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Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)

Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)

Titel: Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Autoren: Inge Löhnig
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im Übergang zum zweiten Stadium. Die Anzeichen des ersten hatten sie und Franziska falsch interpretiert und angenommen, dass es an der Trauer um Mutter lag, dass er sich derart zurückzog, und die zunehmende Vergesslichkeit seinem Alter zugeschrieben. Und dann diese vernichtende Diagnose!
    Die Glastüren öffneten sich. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln, Kaffee, Blumen und feuchten Mänteln schlug ihr entgegen. Am Kiosk kaufte sie eine Tafel Schokolade, Rum-Trauben-Nuss, Paps’ Lieblingssorte. Mit dem Lift fuhr sie nach oben zur Krankenstation.
    Erst wollte sie mit dem Arzt sprechen. Im Schwesternzimmer war niemand. Im Arztzimmer auch nicht. Weiter hinten entdeckte sie einen Pfleger. Doch er war für die Station nicht zuständig und riet Clara, es später noch einmal zu versuchen.
    Ihr Vater lag mit drei alten Männern in einem völlig überheizten Zimmer und schlief. Der Schnabelbecher mit Orangensaft wies noch denselben Pegelstand auf wie gestern Nachmittag, als sie ihn gefüllt und dort abgestellt hatte. Die Saftflasche ebenfalls. Auch vom Wasser hatte er keinen Schluck getrunken. Ärger machte sich in Clara breit. Die Haut an seiner Hand fühlte sich trocken an und brüchig wie Papier. Er öffnete die Augen. »Clara. Du bist spät.«
    »Tut mir leid. Ich musste erst wegarbeiten, was gestern liegen geblieben ist.« Natürlich war sie im Krankenwagen mitgefahren und war dabei gewesen, als er untersucht und schließlich auf die Station verlegt worden war. Ein halber Arbeitstag war dabei flöten gegangen. Sie schlüpfte aus dem Mantel und warf ihn über einen Besucherstuhl.
    »Immer hast du Ausreden.«
    Nette Begrüßung. Sie atmete durch. Sie war es nicht anders gewohnt und hatte daher jahrelange Übung im Durchatmen. »Ich habe dir deine Lieblingsschokolade mitgebracht.« Sie reichte ihm die Tafel. Er musterte sie und gab sie zurück. »Rum-Trauben-Nuss? Habe ich ja noch nie gemocht.«
    Clara sandte ein lautloses Omm zur Zimmerdecke. »Wie geht es dir? Weißt du schon, wann du entlassen wirst?«
    »Mir geht es blendend. Du hättest mich nicht hierher schaffen müssen.« Ratlos sah er sich um. »Warum bin ich überhaupt hier?«
    »Du bist im Bad gestürzt.«
    »Das wüsste ich aber.«
    Die Tür wurde geöffnet. Der Pfleger sah herein. »Frau Lenz, Sie wollten doch den Arzt sprechen. Er ist jetzt da.«
    Clara drückte die Hand ihres Vaters. »Bin gleich zurück. Trink inzwischen etwas. Du trinkst viel zu wenig.«
    Das Arztzimmer war eine fensterlose und mit zwei überquellenden Schreibtischen zugestellte Zelle, auf denen die PC s kaum Platz hatten. Dr. Wolfram Wernicke – so stand es auf dem Schildchen am Revers – wies auf einen Stuhl. »Bitte.«
    Clara setzte sich. Er sah nicht aus wie ein Arzt. Eher wie ein demotivierter Finanzbeamter kurz vor der Pensionierung. Der weiße Kittel war zerknautscht. In der Brusttasche steckte ein Kugelschreiber, der auslief und einen blauen Fleck hinterließ. Die Brillengläser waren verschmiert. Clara fragte, wann ihr Vater entlassen wurde.
    Wernicke sah auf den Monitor. »Ernst Kubisch. Da haben wir ihn ja.« Mit flinken Augen überflog er die Datei. »Ich würde ihn gerne noch ein paar Tage dabehalten. Die Nierenwerte gefallen mir nicht. Trinkt er denn ausreichend?«
    Clara versuchte den aufsteigenden Ärger zu unterdrücken. »Mein Vater hat Alzheimer. Er vergisst alles Mögliche. Unter anderem auch zu trinken. Darauf habe ich gestern hingewiesen, als er eingeliefert wurde. Und ich habe auch die Schwester gebeten, darauf zu achten, dass er trinkt. Doch als ich vor fünf Minuten gekommen bin, standen die beiden Becher mit Saft und Wasser, die ich ihm gestern hingestellt habe, völlig unberührt vor ihm. Wenn er heute also überhaupt etwas getrunken hat, dann vermutlich nur den Kaffee zum Frühstück. Kein Wunder, dass Ihnen die Nierenwerte nicht gefallen.«
    Über den Rand der verschmierten Brille hinweg sah Wernicke sie an. »In meinen Unterlagen steht nichts davon. Und die Schwestern haben keine Zeit dafür. Wir werden Ihren Vater an den Tropf hängen. Das wird das Beste sein.«
    »Das Einfachste vielleicht. Nicht das Beste.«
    Der Arzt nahm die Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel. »Glauben Sie mir, Frau Lenz, wenn ich genügend Personal hätte, würde ich diese Station ganz anders führen. Im Moment ist es das Beste, wenn wir Ihren Vater mit Infusionen versorgen, um den Flüssigkeitshaushalt auszugleichen. Danach sehen wir weiter. Von der Unterkühlung hat er sich
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