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Delikates zum Dessert

Delikates zum Dessert

Titel: Delikates zum Dessert
Autoren: Katinka Dietz
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widerspiegelte. Seine Erektion erstarb, und er rollte sich von mir herunter. Ich sprang auf, bedeckte meine Blöße mit dem Kissen und lief schluchzend im Zimmer herum, bis er mich vor dem offenen Fenster in die Arme schloss und mich hin und her wiegte wie ein Kind, dessen Schmerzen man zu lindern versucht.
    Nichts konnte diese Schmerzen lindern.
    Als er sagte: „Wir suchen dir den besten Arzt der ganzen Stadt“, stieß ich ihn aus dem Fenster. Als ich die Straße in Richtung Hauptbahnhof hinunterlief, floss sein Blut bereits in kleinen Bächlein in den Rinnstein. So wurde aus Angelo ein Todesengel.
     
    Mein Körper ist sakral. Ich bin unverletzbar. Ich bin schön.
    Ich richte mich auf und stecke mir noch eine Zigarette an. Ich höre den Abwasserentsorger gurgeln, als ich mein hoch gestecktes Haar löse. Es duftet nach Kokosöl und ergießt sich wie schwarze Seide über das Kissen, als ich wieder Kringel blasend in die britische Fasanenidylle schaue.
    Ich bin es so leid, über diese unappetitlichen Geschichten nachzudenken. Die Geister der Vergangenheit spuken in meiner Seele herum. Immer wieder spielen sie diese kleinen dreckigen Szenen vor meinem inneren Auge ab. In schmerzhafter Wiederholung lassen sie dort die Filmes noires aus der deutschen Kleinstadt laufen.
     
    Nachdem Angelo tot war, habe ich meinen römischen Greis im Stich gelassen und bin nach Amsterdam gezogen. In Holland wurde ich wieder rückfällig. Ich kann die Gespenster nur verscheuchen, wenn ich die Machtverhältnisse umdrehe. Als ich dort zu viel verbrannte Erde hinterlassen hatte, war es an der Zeit für einen erneuten Klimawechsel. London schien mir die perfekte Wahl.
    Das Mutter-Theresa-Modell hat ausgedient. Der Rosenkranz steht mir doch nicht so gut. Ich bin in London, weil ich den Vater meiner Kinder suche. Ich will endlich ein anständiges Leben beginnen. Ich schätze, Mutter sein ist ein wirklich heiliger Zustand.
    Gerade ist mir etwas für den Ingenieur eingefallen. Das ist gut. Das wird ihn verletzen. Wenn nicht bis ins Mark erschüttern. Es soll das letzte Mal sein, dass ich einen Mann demütige. Ich bin dessen so müde.
    Und da steht er auch schon, mitten im altjüngferlichen Hotelzimmer. Er ist barfuß, hat es sich bequem gemacht, seine Krawatte abgebunden und das Hemd aus der Bundfaltenhose gezogen. Er fährt sich nervös durchs Haar – das voll ist und kräftig, wie ich feststelle – als er sieht, was er sieht. Mich nämlich, die Schönheit aus dem Nahen Osten, hineingegossen in englische Hohlsaumkissen. Er kann sein Glück kaum fassen. Er grinst ein schräges Grinsen, als er sieht, dass ich meine Beine leicht spreize. Jetzt nimmt er seine Spießerbrille ab. Er hat warme Augen, die vor Überraschung funkeln. Und vor Geilheit.
    In der Linken halte ich die Zigarette, mit der Rechten bedecke ich meine Scham. Ich winkle die Beine an und bewege meine Finger – sehr langsam. Sie kraulen mein pechschwarzes Haar, umspielen meine heilige Knospe, schieben sich in die Pforte der Erlösung.
    Er knöpft schnell sein Hemd auf. Die behaarte Brust, sein Oberkörper und die Ameisenstraße, die von seinem Bauchnabel abwärts führt und in dem grauen, engen Slip verschwindet, gefallen mir. Die große Wölbung in seiner Hose auch.
    Vielleicht ist er ein guter Vater?
    Er macht eine Weile mit den Manschettenknöpfen herum, aber dann sind auch seine muskulösen Oberarme entblößt. Er zieht sich mit einem Ruck die Unterhose herunter, und ein mächtiger Schwanz schnellt heraus. Er kommt mit seiner Riesenlatte auf mich zu.
    Und in diesem Moment verändert sich sein Gesichtsausdruck.
    Dann geht alles Schlag auf Schlag. Der Ingenieur sagt leise: „Ich mag keine Zigaretten.“
    Ich will etwas erwidern, erstarre aber – weniger wegen seiner Worte als wegen seiner Mimik. Er sieht böse aus.
    „Noch weniger mag ich rauchende Weiber!“, presst er hervor. Und so, dass man die Worte eher von seinen Lippen ablesen als sie hören kann, fügt er hinzu: „Und vor allem hasse ich qualmende Schlampen.“
    Mit diesen Worten schlägt er mir die Zigarette aus der Hand. Sie fällt in mein Dekolletee. Er greift in meinen Ausschnitt. Er soll seine Dreckspfoten von mir lassen! Die Klempner-Pranke reißt meine Bluse auf. In diesem Augenblick rieche ich es: verbranntes Fleisch. Eine Horde fieser Geister bricht über mich herein, und ich schreie, schreie, schreie.
    In Windeseile fetzt mir der Ingenieur die Kleidung vom Leib, reißt meinen Büstenhalter hinunter, zieht
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