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Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde

Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde

Titel: Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde
Autoren: Anselm Gruen
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erst durch seinen Tod.
Das deutsche Wort „Geduld“ kommt von „dulden = tragen, ertragen, auf sich nehmen“. Mit dulden verbinden wir, dass jemand etwas Schweres auf sich nimmt, dass er Leid trägt. Geduld bedeutet jedoch heute eher: „Langmut, Ausharren, Warten“. Die Italiener rufen einem Ungeduldigen zu: „Pazienzia!“. Dieses Wort hängt zusammen mit dem Lateinischen „pati = leiden“. Offensichtlich spiegeln die deutsche und italienische Sprache die Erfahrung wider, dass der, der warten muss, etwasSchweres auf sich nimmt. Was ist das Schwere, das der Geduldige trägt? Es ist die Zeit, in der er nichts tun kann als warten. Und das ist offensichtlich für viele Menschen das Allerschwerste. Sie meinen, jeden Augenblick im Griff zu haben, alles selber machen zu können. Nur wer das Nichtstunkönnen, das Nichtssehen, das Ausgeliefertsein an die Prozesse des Wachsens und Reifens aushält, wird ernten können, was reif ist. Wir denken, die Afrikaner sind doch viel geduldiger als wir. Sie können warten. Doch offensichtlich kennen auch sie ungeduldige Menschen, die nicht warten können, bis etwas reif ist. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass er alles selber machen will. Im Warten trägt er schwer an seiner Ohnmacht, dass das Wachsen und Reifen nicht ihm gehorcht, sondern einem anderen, dem inneren Prozess oder Gott, der das Wachsen und Reifen bewirkt.

Keine Angst
Die Pflanze wächst nach ihrem inneren Gesetz. Auch der Mensch hat seinen Rhythmus, der für sein Leben passt. Wenn dieser Rhythmus immer schneller wird, kommt die Seele nicht nach. Sie wird verwirrt. Wer meint, er müsse immer schneller werden, wird letztlich von der Angst getrieben. Die Angst ist die Triebfeder der Beschleunigung. Wer Angst hat, kann nicht stehen bleiben. Er kann nicht warten. Er kann nicht zuschauen. Er muss alles selbst in die Hand nehmen, weil er meint, sonst würden sich die Dinge seiner Hand entziehen. Er misstraut allem, was er nicht selber tut. Und er hat Angst vor den kleinen Unterbrechungen des Alltags. Da würde er ja mit sich selbst konfrontiert. Doch das kann er nicht aushalten, also muss er immer tätig sein, immer etwas in der Hand haben, was er vor sein Herz halten kann, damit er die Unruhe und Ängstlichkeit seines Herzens nicht wahrnimmt.

Ein größerer Horizont
„Wenn du es eilig hast, mach einen Umweg“, so lautet ein asiatisches Sprichwort. Es besagt etwas Wesentliches: Wer zielgerichtet auf das losgeht, was er vollbringen möchte, vergisst oft das Wichtigste. Er ist so fixiert auf die kurzfristige Erfüllung seiner Aufgabe, dass er gar nicht bedenkt, wie er die Aufgabe sinnvoll bewältigen kann und was alles in den Blick genommen werden muss. Wer auf dem Weg zu seiner Aufgabe einen Umweg in Kauf nimmt, der gewinnt Zeit, nachzudenken, was wirklich zu tun ist. Er wird die Aufgabe effektiver vollbringen, weil er einen größeren Horizont gewonnen hat. Und vielleicht sind ihm im Gehen Lösungen eingefallen, auf die er nie gekommen wäre, wenn er sich sofort an die Arbeit gemacht hätte.

3. Heute ist die beste Zeit

Ganz präsent
Das Sprichwort sagt: „Was du heute kannst besorgen, verschiebe nicht auf morgen.“ Dahinter steckt eine Kritik der Faulheit. Es gibt aber auch eine Tradition, die den Wert der Gegenwart aus einem anderen Grund betont und dazu motiviert, im Hier und Jetzt zu leben. Es ist eine Kunst, gegenwärtig zu sein. Das ist nicht einfach. Es braucht eine innere Freiheit, um gegenwärtig zu sein. Aber wenn es mir gelingt, dann empfinde ich wirkliches Leben. Dann ist jeder Augenblick kostbar. Ich atme, ich rieche, ich höre, ich schaue. Ich bin ganz präsent. Wenn ich präsent bin, dann erfahre ich auch Gott als gegenwärtig. Dann umfasst der Augenblick alles: Himmel und Erde, Zeit und Ewigkeit, Gott und Mensch. Ich lebe dann wirklich.

Köstlich
„Leben ist jetzt“, diese Weisheit findet sich in allen Traditionen: Ein alter Zen-Mönch fühlt seinen Tod nahen und sagt seinen Novizen, dass er in den nächsten Stunden sterben wird. Sie versammeln sich um sein Lager, nur sein Lieblingsschüler geht auf den Markt, um einen Kuchen zu holen. Er weiß, dass sein Meister ihn besonders liebt. Als er in die Zelle zurückkommt, schlägt der Mönch die Augen auf: „Endlich!“ Er lässt sich ein Stück reichen und verzehrt es mit großem Genuss. Die Schüler sind verwirrt. Und einer fragt: „Meister, was willst Du uns noch sagen? Was ist Deine wichtigste Lehre?“ Der Alte macht die Augen noch
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