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Delfinarium: Roman (German Edition)

Delfinarium: Roman (German Edition)

Titel: Delfinarium: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Weins
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dort bereits versammelt. Als sich die Pforten öffnen, geht ein Geschrei los. Susann setzt sich in die letzte Reihe nach ganz oben, die meisten Kinder mit ihren Omas und Müttern sitzen in den ersten drei Reihen, wo man die Delfine fast berühren kann, dicht am Becken, wie es sich gehört.
    Ich setze mich neben sie und atme Chlor und Delfinpisse ein. Ich frage mich, warum diese Delfinarien immer so überheizt sind, man kann kaum atmen, ich komme mir vor wie im Gewächshaus. Es kann den Delfinen doch auch nicht recht sein, in so schwüler Luft herumzuturnen. Wenn sie es gerne warm haben, reicht es doch, wenn das Wasser beheizt wird und man die Luft in Ruhe lässt.
    Dann ist die Winnetou-Melodie zu hören.
    Eine Trainerin in einem türkisfarbenen Trainingsanzug betritt die Halle. Sie stellt ihren Eimer ab und ergreift ein Mikrofon, das für sie bereitliegt. Sie führt aus, dass es für die Delfine gar nicht so schlimm und stressig sei, in einem Delfinarium zu leben und zu arbeiten, wie man manchmal zu hören bekäme, im Gegenteil, es fördere ihren natürlichen Spieltrieb, die Becken seien auch schön geräumig, und so bequem wie hier kämen sie in freier Wildbahn nie an ihr Futter, und wie gut es ihnen hier erginge, könnten wir jetzt mit eigenen Augen sehen.
    »Und hier sind sie!«, brüllt sie ins übersteuernde Mikrofon, und dann sagt sie die Namen der Delfine auf, die ins Becken schießen und pflichteifrig im Kreis schwimmen. Ein Delfin heißt Mike, einer Andy, einer Britney, einer Klaas und einer Joop, alberne Namen, für Menschen wie für Delfine. Die Kinder klatschen wie verrückt.
    »Das mit dem Futter stimmt«, sage ich, »so wie die Meere industriell leer gefischt werden.« Ich muss lächeln. Petra wäre stolz auf mich.
    Ich sehe Susann an, aber ich bin Luft für sie, sie hat sich nach vorne gebeugt, ihre Augen leuchten, das kann ich sogar von der Seite sehen, und dieses Leuchten gilt den Delfinen. Ihr Gesicht ist gelöst. Sie sieht glücklich aus, das Leben ist zurückgekehrt, es ist ein Schauspiel. Es hat etwas mit Anwesenheit zu tun. Ihr vorher ungerichteter Blick hat sein Ziel gefunden, folgt den Delfinen im Kreis, ihren schillernden, grauen Leibern.
    Ich schaue aufs Wasser und versuche die einzelnen Exemplare mit den Namen in Verbindung zu bringen, die die Trainerin genannt hat.
    Ein Delfin tanzt auf seiner Schwanzflosse den Moonwalk durch das Becken.
    Ein Delfin steigt auf zu einem Sprung, er überschlägt sich in der Luft. Während er in der Luft hängt, spiegelt sich das Licht der Scheinwerfer auf seiner Haut, schön, denke ich und merke, dass mein Mund offen steht. Ich bin ewig nicht im Delfinarium gewesen.
    Ein Delfin wirft sich auf den Beckenrand, auf eine Matte, die Trainerin hält ihm einen Fisch hin, den er sich aus ihrer Hand holen muss, als wäre er eine Amphibie.
    Ein Delfin balanciert einen Ball mit der Schnauze, der Ball hängt an einer Schnur, er versetzt ihm einen Schlag und der Ball verschwindet in einem Basketballkorb.
    Die Trainerin steigt eine Leiter hoch, die nur von zwei Stahlseilen gehalten wird, in etlichen Metern Höhe steht sie frei, ein Delfin schnellt zu ihr hoch und holt sich den Fisch aus ihrer Hand, es klatscht gewaltig, als er wieder ins Wasser eintaucht, es spritzt und ich würde gerne in der ersten Reihe sitzen, würde gerne nass werden, das volle Programm.
    Die Trainerin steigt aus ihrem Anzug und legt sich im Bikini an den Beckenrand. Sie sieht gut aus, sie hat Muskeln wie eine Bodybuilderin. Ich habe nicht gewusst, dass ich darauf stehe. Es gefällt mir, das merke ich an meiner körperlichen Reaktion, glücklicherweise sieht man mir nichts an. Wieder robbt ein Delfin an Land und kuschelt mit der Trainerin, die Schnauze zwischen ihren zu Muskeln trainierten Brüsten, sie streicht ihm über die Haut, er stupst ihr Kinn mit der Nase an, ich reibe meine Hände mit einem Blick auf meine Hose, peinlich.
    Die Trainerin gleitet mit dem Delfin ins Wasser, hält sich an seiner Rückenflosse fest und lässt sich durch das Bassin ziehen.
    Unterdessen schieben zwei Männer in weißer Kleidung ein Boot vom Beckenrand ins Wasser. Am vorderen Ende ist ein Tau mit einem Ring befestigt. Ein Delfin steckt seine Nase durch den Ring und zieht das Boot hinter sich her.
    Die Trainerin klettert aus dem Becken und fragt durch das Mikrofon, welches Kind Lust habe, sich im Boot durchs Becken ziehen zu lassen. Die Arme der Kinder recken sich in die Höhe, die Kinder schnipsen mit den Fingern,
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