir sind hier schließlich in Cambridge.
    Die meisten Leute mit einem Doktortitel haben nur promoviert, und mindestens die Hälfte der Dr. med.'s sind Psychiater, was oft bedeutet, daß sie eigentlich nie Medizin studieren wollten, und unmittelbar nach den Abschlußprüfungen alles darüber vergessen haben. Natürlich gibt es in der Gegend auch ein paar richtige Ärzte, wie Steve zum Beispiel, mit dem ich schon zusammen war, bevor er Rowdys Tierarzt wurde. Ich lernte ihn kennen, kurz nachdem er die Praxis vom alten Dr. Draper übernommen hatte, als Vinnie, mein letzter Golden Retriever, von so schrecklichen Schmerzen gequält wurde, daß weder sie noch ich es mehr aushalten konnten. Steve erlöste sie von ihren Schmerzen. Seither vermisse ich sie und liebe ihn. Und wenn man mit seinem Tierarzt schläft, gewöhnt man sich daran, seinen Vornamen zu benutzen.
    Ich öffnete den Reißverschluß meines Parkas, stopfte die Handschuhe in die eine Tasche und zog aus der anderen mein Handwerkszeug: ein Trainingshalsband aus Metall, eine schmale Lederleine und eine kleine, mit Wasser gefüllte Plastiksprühflasche, deren Pumpe ich ein paarmal betätigte, damit sie sofort einsatzbereit war.
    Die Treppe führte in einen schönen, großzügigen Raum, der in einen Wohn- und einen Küchenbereich unterteilt war. Auf dem Küchentisch aus massivem Holz saß eine kräftig aussehende Frau von Anfang dreißig, im Yoga-Sitz. Sie hatte schwarzes, kurz geschnittenes Haar und sah mit ihrem wettergegerbten Gesicht aus wie eine Archäologin. Ich dachte, daß sie vielleicht sogar wirklich eine sei. In Cambridge weiß man das nie so genau. Die marokkanischen Teppiche auf dem Boden, die afrikanischen Masken an den hellen Wänden, die hier und da im Raum verteilten Hopi-Keramiken, und das grobgewebte griechische Hemd, das sie trug, waren nicht unbedingt als Hinweise auf ihren Beruf zu deuten, denn der Ethno-Stil war in Cambridge immer schon Mode gewesen, ebenso wie die weiß gestrichenen Wände. Die Harvard-Absolventen in Cambridge haben eine Vorliebe für die dekorative Form des kulturellen Pluralismus: ein Hauch von farbenfroher Exotik vor weißem Hintergrund. Diese Vorliebe haben sie in Harvard gelernt. So finden sich unter den insgesamt einundsechzig an der juristischen Fakultät habilitierten Professoren auch nur drei Afro-Amerikaner.
    So, wie sie da im Schneidersitz auf dem Tisch saß, sah Elaine Walsh jedenfalls irgendwie pseudo-kaukasisch aus, während ihr Malamute echt alaskisch und sogar etwas furchterregend aussah, aber nur bis sie aufhörte, ihre Halterin anzuknurren, auf mich zurannte, sich rücklings auf den Boden warf und mir ihren pelzigen Bauch zum Kraulen anbot. Rowdy begrüßte die meisten Besucher mit derselben Diskretion.
    Elaine Walsh seufzte tief vor Erleichterung, blieb aber vorläufig auf ihrem Hochsitz. »Mein Gott, das ist erniedrigend.«
    An den Tisch- und Stuhlbeinen sah ich die Spuren von Hundezähnen.
    »Sie sind nicht die erste, der so etwas passiert«, tröstete ich sie.
    Während die Hündin auf dem Boden liegen blieb, kniete ich nieder, streifte ihr das Halsband über den großen, pelzigen Kopf und hakte die Leine ein.
    »Sie können jetzt runterkommen«, teilte ich Elaine mit, während ich weiter den Bauch der Hündin kraulte. »Ich habe sie an der Leine.«
    »Ich komme mir so idiotisch vor.« Elaine erhob sich aus dem Schneidersitz und kletterte vom Tisch herunter. Obwohl sie dort ziemlich lange festgesessen haben mußte, war sie keineswegs steif in ihren Bewegungen. Vielleicht war sie wirklich geübt in Yoga. »Ich bin Ihnen sehr dankbar. So etwas Blödes ist mir noch nie passiert. Ich weiß wirklich nicht, was ich
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