Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delikates zum Dessert

Delikates zum Dessert

Titel: Delikates zum Dessert
Autoren: Katinka Dietz
Vom Netzwerk:
– ein wenig müsse er schon mit mir spielen. Schließlich siegte seine Gier, und so nahm er die Tour de Force im stockdunklen Hausgang auf sich. Ich musste ihn nur noch ein wenig anschubsen, dann rannte er los. Er dürfte sich im ersten Mezzanin befunden haben, als ich die Stimmen hörte. Das Flurlicht ging an, und das Echo schriller Schreie wurde zwischen den hübschen Marmorfliesen hin und her geworfen. Ich schloss lächelnd die Tür.
    Nun war ich über alle Maßen erregt. Nie hätte ich mir erträumen lassen, wozu Männer bereit sind, wenn sie scharf auf einen sind. Ich sperrte mich in meine Kammer ein und masturbierte. Nie wieder hat Hubert Orschowski sich eingebildet, mein heiliges Fleisch besitzen zu dürfen.
    Allah hatte mir Macht verliehen. Macht, die meine Schmerzen linderte. Das war der Auftakt. An diesem Tage verstand ich, was ich für mein Seelenheil tun konnte. Nun wusste ich endlich, wie ich die Welt für mich gerade rücken konnte.
     
    Der Rohrleitungsheini putzt und putzt. Ich öffne den ersten Knopf meiner Seidenbluse, als er bei den Backenzähnen oben rechts angekommen sein muss. Das gibt den Blick frei auf den Ansatz meiner Brüste und auf die Spitze des BHs, der sie wie Orient und Okzident in einem makellosen Grübchen zusammenführt. Das genügt. Mehr Traumbusen wird er nicht zu sehen bekommen, der Diplomklempner.
    Meine Haut ist butterweich und hat die Farbe von türkischem Honig. Die nahöstliche Schönheit habe ich von meiner Mutter geerbt. Von meinem deutschen Vater habe ich nichts. Ich bin eine Nomadin, eine Getriebene, eine Ruhelose. In meinen Adern fließt eine explosive Mischung aus morgen- und abendländischem Blut. Die Männer, die glauben, sie würden ihren Frieden in den Armen eines anschmiegsamen Scheherezade-Kätzchens finden, bekommen schnell einen Eindruck davon, dass in mir die Verachtung eines Wüstensturms tobt.
     
    Lecken, Saugen und kleine Katzenbisse, das war es auch, was dem Prager Chirurg vorschwebte, als er mich in der heimischen Bibliothek verführen wollte – in jener Nacht, in der seine Gattin wegen eines Migräneanfalls lange vor Mitternacht zu Bett gegangen war.
    Es war die Zeit, in der die Überzeugung in mir wuchs, dass Kost und Logis im Leben nicht alles sein konnten. Die Kindfrau hatte ihre Wirkung getestet, und als sie schließlich wirklich über 20 war, gelernt, dass man auch ohne Bumsen ein Dach über dem Kopf haben konnte. In jener Prager Zeit spielte ich mit Leidenschaft die Muse. Das Gefühl, meiner Anmut wegen gemalt zu werden, verlieh meinem Körper noch ein wenig mehr Heiligkeit.
    Ich hatte Alex und Ann-Kathrin, beide Mediziner, auf einer Künstlerparty kennen gelernt, die bei dem Maler stattfand, dem ich damals Modell stand. Boris war ein Freund geworden, der mich ohne Unterlass in dramatischen Posen malte und bei sich wohnen ließ. Wir teilten all unsere Geheimnisse.
    Kurz nach der Feier nahmen wir eine Essenseinladung des Ärzteehepaars an. Doch Boris sagte im letzten Moment ab und ließ mich allein gehen. Angeblich hatte er eine Idee für einen düstersten Akt von mir. In Wirklichkeit besaß er kein Talent für kultivierte Abendveranstaltungen.
    Wir saßen zu dritt unter einem Kronleuchter und aßen telecí , Kalbfleisch, mit köstlichem Kartoffelauflauf à la Ann-Kathrin. Die Altbauwohnung mit Blick über die Moldau war mit Büchern und kostbarem Trödel überladen. Alex plapperte in Endlosschleife über seinen Operationsalltag. Ich beobachtete seine Frau, eine russische Intellektuelle mit aristokratischem Antlitz. Die steile Falte zwischen ihren Augen deutete auf Ekel hin – Alex ersparte uns kein noch so unappetitliches Detail aus der chirurgischen Praxis. Ich kam ins Grübeln: Da sie selbst Ärztin war, bezog sich der Abscheu in ihrem Blick womöglich darauf, dass ihr Gatte so hemmungslos aufschnitt?
    Ich hingegen bewunderte nicht ihn, sondern seine Frau. Sie sagte Dinge, die mich beeindruckten, und die stille Eleganz ihrer Bewegungen löste ein Ziehen in meinem Schoß aus. Erst als ihr Gesicht völlig verzerrt war und sich der Untergang des Zarenreichs in ihren Augen widerspiegelte, wurde mir klar, dass sie Schmerzen hatte. Ich bat sie, keine Rücksicht auf mich zu nehmen. Dankbar zog sie sich in das angrenzende Schlafzimmer zurück.
    Alex und ich tranken unseren Kaffee in der Bibliothek, um Ann-Kathrin nicht zu stören. Der Raum lag hinter dem Esszimmer und war nur von Kerzenschein beleuchtet. Wir saßen nebeneinander auf einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher