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Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde

Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde

Titel: Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde
Autoren: Anselm Gruen
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eingreifen. Wir wollen alles immer schneller machen. Und müssen doch immer wieder lernen: Wir brauchen innere Ruhe, um von unserer kreativen Mitte aus die Dinge gelassen anzugehen.

Entschleunigung der Zeit
Zeitphilosophen raten uns, in einer Zeit immer größerer Beschleunigung die Zeit zu entschleunigen, sie zu verlangsamen. Allerdings wird uns dieser Rat bei unserer Arbeit in der Firma nur wenig nützen. Denn wenn wir langsamer arbeiten, werden wir unseren Job bald verlieren. Trotzdem ist es ein guter Rat. Wir brauchen Zeiten, in denen wir schnell und effektiv arbeiten. Aber wir brauchen auch langsame Zeiten, Zeiten, in denen wir uns nicht unter Druck setzen, in denen wir den Augenblick genießen können. Eine Hilfe kann sein, manche Wege bewusst langsam zu gehen. Das kann während der Arbeit geschehen, dass ich von meinem Büro zu einem anderen bewusst langsam gehe. Oder ich kann in der Pause oder in der Freizeit bewusst die Langsamkeit der Bewegungen genießen. Die Langsamkeit bringt mich in den Augenblick zurück. Ich genieße jetzt diesen Augenblick,diese langsame Bewegung. Wir Mönche verlangsamen immer wieder unsere Zeit, wenn wir fünfmal am Tag gemeinsam zum Chorgebet gehen. Beim Einzug schreiten wir bewusst langsam in die Kirche. Und im Singen nehmen wir uns die Zeit, die ein gutes Singen braucht. Diese Langsamkeit tut unserer Seele gut.

Zu schnell gerannt
Die Natur zeigt uns, dass das Wachsen Langsamkeit braucht. Alles Große, das wachsen will, braucht Zeit. Der Prophet Jesaja hat die Erfahrung gemacht: „Wer vertraut, wird nichts beschleunigen wollen.“ (Jes 28,16) Wir arbeiten schnell und effektiv, wenn wir dem natürlichen Lauf der Dinge Raum geben. Doch wenn wir alles beschleunigen wollen, dann erzeugen wir so viele Widerstände, dass es letztlich doch langsamer geht. Dieses Beschleunigenwollen hat für Jesaja mit Misstrauen und Angst zu tun. Wer alles schneller machen möchte, der ist letztlich getrieben von der Angst. Doch die Angst ist kein guter Ratgeber. Die innere Freiheit schenkt uns das Gleichgewicht zwischen Langsamkeit und Schnelligkeit.

Bewusst langsam
Es gibt die schnelle und die langsame Zeit. Wenn ich arbeite, soll die Arbeit schnell von der Hand gehen. Das ist Zeichen für eine gesunde Spiritualität, in der ich innerlich nicht gebremst werde durch irgendwelche inneren Blockaden. Und es gibt die langsame Zeit, in der ich bewusst die Zeit verlangsame. Ich gehe bewusst langsam spazieren. Dann gehört jeder Schritt mir. Ich lasse mir Zeit zum Lesen, zum Musikhören, zum Gespräch. Wenn ich lese, lese ich. Wenn ich Musik höre, höre ich Musik. Und wenn ich mit jemandem spreche, ist nichts da, was mich von meinem Gegenüber ablenkt. Da schaue ich nicht auf die Uhr. Da genieße ich die Zeit. Es ist keine verlorene Zeit, sondern geschenkte Zeit. Ich lasse mich ein auf den Augenblick, nehme ihn mit allen Sinnen auf und genieße die Langsamkeit der Zeit, in der etwas Neues in mir reifen kann.

Intensiv und gut
„Die meisten Menschen hasten so sehr nach Genuss, dass sie an ihm vorbeirennen“, diagnostiziert Søren Kierkegaard und beschreibt so die Beschleunigung, die ins Leere führt. Es gibt eine Schnelligkeit, die uns am guten Leben hindert. In ihr verlieren wir die Fähigkeit, im Augenblick zu sein und das zu genießen, was wir gerade erleben. In Kursen übe ich mit den Teilnehmern manchmal bewusst die Langsamkeit ein. Ich lasse die Menschen in der Gebärde der Schale ganz langsam durch den Raum gehen. Sie sollen sich vorstellen, dass sie in ihrer Schale etwas Kostbares tragen, das sie nicht verschütten möchten. Und so gehen sie langsam vor sich her und erleben erst das Geheimnis, ganz im Augenblick. Diese einfache Übung wird für viele zu einer Erfahrung der reinen Gegenwart. Und wenn sie ganz im Augenblick sind, erleben sie das Leben in seiner ganzen Intensität. Sie erleben, dass ihr Leben gut ist.

Lernt von der Schnecke
„Die Entdeckung der Langsamkeit“ von Sten Nadolny ist binnen kurzer Zeit zum Kultbuch geworden. Gegenüber einer immer größeren Beschleunigung setzt er auf die Langsamkeit als Gegenkraft. Der langsame Mensch – so glaubt man – hat mehr vom Leben. Und so sieht es auch Günter Grass, wenn er schreibt: „Werdet gesättigt, nicht satt. Lernt von der Schnecke, nehmt Zeit mit.“ Wer die Langsamkeit übt, der erfährt die Zeit nicht als Gegner, den er möglichst gut beherrschen muss, indem er sie gut managt. Er erlebt die Zeit als Geschenk. Er kann sie
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